Für die Hinterlandtransporte setzt Tchibo, wenn immer es geht, auf den Zug.

Bild: Tchibo

Tchibo will grüne Logistik zum Standard machen

24.04.2025

Das Kaffee- und Handelsunternehmen will durch Partnerschaften mit Logistikdienstleistern und langfristigen Abnahmegarantien Investitionen in nachhaltige Transportlösungen fördern. Neben Kennzahlen für die Kosten und Performance von Logistikdienstleistungen sollen auch nachhaltige Kriterien in den Einkaufsprozess integriert werden.

Von der Seefracht bis zur Mehrwegverpackung – um Emissionen entlang der Transportkette zu reduzieren, verfolgt das Kaffee- und Handelsunternehmen Tchibo einen möglichst partnerschaftlichen Ansatz mit seinen Dienstleistern. „Es ist der falsche Weg, ausschließlich von den Logistikdienstleistern zu erwarten, eine bestimmte Menge an Emissionen bis zu einem festgelegten Zeitpunkt zu reduzieren“, betont Sina-Maria Schoenlein, die die nachhaltige Logistik bei dem Hamburger Unternehmen verantwortet. „Wir sind auch Teil dieser Transformation.“ Aus ihrer Sicht ist die Zusammenarbeit mit Logistikern in der Anfangsphase der Transformation elementar. „Unser größter Hebel ist, Vertrauen in der Branche zu schaffen und die Abnahme von fest vereinbarten Transportmengen zu garantieren.“

Das versucht Tchibo als Teil einer Einkaufsgemeinschaft für die Seefracht zu machen – dem „Rückgrat unserer Lieferkette“, wie Schoenlein sagt. 100 Prozent des Rohkaffees transportiert der Händler übers Wasser, von den Non-Food-Artikeln kommen rund 80 Prozent mit dem Schiff in den deutschen Häfen an. Der Rest wird lokal eingekauft.

Gesicherte Nachfrage schaffen

Vor gut zwei Jahren hat Tchibo daher die Zero Emission Maritime Buyers Alliance (ZEMBA) mitgegründet. Die mittlerweile rund 40 beteiligten Verlader, zu denen auch Amazon, Patagonia, Bauhaus, Ikea, Otto und Nike zählen, wollen durch kollektive Ausschreibungen die Einführung von erneuerbaren Schiffstreibstoffen beschleunigen. „Durch die mehrjährigen Abnahmegarantien können wir die Branche darin unterstützen, Investitionen zu tätigen“, erklärt die 33-Jährige den Kerngedanken von ZEMBA.

In der ersten Ausschreibung hat sich Hapag-Lloyd durchgesetzt. Die Reederei setzt Biomethan als Treibstoff ein und die ZEMBA-Mitglieder sparen dadurch in diesem und nächsten Jahr mindestens 82.000 Tonnen CO2-Äquivalente ein. „Die Ergebnisse des ersten Tenders haben uns allerdings auch gezeigt, dass der Markt bislang noch nicht bereit ist für eine skalierungsfähige Zukunftstechnologie“, macht Schoenlein deutlich. „Bio-LNG ist zum jetzigen Zeitpunkt noch die bestmögliche Alternative. Allerdings ist es nicht das, was wir uns in Zukunft wünschen. Denn es wird nicht funktionieren, dass wir die ganze Industrie mit Biokraftstoffen versorgen.“

Als Gründungsmitglied der Initiative ist die Nachhaltigkeitsmanagerin für Tchibo zugleich eine von mehreren ZEMBA-Direktoren. Aus Compliance-Gründen erhält sie für die Rolle anonymisierte Daten der Reedereien, auf deren Basis sie und andere Direktoren über den Zuschlag für die Ausschreibung entscheiden.

Gerade läuft der zweite Tender, der explizit auf die Nutzung von E-Fuels ausgelegt ist. „Wir wollen die Branche in diese Richtung leiten und hoffen auf entsprechende Angebote“, sagt Schoenlein, die überzeugt ist, dass strombasierte Energieträger am skalierbarsten sind. Die von den Carriern eingereichten Daten zu Emissionen, Treibstoffproduzenten, Preisen und Routen würden vom ZEMBA-Team sehr detailliert geprüft. Im August soll die Entscheidung fallen, welcher Carrier gewählt wird. Die eigentliche Leistungserbringung erfolge dann zwischen 2027 und 2029. Das verschaffe den Carriern bewusst etwas Zeit für die Planung.

Gute Voraussetzungen für Bahntransporte

Sobald Tchibos Ware in den Häfen von Hamburg oder Bremerhaven über die Kaikante geht, setzt das Unternehmen im Nachlauf idealerweise auf den Zug. „Durch unsere wöchentlich wechselnden Themenwelten haben wir einen konstanten Warenfluss und somit ideale Bedingungen für ein eigenes Zugkonzept“, erklärt Schoenlein. Dreimal die Woche fährt ein Zug mit Non-Food-Ware von Bremen nach Hof im Nordosten Bayerns. Von dort aus wird das Lager im tschechischen Cheb, direkt hinter der deutschen Grenze, per Lkw bedient. Die Ware für das Lager in Neumarkt in der Oberpfalz wird von Hof zunächst weiter mit dem Zug nach Regensburg gefahren und dann ebenfalls auf den letzten Kilometern per Lkw transportiert. Durch das eigens für Tchibo entwickelte Konzept werde die Ware die weitestmögliche Strecke gemeinsam auf der Schiene transportiert.

Für den Transport des Kaffees vom Containerterminal im Hamburger Hafen zur Rösterei testet Tchibo zusammen mit Contargo seit rund zwei Jahren die Nutzung von E-Lkw. „Bei dem Projekt steht die Kollaboration im Vordergrund“, betont Schoenlein und ergänzt: „Noch ist der E-Lkw aufgrund der höheren Kosten nicht ausgereift für den Standardprozess.“ Umso wichtiger sei es, auch als Tchibo rechtzeitig zu lernen, was der Einsatz der neuen Fahrzeuge für die Abläufe bei den Transporteuren bedeute. Zudem sei es ein wichtiges Signal in die Branche, dass es Verlader mit ernsthaftem Interesse für nachhaltige Lösungen gebe.

Aktuell entwickelt Tchibo intern einen Prozess, um die CO₂-Emissionen seiner Transporte zu bepreisen. Ziel ist, eine bessere Vergleichbarkeit mit umweltfreundlicheren, aber bislang teureren Lösungen zu haben. „Das schafft Transparenz und führt dazu, dass wir auf einer anderen, vergleichbareren Ebene über Nachhaltigkeit diskutieren.“

Manchmal stockt es auch

Ein Vorhaben, bei dem das Unternehmen nicht wie gewünscht vorankommt, ist die flächendeckende Einführung von Mehrwegverpackungen bei der Zustellung an den Endkunden. Zurzeit müsste der Kunde für den Rückversand einer leeren Mehrwegverpackung das Großbriefporto von 1,80 Euro bezahlen. Tchibo schwebt ein branchenweites System vor, bei dem Mehrzweckverpackungen, ähnlich wie beim Getränkepfand, gebündelt und dann an die einzelnen Händler zurückgesendet werden. In der Lösung sieht Schoenlein immenses Potenzial: „Im größten Skalierungsfall nutzen alle die gleiche Verpackung und es können Stückkosten für den Rückversand von unter 40 Cent erzielt werden“, fasst die Nachhaltigkeitsmanagerin eine Machbarkeitsstudie zum Thema zusammen.

Ein weiteres Projekt, das ihr in dem Zusammenhang am Herzen liegt, ist die Optimierung des gesamten Retourenprozesses, um Verpackungsmaterial zu reduzieren und die logistischen Abläufe zu beschleunigen. „Durch den Umbau unseres Netzwerks haben wir es geschafft, dass mehr als die Hälfte der Rücksendungen sofort wieder in den Online-Vertrieb gehen können.“ Für sie und ihre Kollegen geht es darum, nachhaltige Transporte nicht mehr nur projektbezogen zu nutzen, sondern zunehmend zum Standard zu machen. Daher sollen im Standardeinkaufsprozess neben Kennzahlen für die Kosten und Performance von Logistikdienstleistungen auch nachhaltige Kriterien integriert werden. „Das soll uns helfen, nachhaltige Entscheidungen treffen zu können.“

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  • Sina-Maria Schoenlein

    Sina-Maria Schoenlein

    Bild: Tchibo

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