Das mit Spannung erwartete 80. Treffen des einflussreichen IMO-Ausschusses für den Schutz der Meeresumwelt (MEPC 80) begann am Montag für viele auf ambitionierte Klimaziele hoffende Beobachter mit einer zweifachen Enttäuschung.
So wurden die Beratungen der Delegierten aus 175 IMO-Mitgliedsstaaten zum einen auf Grundlage einer in der Woche zuvor von einer Arbeitsgruppe erarbeiteten Beschlussvorlage aufgenommen, die nicht mit dem 1,5-Grad-Ziel in Einklang stehende Regulierungsmaßnahmen empfahl.
Dies geht aus dem 15-seitigen, nicht öffentlichen Dokument hervor, das der DVZ vorliegt.
Zum anderen hat China laut Financial Times in einer sogenannten „diplomatischen Note“ an die Vertreter der Entwicklungsländer innerhalb der IMO-Staaten appelliert, sowohl strengere Klimaziele zu blockieren als auch die Einführung von Abgaben auf Emissionen zu verhindern.
Ehrgeizige Emissionsziele angemahnt
Um das 1,5-Grad für die Schifffahrt als verbindliches Ziel festzulegen, hatten im Vorfeld von MEPC 80 mehrere Länder-Delegationen darauf gedrängt, neben einem Null-Emissionsziel im Jahr 2050 auch Zwischenziele für die Jahre 2030 und 2040 festzulegen.
Dieses Vorgehen entspräche dem von der Initiative „Science Based Targets“ skizzierten Dekarbonisierungs-Pfad, der nach Berechnungen von Wissenschaftlern eingeschlagen werden müsste, um die Erwärmung der Erdatmosphäre auf 1,5 Grad Celsius über der Durchschnittstemperatur des vorindustriellen Zeitalters zu begrenzen.
Um diesen Weg einzuschlagen, müssten sich die Staaten verpflichten, bis zum Jahr 2030 Treibhausgas-Emissionen im Umfang von 37 Prozent gegenüber 2020 zu reduzieren sowie 96 Prozent bis zum Jahr 2040. Zehn Jahre später müsste eine Reduktion um 100 Prozent erreicht sein.
Das von der Arbeitsgruppe an die MEPC-80-Delegierten vorgelegte Dokument ist weit von diesen Vorgaben entfernt. So konnte sich die Arbeitsgruppe nur zu der Empfehlung durchringen, die Emissionen in der Schifffahrt um „mindestens 20 Prozent“ (statt der erforderlichen 37 Prozent) bis 2030 sowie um „mindestens 70 Prozent“ (statt der erforderlichen 96 Prozent) bis 2040 zu senken. Als Basisjahr wählt die Arbeitsgruppe laut Dokument das Jahr 2008.
Diese Zwischenziele wären zudem nicht verbindlich, sondern wären bloß anzustrebende sogenannte „indizierende Kontrollmarken“.
China torpediert die Emissionsziele des Westens
Die Intervention Chinas kam kurz vor dem Beginn von MEPC 80. Gegenüber den Delegierten der Entwicklungsländer begründete das Reich der Mitte seinen Vorstoß damit, dass die von den wohlhabenden Ländern aufgestellten Klimaziele unrealistisch seien und mit signifikanten Kosten verbunden wären.
Zudem warnte China, dass überambitionierte Emissionsziele die nachhaltige Entwicklung der internationalen Schifffahrt behindern sowie die Transportkosten innerhalb der Lieferkette erhöhen und damit die Erholung der Weltwirtschaft beeinträchtigen würde.
Beobachter werteten den Vorstoß Chinas auch als Reaktion auf eine letztlich gescheiterte Initiative des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron, der im Juni als Gastgeber eines Gipfeltreffens zur Reform des globalen Finanzsystems versuchte, eine Allianz von Ländern zu formen, die sich für die Einführung einer globalen Steuer auf die Emission von Treibhausgasen der Schifffahrt einsetzt.
Wie die DVZ aus Kreisen von MEPC 80 erfuhr, bemüht sich nicht nur China, die Einführung von ambitionierten Emissionszielen zu verhindern. Auch Brasilien, Argentinien und Südafrika unternähmen hinter verschlossenen Türen Anstrengungen, die vor allem von westlichen Staaten angestrebten schärferen Emissionsziele zu verhindern.