An fünf Standorten laden Doppelcharger die Sattelzugmaschinen und Verteilerfahrzeuge mit 400 Kilowatt auf. Die Standorte Fulda und Göttingen haben neue Trafos mit 2.500 Voltampere bekommen.

Bild: Zufall Logistics Group

Bereit für die Antriebswende

15.12.2024

Mit der Ladeinfrastruktur für die ersten batterieelektrischen Lkw hat die Zufall Logistics Group eine wichtige Voraussetzung für ihren emissionsarmen Fuhrpark der Zukunft geschaffen. Der Dienstleister hat Technologie ausgewählt, die über Erweiterungspotenzial für die Zeit nach einem Ausbau der Stromnetze verfügt.

Als die Zufall Logistics Group im August 2022 die Förderanträge für ihre ersten Elektro-Lkw und Ladesäulen einreichte, hat sie das Fundament für den dekarbonisierten Straßentransport der Zukunft gelegt. „Von Anfang an war uns wichtig, das Projekt mit großer Ernsthaftigkeit anzugehen und damit die nachhaltige Transformation unseres Fuhrparks zu beginnen“, betont Nils Jagemann, der die Beschaffung in der Abteilung für Bau und Großprojekte des Logistikdienstleisters geleitet hat.

Der Ingenieur für nachhaltige Energietechnik mit Fokus Elektrotechnik war durch sein Studium prädestiniert für diese Aufgabe. Bis dato hatte er bereits den Energieeinkauf für die gesamte Unternehmensgruppe zentralisiert und sämtliche Standorte auf Ökostrom umgestellt. Darauf aufbauend war es für ihn der logische nächste Schritt, ein Gesamtkonzept für die Energieversorgung der kommenden batterieelektrischen Fahrzeugflotte zu entwickeln. „Beim Umstieg auf Elektromobilität sind viele Faktoren grundlegend, die bisher überhaupt nicht in das Aufgabenspektrum eines Fuhrparkleiters fielen“, erklärt er.

Denn der Zugang zur Energiequelle der Zukunft hänge zuallererst vom lokalen Stromnetz ab: Welche freien Kapazitäten stehen im Mittelspannungsnetz vor Ort für den Aufbau von Ladeinfrastruktur überhaupt zur Verfügung? „Wir haben jetzt im ersten Schritt fünf Standorte mit der Technik ausgestattet und mussten dafür mit vier verschiedenen Netzbetreibern verhandeln“, berichtet Jagemann. Dabei wurden Weihen gestellt, die den Aufbau von Elektromobilität im Transportnetz des Logistikdienstleisters für das nächste Jahrzehnt prägen werden: „Reservierungen sind im Stromnetz nicht möglich“, verdeutlicht der Energieingenieur und fügt hinzu: „Wer Kapazität für sich beansprucht, muss die Energie auch abnehmen können.“


Deshalb konnte der Logistikdienstleister nicht einfach die größtmöglichen Übergabepunkte vom öffentlichen Netz zum Unternehmen schaffen, sondern musste sie auf ein realistisches Aufbauszenario für batterieelektrische Transporte in seinem Verkehrsnetz ausrichten. „Mit den Möglichkeiten, die wir jetzt geschaffen haben, können wir in etwa die drei- bis vierfache Fahrzeuganzahl betreiben“, rechnet Jagemann vor.

An größeren Standorten wie in Fulda und Göttingen hat Zufall beispielsweise Transformatoren mit einer Leistung von 2.500 Kilovoltampere und zusätzlichem Ausbaupotenzial installiert, die später einmal bis zu 40 Lkw versorgen können, 10 davon gleichzeitig. Dabei hat der Energieingenieur darauf geachtet, dass sich auch die Leistung der Trafostation noch verdoppeln lässt. „Damit könnten wir bis zu 100 Fahrzeuge pro Standort elektrisch betreiben“, rechnet Jagemann hoch. Dafür sei es aber erforderlich, eng mit dem Netzbetreiber im Gespräch zu bleiben, um sich diese Kapazität zu sichern, sobald sie geschaffen wurde; aktuell steckt sie noch nicht in den Stromnetzen.

Für die ersten 14 Fahrzeuge nutzt der Dienstleister zunächst zwei 400-Kilowatt-Doppelcharger je Standort, an denen sich zwei gleichzeitig angeschlossene Lkw die Leistung teilen. Die Verteilung lässt sich über ein angeschlossenes Energiemanagementsystem auch unterschiedlich priorisieren; so kann beispielsweise das Verteilerfahrzeug für den Nahverkehr schneller wieder auf die Straße, während die parallel ladende Sattelzugmaschine erst im Nachtsprung wieder bereit sein muss. „Schon diese Doppelcharger ermöglichen uns den Betrieb von je zehn Fahrzeugen pro Niederlassung, also noch einmal so viele, wie wir aktuell einsetzen“, so der Energieingenieur.

Elektrisches Transportnetz


Je sieben Verteilerfahrzeuge und Sattelzugmaschinen setzt Zufall in unterschiedlicher Aufteilung an den Standorten Fulda, Göttingen, Nohra und Kassel ein; auch am Standort Haiger hat das Unternehmen einen Ladepunkt installiert, um ihn als Knotenpunkt in sein elektrisches Transportnetz integrieren zu können. Die Sattelzugmaschinen von Volvo verfügen über eine Akkukapazität von 450 Kilowattstunden; in Göttingen laufen auch drei Verteiler-Lkw der Typen Mercedes-Benz E-Actros 300 und 400. „Als wir die Fahrzeuge bestellt haben, war das Angebot noch sehr überschaubar, ein von uns favorisierter Hersteller konnte sogar für den Abruf der Fördergelder nicht rechtzeitig liefern“, blickt Jagemann zurück.

Der Logistikdienstleister kalkuliert deshalb im Überlandverkehr mit Reichweiten von rund 300 Kilometern und hat seine Tourenplanung für die batterieelektrischen Lkw darauf eingestellt. Zu den längsten Verkehren zählt beispielsweise die Stückguttour zwischen Fulda und Nohra, die zumindest bis kurz vor dem Winter noch ohne Zwischenladen zu schaffen war.

„Um die E-Fahrzeug-Flotte mit der erhaltenen Förderung für klimaschonende Nutzfahrzeuge wirtschaftlich betreiben zu können, darf die Kilowattstunde Ökostrom im Einkauf maximal 28 Cent kosten“, unterstreicht der Projektmanager. „Nur so konnten wir die Infrastruktur finanzieren, die uns eine mittelfristige Skalierung erlaubt“, so die Grundüberlegung.

10

Elektro-Lkw kann Zufall an den neuen Trafos gleichzeitig laden.

Quelle: Nils Jagemann, Zufall Logistics Group

Darüber hinaus will der Logistikdienstleister auch Eigenstrom aus Photovoltaikanlagen verwenden, der die Gesamtkosten noch einmal senken würde. „Allerdings wird es zumindest unter den derzeitigen Bedingungen nicht möglich sein, so große Stromspeicher zu betreiben, dass wir damit alle E-Lkw versorgen könnten“, gibt er zu bedenken. Realistisch sei ein Anteil von 10 Prozent der eigenen Flotte zu erreichen. Zum Vergleich: Eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 1 Megawatt Peak benötigt rund 10.000 Quadratmeter Dachfläche.

Jagemann ist trotz seiner Begeisterung für regenerative Energietechnik Realist genug, um die Grenzen der Skalierbarkeit von Elektromobilität zu erkennen. „Mit den aktuell gegebenen technischen Möglichkeiten werden wir über die kommenden Jahre nur zwischen einem Drittel und 40 Prozent unserer Verkehre elektrifizieren können. Für mehr reicht die Netzleistung selbst auf mittlere Sicht noch nicht aus“, resümiert er.

Lob für Bundesverkehrsministerium

Gleichzeitig lobt er die Pläne des Bundesverkehrsministeriums zum Ausbau der Ladeinfrastruktur entlang der Fernverkehrsstraßen. Aktuell läuft bereits die Ausschreibung für nicht bewirtschaftete Rastanlagen, die dortigen Netzanschlüsse sind schon bestellt. Bis 2030 will der Bund an insgesamt 350 Autobahnraststätten und Parkplätzen 2.400 kombinierte Ladesysteme mit 400 Kilowatt Leistung und 1.800 Megacharger installieren.

Zusammen mit der privaten Lade­infrastruktur in Depots genüge diese Ladekapazität dafür, rund die Hälfte der jährlich neu zugelassenen Lkw – also etwa 45.000 bis 50.000 Fahrzeuge in Deutschland – elektrisch zu betreiben. „Sobald diese Ladeinfrastruktur geschaffen ist, wird das selbst im Fernverkehr kein Problem sein“, bewertet er und lobt auch das Durchleitungskonzept, nach dem Fahrzeugbetreiber den Strom an öffentlichen Ladesäulen zu den in ihrem Stromtarif vereinbarten Festkonditionen beziehen können.

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  • Die Leistung der neuen Trafostationen mit 2.500 Kilovoltampere kann Zufall perspektivisch noch verdoppeln.

    Die Leistung der neuen Trafostationen mit 2.500 Kilovoltampere kann Zufall perspektivisch noch verdoppeln.

    Bild: Zufall Logistics Group

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