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„Nachhaltigkeit wird als Grundvoraussetzung angesehen“

23.04.2025

Die DVZ hat in einer Umfrage untersucht, wie sich die Dokumentation von Treibhausgasemissionen auf die Geschäftsprozesse von Transport- und Logistikunternehmen auswirkt. Stefan Ritter, Geschäftsführer von Emo-Trans, erwartet, dass das Arbeiten nach ESG-Kriterien bald zum Standard in der Logistikbranche wird.

Herr Ritter, in welchem Maß sind Kunden bereit, Mehrkosten für klimafreundliche Transportoptionen zu tragen?

Stefan Ritter: Aufgrund der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung liegt der Fokus der Kunden eher auf der Kostenoptimierung. Nachhaltige Optionen werden in unserem Kundenkreis noch nicht in nennenswertem Umfang nachgefragt.

Welche Rolle spielen klimafreundliche Transporte bei Ausschreibungen?

Unsere Kunden fordern noch nicht explizit klimafreundliche Transporte, jedoch wird in vielen Fällen in den Ausschreibungen der geplante CO₂-Verbrauch pro Tradelane abgefragt.

Inwiefern profitiert Ihr Geschäft von der Pflicht, Treibhausgasemissionen zu dokumentieren?

Das ist für uns die Grundlage, um bei großen Ausschreibungen mitbieten zu können.

Bekommen Sie die Kosten für die Dokumentation der Treibhausgasemissionen, also etwa Personalaufwand und Software, ersetzt?

Nein, das haben wir von unseren Kunden noch nicht verlangt.

Wie groß ist der personelle und finanzielle Mehraufwand in Euro oder in Mitarbeitern pro Jahr für die Nachhaltigkeitsberichterstattung in Ihrem Unternehmen?

Derzeit bedeuten diese Aufgaben einen sehr hohen personellen und finanzieller Aufwand, da wir die Strukturen für die Berichterstattung noch aufbauen. Wir schätzen, dass in der Aufbauphase Kosten von rund 180.000 Euro anfallen, danach rund 80.000 Euro pro Jahr.

Haben Sie bereits Aufträge aufgrund ihrer Nachhaltigkeitsbemühungen gewonnen?

Ja, wir können bestehende Kunden aus der Automobilbranche weiterhin mit Luftfracht bedienen.

Wie relevant ist die Nachhaltigkeit bei der Auftragsvergabe?

Es wird als Grundvoraussetzung angesehen, um überhaupt anbieten zu dürfen oder bei Bestandskundschaft im Geschäft bleiben zu können.

Für welche Branche stiften nachhaltige Angebote einen Mehrwert?

Das hängt weniger von der Branche als von der Unternehmensgröße ab. Große Unternehmen haben Skaleneffekte und Marktmacht, während kleinere Unternehmen durch Innovation und Flexibilität punkten. Nachhaltige Angebote können in jeder Größe einen Mehrwert stiften, es kommt nur auf die Umsetzung an.

Wo können Sie mit nachhaltigen Angeboten einen Wettbewerbsvorteil erzielen?

Nur gegenüber Mitbewerbern, die dies nicht anbieten.

Welche Impulse zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle haben Sie durch die CSRD und die doppelte Wesentlichkeitsanalyse erhalten?

Die meisten Unternehmen befinden sich in der Aufbauphase der CSR-Pflichtthematik und es ist zu erwarten, dass sich erst in den nächsten Jahren neue Geschäftsmodelle herauskristallisieren werden. Das Arbeiten nach ESG-Kriterien wird kurzfristig kein Alleinstellungsmerkmal sein, da es künftig zum Standard wird.

Was würden Sie an der aktuellen Klimaschutzgesetzgebung für Ihren Geschäftsbereich verändern und warum?

Im interkontinentalen Güterverkehr könnte eine Kombination aus Digitalisierung, Harmonisierung internationaler Vorschriften und Förderung klimafreundlicher Technologien den bürokratischen Aufwand deutlich reduzieren. Ein besonderer Fokus sollte auf der Vereinfachung multimodaler Verkehre, der Effizienzsteigerung in Häfen und Terminals sowie der Förderung emissionsfreier Technologien liegen. Als Spediteur ohne Assets können wir uns nur auf die Optimierung von Scope 1 und 2 konzentrieren. Scope 3 ist für uns nicht direkt beeinflussbar.

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung entwickelt sich für viele Transport und Logistikunternehmen personell und finanziell zu einer großen Belastung. Andererseits entsteht dadurch auch die Chance, neue, klimafreundliche Geschäftsmodelle zu entwickeln und sich gegenüber Kunden sowie Partnern als grüner Dienstleister zu positionieren. Insbesondere für mittelständische Logistiker bedeuten die Anforderungen der Nachhaltigkeit neben Chancen aber auch Risiken. Ihre Herangehensweisen unterscheiden sich teilweise deutlich voneinander. In einer Umfrage hat die DVZ deshalb untersucht, wie sich die Dokumentation von Treibhausgasemissionen auf die Geschäftsprozesse von Transport und Logistikunternehmen auswirkt und welche Wettbewerbsvorteile nachhaltige Angebote bieten können. Hier geht's zu den Umfrage-Ergebnissen

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  • Stefan Ritter, Geschäftsführer von Emo-Trans

    Stefan Ritter, Geschäftsführer von Emo-Trans

    Bild: Emo-Trans GmbH

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