„First things first“ fordert der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ausweislich seiner Stellungnahme zu der Anhörung über das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) am Montag in Berlin. Der Gesetzgeber sollte sich auf das „Pflichtenheft“ konzentrieren – die zwingenden EU-rechtlichen Vorgaben aus der Emissionshandelsrichtlinie und der CBAM-Verordnung (CO₂-Grenzsausgleichsmechanismus) jetzt umsetzen. In der aktuellen angespannten Situation helfe jede Beschränkung der Diskussion über den Regelungsumfang der TEHG-Novelle, die weitere Verzögerung bei der Umsetzung des „Pflichtenhefts“ in Grenzen zu halten, heißt es in der Vorlage.
Der BDI fordert die Bundesregierung zugleich auf, sich in Brüssel dafür einzusetzen, „dass die Ausweitung des EU-Emissionshandels nicht wieder infrage gestellt wird“. Fortwährende Änderungen und Korrekturen bei der CO₂-Bepreisung schadeten den Unternehmen, Hausbesitzern und Autofahrern und schreckten Investitionen in die Transformation ab. Gleichzeitig, so heißt es weiter, sollte sich die Bundesregierung für einen Prüfauftrag einsetzen, „ob nicht zwei getrennte ET-Systeme für Gebäude und Straßenverkehr – angesichts deutlicher Unterschiede bei den Vermeidungskosten – eine geeignetere langfristige Lösung darstellen“.
Festpreissystem bis zum Beginn des ETS-2
Michael Pahle vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hält die konsequente Überführung des nationalen Emissionshandelssystems in das europäische System – „wie von der Bundesregierung vorgeschlagen“ – aus klimapolitischer Sicht für „klar zielführend“. Auch er spricht sich dafür aus, die Novelle schnellstmöglich umzusetzen. Für den absehbar nur noch bis 2026 laufenden nationalen Emissionshandel könnte er sich für das letzte Jahr einen Festpreis vorstellen, „um das auslaufende System administrativ einfach zu halten“.
Ähnlich sieht man das beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Das Gesetz müsse einen nahtlosen und reibungsfreien Übergang des nationalen in das europäische Brennstoffemissionshandelssystem ermöglichen, heißt es in der Stellungnahme. Von entscheidender Bedeutung hierfür sei, dass das aktuelle Festpreissystem des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) bis Ende 2026 (bei einem regulären Start des ETS-2 in 2027) beziehungsweise bis Ende 2027 (bei einer in der EU-Richtlinie vorgesehenen Verschiebung des Starts des ETS-2 auf 2028) beibehalten wird. Außerdem sollten aus Sicht des BDEW bei allen Regelungen im Sinne des Bürokratieabbaus zusätzlicher Überwachungs-, Berichts- und Verifizierungsaufwand so weit wie möglich vermieden werden. „Bestehende Erleichterungen und Ausnahmen des BEHG sollten in das neue System übernommen werden“, wird gefordert.
Der Deutsche Städtetag spricht sich dafür aus, die Festpreisphase bis zum Beginn des ETS-2 zu verlängern. Kritisch sehe man daher die Regelung des Paragrafen 56 in der Novelle, bei dessen Anwendung erst Mitte Juli 2026 feststehen würde, ob sich die Preise im ETS-2 ab 2027 – wie geplant – am freien Markt bilden sollen oder ob die Bundesregierung die Preise ein weiteres Jahr lang vorgeben darf. „Die mit dieser Möglichkeit einhergehende Unsicherheit ist weder praktikabel noch zumutbar“, urteilen die Kommunalvertreter.
Mehrheit für Verabschiedung der TEHG-Novelle im Bundestag zeichnet sich ab
Ob der Gesetzentwurf noch vor der Bundestagswahl verabschiedet wird, ist noch unklar. Auf der Tagesordnung des Bundestages in seiner vermutlich letzten Sitzungswoche der Legislaturperiode Ende Januar findet sich die Novelle nicht. Während der ersten Lesung Anfang Dezember – also schon nach dem Auseinanderbrechen der Ampel – zeichnete sich eine Mehrheit für den Entwurf von SPD und Grünen ab. Die FDP, ohnehin als Fan des Emissionshandels bekannt, signalisierte Zustimmung. „Das Lenkungsinstrument Emissionshandel funktioniert und ist länder- und branchenübergreifend das beste Mittel, um durch marktwirtschaftliche Mechanismen den Ausstoß von Emissionen zu senken“, sagte Olaf in der Beek, klimapolitischer Sprecher der Liberalen im Bundestag.
Sein Pendant bei der Union, Andreas Jung, sah indes noch Nachbesserungsbedarf. „Wir erwarten klare Antworten auf die Frage, wie die CO₂-Bepreisung europäisch so weiterentwickelt werden kann, dass ihr klares Signal für effizienten Klimaschutz bestehen bleibt, sie aber sozial eingebettet ist, so dass wir Klimaschutz effizient und mit der Akzeptanz der Menschen umsetzen können“, sagte er. (sl)