Was es für die Intralogistik bedeutet, wenn Verpackungsmaterial fehlt, erlebte Paul Lindner während der Pandemie bei einem Landmaschinenhersteller. Der Werkstudent im Fach „Materialdesign – Bionik und Photonik“ an der Hochschule Hamm-Lippstadt hatte eine Idee: ein vollautomatisiertes Verpackungsdesign unter Verwendung von wiederverwertbaren Materialien.
2022 nahmen Lindner und seine Kommilitonen Andreas Ribul-Olzer und Sebastian Frücht daraufhin am Wettbewerb „Call for Ideas“ teil, bei dem sie den zweiten Platz belegten. Es folgte das „Gründerstipendium NRW“. Seitdem ist ihr Jungunternehmen namens Palprint wie rund 30 weitere im Start-up-Campus OWL ansässig. Seit dem 19. Februar und bis zur Eintragung im Handelsregister firmiert das Start-up als Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Gründung.
Nachhaltigkeit im Fokus
Das Kerngeschäftsmodell beinhaltet die Vermietung von 3D-Druckern von Partnerunternehmen und der von Palprint entwickelten Software sowie die Lieferung des Polymers. „Dadurch können unsere Kunden zuerst automatisiert und passgenau ihre Einlagen für Spezialbauteile sowie Träger für Europaletten entwickeln, dann selbst ausdrucken und in Kombination mit standardisierten Ladehilfsmitteln sicher versenden“, erläutert Lindner, der die Geschäftsführung von Palprint übernommen hat.
„Gedruckt wird mit Polyethylenterephthalat, demselben Polymer wie bei PET-Flaschen, weil dieses immer verfügbar ist und laut einer Studie unter Verwendung von 30 Prozent Neumaterial mehr als elf Mal wiederverwendet werden kann“, so Ribul-Olzer, operativer Leiter von Palprint. Neu hinzugekommen für die Produkt- und Softwareentwicklung ist Steffen Vogelsang, der zuvor mit Amendate bereits ein Start-up für die Softwareentwicklung automatischer Konstruktionen von Bauteilen gegründet und an Hexagon verkauft hat. Außerdem beschäftigt Palprint Studenten und Praktikanten.
„Wir verzichten auf Mischmaterial, um die maximale Recyclingfähigkeit zu erreichen“, ergänzt Lindner. „Das ermöglicht es, die Einlage vor Ort zu schreddern, sofern sie – etwa wegen einer neuen Konfiguration – nicht mehr benötigt wird oder beschädigt ist. Anschließend wird damit neues Verpackungsmaterial hergestellt.“
Keine Fachkenntnisse nötig
Ein Pluspunkt in Zeiten des Fachkräftemangels: „Sofern die CAD-Daten vorliegen, kann mit unserer Software jeder Mitarbeiter nach wenigen Sekunden den Druck starten, Konstrukteure braucht es hier nicht mehr. Im besten Fall gibt der Kunde im Büro eine Bestellung ab und lässt anhand des 3D-Modells automatisiert eine Verpackung drucken, die dann innerhalb weniger Stunden verfügbar ist. Dies kann auch nachts erfolgen, wenn die Strompreise günstiger sind“, sagt Lindner.
„Wir verzichten auf Mischmaterial, um die maximale Recyclingfähigkeit zu erreichen.“
Paul Lindner, Geschäftsführer und Gründer des Start-ups Palprint
„Der Druck eines nicht optimierten Trägers für ein Getriebe dauert etwa neun Stunden für 9 Kilogramm“, berichtet Ribul-Olzer. „Der Druck eines Trays in hoher Auflösung mit entsprechender Markierung dauert rund sechs bis acht Stunden. Mit Hilfe eingebauter Tracker kann die Verpackung auch verfolgt und die Liefertreue gemessen werden.“
Abgesehen von Wartungszeiten ist ein Druckerbetrieb immer möglich. Geschätzt wird aber eine mögliche Maschinenauslastung von etwa 50 bis 60 Prozent: „Die genaue Dauer hängt vom jeweiligen Kunden und dem Druckmodul ab“, sagt Ribul-Olzer. „Derzeit ermöglichen unsere großen Systeme den Druck von Einlagen mit einer Breite von bis zu 1,20 Meter, einer Länge von 4 Metern und einer Höhe von 1 Meter.“
Eine Herausforderung bei kleinen Formaten sei die Kennzeichnung der Verpackung, etwa durch Corporate Branding oder einen QR-Code, weil sich das noch stark auf die Prozessgeschwindigkeit auswirkt.
Ein Vorteil des 3D-Drucks im Vergleich zu herkömmlichen Holzladungsträgern und Paletten mit speziellen Befestigungen: „Man muss nicht überall Material ablegen, sondern kann zum Teil auch Hohlräume umdrucken“, sagt Lindner. Hinzu komme: „Bei einer maximal komprimierten Verpackung sind das beispielsweise bei einer Hohlwelle bis zu 75 Prozent weniger Volumen, was den Bedarf an Lagerfläche und Straßentransport entsprechend reduziert.“
Die jährliche Grundgebühr für den Drucker und die Software kalkuliert das Start-up derzeit mit mindestens 10.000 Euro, zuzüglich der verbrauchsabhängigen Kosten für das Rezyklat von etwa 3 bis 4 Euro pro Kilogramm. Das sei im Vergleich zu manuell hergestellten Trägern günstiger und ermöglicht stückgenaues Drucken ohne Überschuss.Zielgruppe sind Industrieunternehmen, etwa aus dem Maschinen- und Anlagenbau, die im Zuge ihrer Intralogistik Verpackungen für hochwertige Spezial- und Ersatzbauteile benötigen. Drei Pilotkunden gibt es bereits – einen großen deutschen Maschinenbauer, den Landmaschinenhersteller Claas und die auf Verbindungstechnik spezialisierte Böllhoff-Gruppe –, mit denen bereits erste Umsätze erwirtschaftet werden. Für Neukunden geht es schnell: „Etwa eineinhalb Monate dauert es, bis ein neues System installiert ist. Bis zum Auftragsdruck dauert es etwa zwei bis drei Wochen.“
Während sich das Start-up zu Beginn per Bootstrapping finanzierte, also bewusst eigenes Geld investierte, unterstützt seit eineinhalb Jahren ein Business Angel, Unternehmer und Ingenieur als Mentor und investiert über ein Wandeldarlehen in die neu gegründete GmbH. Derzeit sucht das Jungunternehmen zusätzlich nach einem Investor aus der Logistik, um weiter wachsen zu können. (ab)