Gruppenfoto beim gemeinsamen ISO 14083-Workshop von Mosolf und Cozero in Berlin im September 2024. Unter anderem mit dabei sind Lutz Fricke (zweiter von links) und Helen Tacke (zweite von rechts).

Bild: Cozero

Wann kommt der Standard?

24.02.2025

Noch immer sind Emissionsdaten im Transportsektor schwer zu vergleichen. Mosolf und Cozero wollen das mit Hilfe der ISO-Norm 14083 ändern.

Trotz zahlreicher regulatorischer Vorgaben liefern viele Logistikdienstleister ihren Kunden immer noch Daten, die nur schwer oder gar nicht vergleichbar sind. Die ISO 14083 soll hier Abhilfe schaffen. Sie erfordert jedoch detaillierte Daten zu den Transportaktivitäten, die über den reinen Kraftstoffverbrauch und Emissionsfaktoren hinausgehen, und ist daher komplex in der Umsetzung. Aufgrund dieser Komplexität wurde die ISO 14083, die bereits im März 2023 veröffentlicht wurde, bisher nur von wenigen Unternehmen in die Praxis umgesetzt. „Für den gleichen Transport geben verschiedene Anbieter teils stark abweichende Emissionswerte an – je nach Berechnungsmethode und Datenbasis. Ohne einheitliche Standards ist es schwierig nachzuvollziehen, woher diese Unterschiede kommen. ISO 14083 schafft hier Klarheit, indem es eine verlässliche und vergleichbare Grundlage für die Emissionsberechnung im Transportsektor bietet”, erläutert Helen Tacke, CEO von Cozero, im Gespräch mit der DVZ die Situation.

Der Automobillogistiker Mosolf, der zu den führenden Systemdienstleistern der Automobilindustrie in Europa gehört, hat sich nun zum Ziel gesetzt, mit Unterstützung seines Partners, dem Softwareentwickler Cozero, seinen Kunden künftig die CO₂-Emissionen nach ISO 14083 zu berichten. Statt die Herausforderungen im Alleingang zu meistern, haben sich die beiden Unternehmen für eine Zusammenarbeit entschieden, um Zeit und Kosten zu sparen und Synergien zu nutzen. „Wir haben 2023 im Rahmen eines Projektes der European Car-Transport Group of Interest (kurz ECG) gemeinsam mit dem Verband der Automobilindustrie (kurz VDA) und weiteren Unternehmen der Fahrzeuglogistik eine Guideline entwickelt, wie die ISO 14083 für die Logistik im Automobilumfeld angewendet werden muss. Jetzt geht es darum, diese Guideline für unser Einsatzgebiet anzuwenden.”, beschreibt Lutz Fricke, Head of Sustainability bei Mosolf, die Ausgangslage.

Anfänglich hoher Ressourcenaufwand

In der Umsetzung spielt Co-Creation eine zentrale Rolle. Ein interdisziplinäres Team mit Expertise in Klimareporting, Daten und Softwareentwicklung hat gemeinsam mit Mosolf daran gearbeitet, die Transportdaten in ein mit Cozero kompatibles Format zu bringen, so dass Cozero auf dieser Basis die CO₂-Berechnungen nach ISO-Standard durchführen kann. Dieser aufwändige Prozess hat viel Zeit und Ressourcen gekostet, wie Tacke betont: „Wir sind über viele Unklarheiten und Herausforderungen gestolpert“. Doch die Mühe hat sich gelohnt. Der anfangs sehr hohe manuelle Aufwand kann inzwischen durch einen Cozero-Algorithmus weitgehend automatisiert werden. So können auch große Datenmengen schnell verarbeitet werden. Zugute kam den beiden Unternehmen, dass Cozero Mosolf bereits seit Anfang 2023 bei der CO₂-Bilanzierung unterstützt und man seitdem eng an der Entwicklung von Dekarbonisierungsstrategien arbeitet.

Der anfänglich hohe Ressourcenaufwand ist laut Fricke auch der Grund, warum bisher nur wenige Unternehmen die ISO-Norm in der Praxis anwenden. Zudem stelle sich der Mehrwert nicht sofort ein. „Die Norm für sich allein umzusetzen, erzeugt eine Menge Aufwand, ohne einen direkten Nutzen zu erzielen“, meint Fricke. Umso wichtiger sei es, das Thema direkt mit der Geschäftsentwicklung zu verknüpfen. So geschehen bei Mosolf. Das Unternehmen hat zunächst in einem Pilotprojekt die Transportemissionen für einen Kunden berechnet und das Vorgehen und die Ergebnisse mit dem Kunden zusammen abgeglichen. Nach der erfolgreichen Bewertung der Methodik und Resultate kann das Vorgehen jetzt auf weitere Kunden ausgerollt werden.

Klimafreundliche Transportlösungen dank Book&Claim

„Aus dem Zusammenspiel der ISO 14083 mit einem sogenannten Book&Claim-Verfahren sind wir nun in der Lage, unseren Kunden klimafreundlichere Transportlösungen anzubieten.“, sagt Fricke. Mit diesem transparenten Ansatz löst das Unternehmen ein Problem, vor dem viele Logistikunternehmen stehen, die gezielt nachhaltigere Transportprodukte anbieten wollen. So sind die von Mosolf eingesetzten emissionsärmeren E-LKWs für viele unterschiedliche Kundenaufträge im Einsatz. Mit der neuen Berechnungsmethode können die tatsächlich erzielten Emissionseinsparungen einzelner E-LKWs nun exakt einzelnen Kundenaufträgen zugewiesen werden. Laut Fricke konnten mit diesem neuen Modell bereits erste Aufträge gewonnen werden.

Tacke betont: „Dieser Ansatz schafft Transparenz und ermöglicht es Unternehmen, Transportlösungen wirtschaftlich und emissionsoptimiert anzubieten. Damit wird deutlich, wie Standards wie ISO nicht nur zur Einhaltung von Vorgaben dienen, sondern strategisch genutzt werden können, um nachhaltige Geschäftsmodelle zu unterstützen.“

Gleichzeitig war die Zusammenarbeit mit Mosolf eine wertvolle Lernkurve, um reale Transportdaten in ein ISO 14083-kompatibles Format zu bringen. „Es war uns wichtig, diese Herausforderungen direkt mit einem Industriepartner zu durchlaufen, um zu verstehen, was wirklich gebraucht wird“, erklärt Tacke die Perspektive des Softwareentwicklers. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen nun direkt in die Weiterentwicklung der Lösung ein, damit auch andere Unternehmen diesen Schritt einfacher und schneller gehen können.

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