Bisher sind Brennstoffzellen-Lkw in NRW eine Randerscheinung. Gerade einmal 43 mittlere und schwere von ihnen waren nach Angaben des Wirtschaftsministeriums des Landes im Herbst 2024 dort zugelassen – bundesweit waren es laut Kraftfahrtbundesamt 249. Die Flotte des Vermieters Hylane beläuft sich auf insgesamt 122 Fahrzeuge, die teils bereits auf der Straße, teils noch im Zulauf sind. Da alle Lkw unabhängig von ihrem Einsatzort im In- und Ausland in Köln zugelassen sind, sind keine genauen Angaben möglich. Einer groben Annäherung von Hylane zufolge dürfte die Zahl seiner in NRW eingesetzten Fahrzeuge jedoch im zweistelligen Bereich liegen.
„Nach Rückmeldungen aus Mitgliederkreisen setzen angesichts der derzeitigen Rahmenbedingungen weniger als 2 Prozent auf Wasserstofffahrzeuge“, sagt Benedikt Althaus, stellvertretender Geschäftsführer des Verbands Verkehrswirtschaft und Logistik Nordrhein-Westfalen (VVWL). Auch einer Mitgliederumfrage des Verbands Spedition und Logistik Nordrhein-Westfalen (VSL) zufolge nutzen nur wenige Logistikunternehmen in NRW Wasserstoff-Lkw, erste Pilotprojekte befinden sich noch in der Testphase.
Wasserstoff versus Elektro
Eines dieser Unternehmen ist Rewe, bei dem zwei wasserstoffelektrische Lkw für die Belieferung der Märkte eingesetzt werden. „Stand heute sind batterieelektrische Lkw für uns die langfristig vielversprechendste Technologie: Dank eigener Ladeinfrastruktur an unseren Lagern sind die E-Lkw in den Kosten wettbewerbsfähig und damit auch betriebswirtschaftlich rentabel“, erklärt Annika Müller, Referentin Unternehmenskommunikation bei der Rewe Group.
„Demgegenüber haben Wasserstoff-Lkw etwas höhere Reichweiten als die batterieelektrischen und lassen sich schneller betanken“, so Müller weiter. „Das begrenzte Fahrzeugangebot, der geringere Entwicklungsstand, die geringe Infrastrukturverfügbarkeit und -verlässlichkeit sowie die hohen Kosten sprechen aktuell jedoch gegen einen breiten Einsatz der Wasserstoff-Lkw.“ Zudem erschwerten lange Vorlaufzeiten für den Infrastrukturausbau sowie fehlende Planungssicherheit eine ökologisch und wirtschaftlich nachhaltige Umsetzung. Das Unternehmen plane deshalb, die Anzahl der batterieelektrischen Fahrzeuge in der Flotte sukzessive zu steigern. Auch bei DHL waren beziehungsweise sind beide Wasserstoff-Lkw in Köln und im Rheinland im Einsatz. Bei DHL Freight wurde das für ein Jahr angelegte Pilotprojekt mittlerweile beendet, bei Post und Paket ist das Fahrzeug noch im Einsatz. „Die Erfahrungen waren positiv, insbesondere in Bezug auf Alltagstauglichkeit und Verlässlichkeit“, sagt Christoph Schönwandt, Head of Go Green bei DHL Freight. Das Fahrzeug habe sich im Alltag als äußerst zuverlässig erwiesen: „Wir haben entlang des einjährigen Testzeitraums keinerlei technische Probleme oder Ausfälle erlebt.“
Die Betriebskosten für Wasserstoff-Lkw im Vergleich zum Diesel seien unter anderem aufgrund der geringen Verfügbarkeit von Fahrzeugen wie auch Wasserstoff höher. „Technologie und Kraftstoff sind noch nicht in der Markthochlaufphase, was in entsprechend höheren Betriebskosten resultiert“, so der DHL-Manager. Ähnlich sehe es im Verhältnis zu Elektro-Lkw aus, da die Stromkosten in Relation zu Wasserstoff wesentlich geringer ausfallen.
Allerdings habe das Pilotprojekt nicht vordergründig eine Wirtschaftlichkeitsprüfung zum Ziel gehabt, sondern die Erprobung der Technologie in der Praxis. Das Fazit ist positiv: „Basierend auf unserem technologieoffenen Ansatz können wir uns aus heutiger Sicht vorstellen, Wasserstoff-Lkw künftig in den Regelbetrieb zu überführen.“
Entscheidend seien die Entwicklung der Antriebe, die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff und eine Tankinfrastruktur. Erste Einsätze könnten Schönwandt zufolge in Regionen erfolgen, in denen der Aufbau von Lkw-Ladestationen aufgrund des Stromnetzes unpraktikabel ist. Zudem sei Planungssicherheit unabdingbar, da die Fahrzeugentwicklung und die Wasserstoffproduktion hohe Investitionen erfordern. Derzeit sei die Wasserstofferzeugung aufwendig und teuer – sie müsse zudem nachhaltig, sprich mit erneuerbaren Energien, erfolgen, um den ökologischen Nutzen zu gewährleisten. Einheitliche, grenzüberschreitende Regulierungen und Förderungen von Wasserstoff im Transportsektor könnten hier helfen.
Fehlende Förderung
Aus Sicht von Manuel C. Schaloske, Bereichsleiter Mobilität bei der nordrhein-westfälischen Landesgesellschaft für Energie und Klimaschutz, NRW.Energy4Climate, werden für die Transformation auch in NRW alle alternativen Antriebsarten von Nutzfahrzeugen gebraucht, also batterie-elektrisch, Wasserstoff-Brennstoffzellenantrieb, Wasserstoffmotor und als Übergangstechnologie HVO.
„Technologie und Kraftstoff sind noch nicht im Markthochlauf.“
- Christoph Schönwandt, Head of Go Green bei DHL Freight
In puncto Unterstützung gibt es jedoch einige Herausforderungen: „Das KsNI-Programm des Bundes hat mit Förderungen in Höhe von bis zu 80 Prozent der Investitionsmehrausgaben eine Vielzahl klimaschonender Nutzfahrzeuge und Infrastruktur ermöglicht. Unter anderem aufgrund des KTF-Urteils gibt es aktuell keine weiteren Förderungen für Fahrzeuge oder Wasserstofftankstellen des Bundes“, so Schaloske. „Mit dem EU-Infrastrukturfonds AFIF wird jedoch weiterhin der Aufbau einer Infrastruktur für alternative Kraftstoffe entlang des Transeuropäischen Verkehrsnetzes der EU (TEN-T) finanziert.“
Um in Nordrhein-Westfalen ein flächendeckendes Netz an Tankinfrastruktur zu schaffen, fördert die Landesregierung seit März die Errichtung von sieben neuen öffentlichen Wasserstofftankstellen. Insgesamt 20 Millionen Euro gehen an Air Products für Wasserstofftankstellen in Duisburg und Meckenheim, E.ON Hydrogen für eine Wasserstofftankstelle in Essen, H2 Mobility Deutschland für eine Wasserstofftankstelle in Bielefeld, Krimphoff & Schulte für eine Wasserstofftankstelle in Rheine und Mint Hydrogen Germany für Wasserstofftankstellen in Hagen und Lippstadt.
Bei den Fahrzeugen wird es komplizierter: Im Herbst 2024 erfolgte ein einmaliger Förderaufruf des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministeriums, mit dem emissionsfreie Lkw mit insgesamt 15 Millionen Euro gefördert werden. Sowohl batterie-elektrische als auch Brennstoffzellenantriebe konnten gefördert werden. „Aufgrund der von der EU vorgegebenen Fördereffizienz als Wertungskriterium kamen allerdings nur die Anträge für batterieelektrische Lkw zum Zuge“, so Schaloske. Insgesamt konnten 227 Anträge für neue emissionsfreie E-Lkw bewilligt werden.
„Die vom Land NRW unterstützten Brennstoffzellen-Lkw-Initiative HyTrucks.NRW, die den wasserstoffbasierten Lkw-Verkehr im Bundesland vorantreiben soll, bringt die Nutzer mit den Infrastrukturbetreibern zusammen“, so Schaloske. „Letztere haben bereits in den Aufbau von Tankstellen und Infrastruktur investiert. Nun ist wichtig, dass auch die passenden Fahrzeuge für die Fuhrparkbetreiber verfügbar werden.“ Das könnte bald geschehen: „Die etablierten OEMs haben angekündigt, zunächst erste Serienfahrzeuge mit Wasserstoffmotoren anzubieten.“ (ab)