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Warum die EU ihre CO₂-Regulierung der Luftfahrt überdenken muss

07.02.2025

Die Verordnung ReFuelEU Aviation wird absehbar ihr Ziel verfehlen, die Emissionen der Luftfahrt durch gesetzlich fixierte SAF-Beimischungsquoten massiv zu senken. Die EU-Kommission muss ihre Klimastrategie für diese Branche hinterfragen und so schnell es geht ändern, meint DVZ-Redakteur Oliver Link.

Die Anfang Januar in Kraft getretene Verordnung ReFuelEU Aviation ist ein großer Erfolg für die Dekarbonisierung der Luftfahrt. Paradoxerweise ist sie gleichzeitig ein gewaltiger Rückschlag, denn es zeigt sich immer mehr, dass das Gesetz von den Airlines ein Handeln verlangt, das derzeit schwer und in den kommenden Jahren absehbar de facto unmöglich zu erbringen sein wird.

Das Gesetz schreibt vor, dass Airlines, die von EU-Flughäfen abfliegen, 2 Prozent ihres Treibstoffbedarfs durch nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF) decken müssen. Dieser Anteil soll steigen von 6 Prozent im Jahr 2030 über 20 Prozent (2035) bis hin zu 70 Prozent (2050). Bereits die Verdreifachung des Anteils auf 6 Prozent dürfte objektiv unmöglich sein. Drei zu beobachtende Entwicklungen legen dieses Szenario nahe.

Bereits seit einigen Monaten vollzieht sich in den USA und Europa, erstens, ein breiter Rückzug der Industrie beim Bau von Raffinerien für SAF. Player wie Shell und BP wenden sich stattdessen wieder verstärkt der Exploration und Förderung fossiler Brennstoffe zu.

Investoren meiden ESG-Markt

Hinzu kommt, zweitens, dass sich gerade die sechs maßgeblichen US-Großbanken als mögliche Investoren für die Errichtung neuer SAF-Raffinerien aus dem sogenannten ESG-Sektor (Environmental, Social and Governance) verabschiedet haben. Auch der größte Vermögensverwalter der Welt, Blackrock, der als Vorreiter des ESG-Marktes gilt, hat sich vor kurzem aus der Finanzierung von „grünen“ Projekten zurückgezogen.

Blackrock und sein Gründer Larry Fink waren zuvor ins Visier von republikanischen Politikern und rechten Aktivisten gekommen, die das Unternehmen und seinen CEO immer wieder verunglimpft und mit Klagen überzogen hatten. Der Vorwurf: Blackrock verfolge eine sogenannte „woke Agenda“, statt das Geld seiner Kunden maximal zu mehren.

Schließlich hat, drittens, US-Präsident Trump am ersten Tag seiner Amtszeit das Förderprogramm Grand Challenge Roadmap (GCR) seines Vorgängers Joe Biden ebenso eingefroren wie weite Teile des sogenannten Inflation Reduction Acts, der rund 370 Milliarden US-Dollar Anschubfinanzierung bereitstellen sollte für den Übergang der USA zu erneuerbaren Energien.

Die GCR hatte zum Ziel, mittels finanzieller Anreize eine Produktionslandschaft aufzubauen, die bis 2030 einen Anteil von 10 Prozent der Kerosinnachfrage von US-Airlines mit SAF deckt; bis 2050 sollte die gesamte Treibstoffnachfrage der US-Carrier durch die nachhaltigen Flugkraftstoffe befriedigt werden können. Es sieht aktuell nicht danach aus, dass dieser Plan die Ambitionen von Trump („Drill, baby, drill!“) überleben wird.

Die richtigen Schlüsse ziehen

Die EU-Regulierer konnten zum Zeitpunkt der beginnenden Ausarbeitung der ReFuelEU Aviation nicht die Pandemie vorhersehen, die den Klimaschutz für Jahre aus dem Fokus geraten ließ. Auch dass ein von Russland begonnener Krieg die Energiepreise in die Höhe schnellen lassen würde, was es Mineralölkonzernen lukrativ erscheinen ließ, sich wieder fossilen Märkten zu öffnen, war ebenso wenig erwartbar wie der energiepolitische U-Turn in den USA.

Und doch ist all das nun einmal geschehen und in den Effekten so massiv, dass es die von der EU-Regulierung gewählten Mittel zur Erreichung einer CO₂-neutralen Luftfahrt untauglich erscheinen lässt. Die EU sollte aus all diesen Entwicklungen die richtigen Schlüsse ziehen und die Produktion von SAF als öffentliche Aufgabe verstehen sowie selbst massiv in den Aufbau von Produktionsstätten investieren. Denn der Markt allein wird es nicht richten können.

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