Pragmatismus hilft gegen Bürokratie

19.03.2025

Nachhaltigkeitsberichterstattung wird von vielen immer noch als großer Aufwand ohne großen Nutzen gesehen. Unternehmen sollten das Thema pragmatisch angehen, meint DVZ-Redakteur Frederic Witt.

Viele Verantwortliche in Transport- und Logistikunternehmen atmeten kürzlich auf, als die EU-Kommission mit dem sogenannten Omnibus-Paket Entlastungen bei der Bürokratie vorschlug. Sowohl bei der CSRD als auch bei der EU-Taxonomie werden Fristen verschoben oder Anforderungen abgeschwächt. Dennoch bleibt die Nachhaltigkeitsberichterstattung für viele Unternehmen, insbesondere aus dem Mittelstand, eine große finanzielle und personelle Belastung.

Auf der anderen Seite entdecken auch immer mehr mittlere und kleinere Logistikdienstleister die Chancen, die sich ihnen durch die Fokussierung auf Nachhaltigkeit bieten. Im besten Fall ist das Thema bereits in die Kennzahlen integriert, um die langfristige Ausrichtung zu kontrollieren und zu steuern. Das Ziel ist dabei immer einfach formuliert: Reporting aufbauen, Emissionen reduzieren und durch höhere Transportpreise Geld verdienen.

Und ja, der Aufbau einer guten Nachhaltigkeitsberichterstattung ist mit Aufwand verbunden. Aber der große Aufschrei ist nur zum Teil gerechtfertigt. Ein Schlüsselbegriff ist die oft zitierte „Wesentlichkeitsanalyse“, die jedes Unternehmen vornehmen muss. Hier steckt der wichtigste Hinweis schon im Wort selbst. Es geht darum, zu erkennen, was für das Unternehmen wesentlich ist. Also: Was macht einen großen Teil des eigenen Geschäfts aus und was kann man selbst entscheidend beeinflussen? Niemand braucht exakte Daten über alles und jedes. Logistiker sollten die Chance nutzen, sich wirklich auf das zu konzentrieren, was für sie wesentlich ist. Das spart Ressourcen und schärft den Blick für die wichtigsten Kennzahlen und Maßnahmen.

Pragmatismus hilft

Und ja, es stimmt auch, dass es heute noch schwierig ist, die Mehrkosten nachhaltiger Verkehrsoptionen refinanziert zu bekommen. Aber auch hier gilt: Mut zur Fokussierung. Jedes Unternehmen hat ein anderes Angebotsportfolio und einen anderen Kundenkreis. Daraus ergeben sich für jeden andere Optionen. Kann ich Transporte bündeln und damit Kosten und Emissionen senken? Lassen sich Transporte auf die Schiene verlagern? Welche Rolle kann Book & Claim, also der flexible Einsatz von emissionsärmeren Transportoptionen unabhängig von der lokalen Verfügbarkeit, spielen? Mittlerweile gibt es – neben der Umstellung auf alternative Antriebe im Straßengüterverkehr – eine Vielzahl von Möglichkeiten, den Kunden nachhaltige Lösungen anzubieten. Dabei haben die Maßnahmen für jedes Unternehmen eine unterschiedliche Größenordnung. Auch hier hilft Pragmatismus. Kosten und Nutzen der einzelnen Maßnahmen müssen im Vorfeld gegeneinander abgewogen werden. Es muss nicht alles auf einmal gemacht werden.

Logistiker sollten darüber hinaus mehr denn je das Gespräch mit ihren Kunden suchen. Bei wem machen Scope-3-Emissionen aus dem Transport einen besonders großen Anteil des CO₂-Footprints aus? Bei welchem Kunden gibt es besonderen Handlungsdruck? Wer ist bereit, die Transformation schon heute auch finanziell zu unterstützen?

Eines muss allen klar sein – Logistikdienstleister müssen sich spätestens jetzt mit Reporting und nachhaltigen Optionen auseinandersetzen. Denn Kunden, die selbst ihre Emissionen reduzieren müssen, geben den Druck an ihre Partner weiter. Wer hier nichts zu bieten hat, wird eher früher als später die ersten Aufträge verlieren. Wer dann erst reagiert, wird den Rückstand kaum aufholen.

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