Air France-KLM weist die weltweit zweithöchste SAF-Beimischungsquote hinter der Frachterflotte von DHL auf. Auf Rang drei rangiert die IAG Group.

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Carrier mischen zu geringe SAF-Mengen bei

04.09.2024

Der Großteil der Luftfahrtgesellschaften bleibt weit unter der ab 2025 nach EU-Recht verpflichtenden Beimischungsquote von 2 Prozent. Knapp 70 Prozent des globalen SAF-Verbrauchs entfallen auf nur drei europäische Carrier. Die Airlines der Lufthansa Group rangieren – entgegen der eigenen Darstellung – weit hinter anderen europäischen Wettbewerbern.


Der Umgang von Airlines mit sogenannten Sustainable Aviation Fuels (SAF) droht für einzelne Luftfahrtgesellschaften zunehmend zu einem Reputations- und Compliance-Problem zu werden. So zeigt sich, dass die Airlines der Lufthansa Group weitaus weniger SAF bei der Betankung ihrer Flugzeugflotte beimischen, als es ihre Selbstdarstellung nahelegt. Dies ergibt eine Gesamtschau an SAF-Verbrauchsdaten.

Lufthansa-CEO Carsten Spohr sagte Mitte 2023 in der US-Publikation „Politico“: „Wir sind der größte SAF-Kunde in Europa“; den Anteil an alternativem Flugbenzin bezifferte Spohr mit 1 Prozent. Auf Nachfrage teilt die Lufthansa Group nun gegenüber der DVZ mit, das Unternehmen habe 2023 etwa 13.000 Tonnen SAF vertankt; das entspricht bei einem Gesamtverbrauch im selben Jahr an fossilem Kerosin von 8,45 Millionen Tonnen einer Beimischungsquote von 0,15 Prozent.

Mit diesem Wert rangiert der Luftfahrtkonzern laut einer von dem Airline-Nachhaltigkeitsverantwortlichen Aaron Robinson durchgeführten brancheninternen Vergleichsanalyse für das Jahr 2023 abgeschlagen hinter anderen europäischen Luftfahrtunternehmen. So ist DHL nach SAF-Anteil der weltweit führende global operierende Carrier (Beimischungsquote: 3,2 Prozent; SAF-Menge: 74.000 Tonnen) vor Air France-KLM (1,1 Prozent; 87.000 Tonnen) und der IAG Group (0,7 Prozent; 53.000 Tonnen).

Auf die drei Spitzenreiter entfallen laut Robinson 69 Prozent des globalen SAF-Verbrauchs. Dieser lag der brancheninternen Analyse zufolge 2023 bei weltweit 310.000 Tonnen; dies entspricht einem Anteil am gesamten Kerosinverbrauch des vergangenen Jahres von 0,1 Prozent.


Ab Anfang 2025 müssen von europäischen Flughäfen startende Airlines nach EU-Recht SAF im Umfang von 2 Prozent beimischen. Die betreffende Verordnung ReFuel Aviation sieht derzeit für das Unterschreiten dieser Beimischungsquote keine direkten Geldstrafen für Airlines vor.


Diese träfen vielmehr die Hersteller von Flugbenzin, sollten sie die gesetzlich vorgesehenen Mengen an SAF nicht zur Verfügung stellen. Laut Robinson haben einige Luftfahrtunternehmen 2023 die Nutzung von SAF gegenüber 2022 sogar zurückgefahren, unter ihnen auch die drei europäischen Carrier Norwegian, Ryanair und Virgin Atlantic.

Werberat rügt Virgin Atlantic

Letztere Airline wurde gerade vom britischen Werberat Advertising Standards Authority (ASA) für eine in einer Radiowerbung getätigte Aussage gerügt, die die Behauptung enthielt, der Carrier führe als erste Airline der Welt einen Flug über den Atlantik durch mit zu „100 Prozent nachhaltigem Flugbenzin“.

Die Werbung wurde am 24. November 2023 ausgestrahlt und betraf den mit großem PR-Aufwand begleiteten sogenannten „Flight 100“ einer Maschine des Typs B787. Das Flugzeug startete vier Tage später von London Heathrow aus nach New York JFK ohne Passagiere an Bord; das Flugzeug war vollständig mit SAF betankt.

Normalerweise darf ein Flugzeug nur bis maximal 50 Prozent SAF beimischen. Die ASA entschied nun, die Aussage, der alternative Kraftstoff sei zu 100 Prozent nachhaltig, sei irreführend, da sie nahelege, das SAF führe zu keinerlei CO₂-Emissionen.

Tatsächlich räumte Virgin Atlantic erst im Mai 2024 ein, der Flug habe nur zu einer Emissionsreduktion von 64 Prozent geführt. Virgin darf die betreffende Werbeaussage im Vereinigten Königreich in Zukunft nicht mehr tätigen.

Dekarbonisierungs-Strategie der Luftfahrt hängt von SAF ab


SAF ist aktuell für die Luftfahrt das entscheidende Mittel zur Erreichung des 2022 branchenweit anerkannten Ziels, bis 2050 emissionsneutral zu operieren. Der Weltluftverband IATA präsentiert hierfür eine aus vier Elementen bestehende Formel.

Ausgehend von Hochrechnungen, denen zufolge die Luftfahrt zwischen 2021 und 2050 rund 21,2 Milliarden Tonnen CO₂ emittieren wird (entspricht mehr als dem Vierfachen der CO₂-Emissionen der USA von 2023), werde die Branche 65 Prozent dieser Emissionen mit SAF reduzieren, so der Weltluftverband.


Weitere 13 Prozent der erforderlichen Reduktion werden laut IATA mittels technischer Innovationen wie Wasserstoff- und elektrische Antriebe bewerkstelligt. Der Rest werde durch CO₂-Kompensationen (19 Prozent) und operative Effizienzgewinne (3 Prozent) erbracht.

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