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Schiff- und Luftfahrt: Netto-Null-Ansatz stößt an Grenzen

19.08.2024

Mit Air New Zealand und Maersk werfen die beiden ersten großen Carrier ihre Klimapläne über den Haufen. Weitere werden folgen – denn das Konzept CO₂-Neutralität ist ein untauglicher Versuch. Stattdessen braucht es einen Null-Emissions-Ansatz. Ein Leitartikel von DVZ-Redakteur Oliver Link.

Der Rollback beginnt: Die neuseeländische Airline Air New Zealand (ANZ) teilte am 30. Juli mit, sie werde ihr für 2030 beschlossenes Klimaziel fallen lassen. Die Selbstverpflichtung, die CO₂-Emissionen um 16,3 Prozent gegenüber 2019 zu senken, hatte sich der Carrier erst zwei Jahre zuvor selbst auferlegt. Als Grund für den Schritt nannte CEO Greg Foran Verzögerungen bei der Auslieferung von bestelltem Fluggerät sowie die Knappheit und das Preisniveau bei Sustainable Aviation Fuels (SAF).

Rolle rückwärts bei Maersk

Eine gute Woche später gab die dänische Containerreederei Maersk bekannt, bis zu 60 Schiffe mit einer Gesamtkapazität von rund 800.000 TEU zu ordern und dabei erstmals auf Antriebe zu setzen, die neben konventionellem Schiffsdiesel auch mit fossilem Flüssigerdgas (LNG) betrieben werden können. Die Reederei bricht damit de facto mit ihrer 2021 unter großem Getöse verkündeten Nachhaltigkeitsstrategie, die voll auf grünes Methanol als Mittel für eine klimaneutrale Schifffahrt setzte. Sie gipfelte in der Aussage des damaligen Maersk-CEO, Sören Skou, der zu Protokoll gab: „Wir müssen neue Schiffe mit fossilen Antrieben komplett verbieten.“

Dass ANZ einen Teil der Verantwortung für die Aufgabe des Klimaziels bei den Flugzeugbauern ablädt, ist nicht mehr als ein PR-Kniff. Der Carrier verfügt bereits über eine moderne Flotte; Effizienzsprünge sind indes nur bei einer neuen Generation von Flugzeugen zu erwarten, doch diese sind nicht Teil des Airline-Orderbuchs.

Der neuseeländische Flag-Carrier und die dänische Reederei sind die ersten beiden Carrier, die ihre Nachhaltigkeitsstrategie de facto aufgeben, doch sie werden nicht die letzten sein. Denn dass Schiff- und Luftfahrt Klimaziele nicht schaffen können, ist offensichtlich, auch wenn die Marktteilnehmer den Elefanten im Raum nicht zur Kenntnis nehmen.

Vollkommen passé ist die Erreichung von Klimaneutralität bei der Luftfahrt: Bereits die bestehende globale Flotte wird über ihre Betriebsdauer von durchschnittlich 25 Jahren hinweg das CO2-Budget zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels ausschöpfen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die globale, fossil betriebene Flotte in den kommenden 20 Jahren verdoppeln wird.

Die anhaltende Diskussion um die Knappheit von SAF und die Preisdifferenz gegenüber konventionellem Kerosin führt in die Irre – allein schon wegen der bereits jetzt feststehenden Flottenentwicklung. Denn bereits ab Mitte der 30er Jahre dürften eigentlich gar keine Flugzeuge mehr in den Markt kommen, die CO₂ ausstoßen. Schließlich wird auch SAF niemals zu 100 Prozent CO₂-neutral sein. Zudem verursacht der alternative Treibstoff darüber hinaus die weitaus gravierenderen Nicht-CO2-Effekte mit Klimawirkung.

CO₂-Neutralität funktioniert nicht

Das Gleiche gilt für die Containerschifffahrt. Zwar hat sie, zumindest vordergründig, im Vergleich zur Luftfahrt eine bessere Ausgangslage, da bereits rund 60 Prozent des Orderbuchs aus Schiffen mit alternativen Antrieben besteht. Doch das klingt besser, als es tatsächlich ist: Ein Drittel dieser alternativen Antriebe sind in Wahrheit mit fossilem Flüssigerdgas betreibbare Schiffe, die nur bis zu rund 25 Prozent weniger CO₂ ausstoßen. Zum Zeitpunkt der angestrebten Netto-Null im Jahr 2050 wird somit bei einer durchschnittlichen Betriebsdauer von 25 Jahren mehr als die Hälfte der Schiffe weiterhin mit fossilen Brennstoffen fahren und Klimaneutralität in der Schifffahrt unmöglich machen.

Die Entwicklung zeigt, dass das Konzept eines klimaneutralen Wirtschaftens als solches nicht aufgeht. Stattdessen braucht es einen Null-Emissions-Ansatz mit Schiffen und Flugzeugen, die emissionsfrei betreibbar sind. Wasserstoff ist hierfür die wohl einzige praktikable Antriebsart. Die Technologie steckt noch in den Kinderschuhen – die Markteinführung muss daher seitens der Politik mit Hochdruck vorangetrieben werden. Gelingt dies nicht, wird der Weg über gesetzliche Verbote und Verzicht unausweichlich sein.

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