Bild: Raben Group

So transformiert die Raben Group ihre Flotte

10.03.2025

Der internationale Logistikdienstleister arbeitet auf allen Ebenen an der Dekarbonisierung des Unternehmens. Doch es gibt einige Hürden und auch die Frage der Wirtschaftlichkeit ist noch nicht geklärt.

Mirco Sievers, European Fleet Manager bei der Raben Group, fasst die Wünsche seiner wichtigsten Mitarbeiter so zusammen: „Fahrer wollen nicht mehr die ganze Woche unterwegs sein." Auch aus diesem Grund beabsichtigt der Logistiker, den Anteil der Transporte über die Bahn zu erhöhen und hat in den vergangenen Jahren Kompetenzen für Intermodalverkehre hinzugekauft. Allerdings mangelt es in Deutschland an der erforderlichen Infrastruktur, und die Laufzeiten sind zu hoch, bemängelt Sievers. Für internationale Verkehre wird der Wechsel auf die Bahn aber in Zukunft attraktiver: „Nach und nach erhalten wir mehr Privatbahnen, die Laufzeiten im internationalen Bereich von 24 bis 36 Stunden anbieten", äußert er sich optimistisch.

Ausbau von Ladeinfrastruktur ein Marathon

Die Die Raben Group stattet derzeit 27 Standorte in Deutschland mit Ladeinfrastruktur für E-Lkw aus. Die erste Herausforderung für das Unternehmen bestand dabei darin, für die Ladepunkte separate Netzanschlüsse zu erhalten. Ziel des Unternehmens ist nämlich aus Sicherheitsgründen ein abgetrennter Betrieb der Ladeinfrastruktur von örtlichen Gebäuden. „Wir möchten nicht Gefahr laufen, dass, wenn an der Ladeinfrastruktur etwas kaputt ist, das Licht im Lager ausfällt oder die Bürogebäude keinen Strom haben“, begründet Sievers dieses Vorgehen. Viele Netzbetreiber verweigerten dies jedoch mit dem Hinweis, dass pro Adresse nur ein Anschluss bereitgestellt werde. In Zusammenarbeit mit einem Energieversorgungsunternehmen und dessen Unterstützung konnte die Raben Group eine Einigung an 24 Standorte erzielen separate Anschlüsse bereitzustellen. An drei weiteren Standorten war dies nicht möglich.

Neben den vielfältigen formalen Anforderungen müssen die Ladestationen an allen Standorten auch regional angepasst werden, da die Netzbetreiber unterschiedliche Spannungen bereitstellen. Die Raben Group sah sich zudem mit bürokratischen Herausforderungen konfrontiert: „Wenn im August ein Antrag gestellt wird, aber erst im nächsten Jahr ein Angebot erhalten wird, stellt dies ein Problem für die Baukostenzuschüsse dar“, bemängelt Sievers. Daher wurden Förderungen teilweise nicht berücksichtigt, obwohl die Projekte eigentlich dazu berechtigt gewesen wären.

Elektrifizierung der Flotte

Im Zuge des Aufbaus der Ladeinfrastruktur plant das Unternehmen in Deutschland die Elektrifizierung der eigenen Lkw-Flotte. Seit Anfang des Jahres testet das Unternehmen einen elektrischen Wechselbrückenumsetzer, in diesem Jahr kommen 16 weitere hinzu. Für den regionalen Verteilerverkehr werden vier Elektro-Lkw in die Flotte integriert, während für den Langstreckenverkehr sieben Mercedes-Benz eActros 600 LS von Daimler Truck hinzugefügt werden.

„Ohne Förderung ist ein E-Lkw 150.000 Euro teurer als ein vergleichbarer, konventioneller Lkw“, erklärt Mirco Sievers, der Einsatz halbiere jedoch auch den Energieverbrauch. „Ohne Förderung ist ein Fahrzeug 30-40 Prozent teurer“, fasst der Fleet Manager zusammen. Mit den Förderprogrammen der letzten Jahre sei man zu einem Gleichstand gekommen, führt Sievers weiter aus.

Die Raben Group in Zahlen:
15 Länder
160 Standorte, davon 34 in Deutschland
12.000 Mitarbeiter, davon 3.200 in Deutschland
1,8 Millionen Quadratmeter Lagerfläche, davon 370.000 in Deutschland

Zum Fuhrpark der Raben Group, gehören außerdem mittlerweile zwölf Sattelzugmaschinen, welche mit Bio-LNG betrieben werden. Diese kommen vor allem auf ausgewählten Langstrecken zum Einsatz, da es immer noch an der regionalen Verfügbarkeit der Tankinfrastruktur mangelt.

Die Raben Group setzt bei ihrer Bestandsflotte auf HVO100 und hat dazu 2023 in Hamburg die erste Tankstelle umgerüstet. Aufgrund der Regularien darf sie den Kraftstoff jedoch erst seit 2024 an Subunternehmer abgeben. Das Angebot wird inzwischen auch von verschiedenen Kunden genutzt.

Der Flottenumbau ist für das Unternehmen auch aus finanzieller Sicht attraktiv: Es erhält von Banken derzeit über 225 Millionen Euro aus einem Nachhaltigkeitsdarlehen. Dieses ist jedoch an einige Kriterien wie die Transformation der Flotte, die Emissionen der Niederlassungen oder die Frauenquote in den Führungsebenen gebunden.

Wasserstoff nicht wirtschaftlich

Sievers betont die Technologieoffenheit der Raben Group, äußert sich jedoch kritisch gegenüber Wasserstoff: „Wenn 1 Kilometer 1 Euro kostet und das Fahrzeug teuer und nicht einmal in der Kalkulation mit drin ist, dann ist eine Förderung unerlässlich, sonst ist das niemals wirtschaftlich.“ Zudem bemängelt Sievers die Verfügbarkeit von Wasserstoff – insbesondere von grünem Wasserstoff – die noch geringer ist als die von HVO100.

Flexibilität durch hohe Kapazitäten

Die Raben Group hat eine weitere Maßnahme zur Dekarbonisierung umgesetzt, die sowohl im Nah- als auch im Fernverkehr zum Einsatz kommt. Dabei werden längere Lkw-Trailer eingesetzt, um das Problem zu lösen, dass einzelne Paletten in kleinere Lkw nicht mehr hineinpassen und das Unternehmen daher keine weiteren Fahrzeuge einsetzen muss. Im Nahverkehr kommen City-Trailer zum Einsatz, die mehr Flexibilität bieten. Für Subunternehmer, die 15-Tonnen-Fahrzeuge einsetzen, stehen Anhänger mit Durchlademöglichkeit zum Motorwagen bereit. Im Fernverkehr setzt das Unternehmen auf Wechselbrücken-Züge und Lang-Lkw, um eine hohe Kapazität zu gewährleisten

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