Die britische Klassifikations- und Beratungsgesellschaft Lloyd’s Register (LR) hat gemeinsam mit dem ebenfalls britischen maritimen Technologieunternehmen Core Power eine regulatorische Studie für den Betrieb eines Feeder-Containerschiffes mit Nuklearantrieb angekündigt. Als Partner-Unternehmen ist die dänische Reederei Maersk mit an Bord.
Die Studie soll vor allem die rechtlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen an die Sicherheit für einen Betrieb in einem europäischen Hafen untersuchen. Darüber hinaus soll sie Erkenntnisse über den wirtschaftlichen Nutzen der Kernenergie liefern, damit Reedereien ihre Flottenstrategien entsprechend planen können, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung.
Den bisherigen Erkenntnissen zufolge könne die Kernenergie als Schiffsantrieb eine Schlüsselrolle für die Energiewende und das Erreichen der Emissionsziele der IMO spielen, ist Nick Brown, CEO von LR, überzeugt.
Für den Chef des 2018 gegründeten Unternehmens Core Power, Mikal Bøe, ist es entscheidend, dass ein regulatorischer Rahmen für die kommerzielle Nutzung schwimmender Kernkraftwerke und deren Einsatz in Häfen und auf Wasserstraßen geschaffen werde. Die Zusammenarbeit mit Maersk und LR solle dafür die Voraussetzung schaffen.
Nachteile der Technik haben bislang überwogen
„Die Kernenergie birgt eine Reihe von Herausforderungen, beispielsweise in Bezug auf die Sicherheit, die Abfallentsorgung und die regulatorische Akzeptanz in verschiedenen Regionen, und bisher haben die Nachteile der Technologie eindeutig überwogen“, sagt Ole Graa Jakobsen, Leiter der Flotte bei Maersk, und ergänzt: „Wenn diese Herausforderungen durch die Entwicklung der neuen Reaktorkonzepte der vierten Generation bewältigt werden können, könnte die Kernenergie in 10 bis 15 Jahren zu einem weiteren möglichen Dekarbonisierungspfad für die Logistikbranche heranreifen. Daher werden wir diese Technologie zusammen mit allen anderen emissionsarmen Lösungen weiter beobachten und bewerten.“
Auch Rolf Habben Jansen, CEO der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd, appellierte Anfang Juni auf dem Hamburger Schifffahrtsdialog dafür, Technologien wie atombetriebene Schiffe nicht vorzeitig und emotional auszuschließen. Sie könnten schließlich auch einen wichtigen Beitrag für eine klimafreundliche Schifffahrt leisten. Zudem seien die bislang vielversprechendsten alternativen Treibstoffe für die Schifffahrt wie Methanol und Ammoniak auch im nächsten Jahrzehnt aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in ausreichenden Mengen verfügbar, um die Branche zu dekarbonisieren.
Neben den rechtlichen Anforderungen sehen andere Experten wie Pierre Sames von der Klassifikationsgesellschaft DNV noch hohe technische und operative Hürden, bis es zu einem kommerziellen Einsatz der Kernenergie in der Schifffahrt komme. Allen voran sei eine gesellschaftliche Akzeptanz nötig.