Eine Reihe von Ökonomen hält die Bepreisung von Schiffsemissionen, wie sie in der Internationalen Maritimen Organisation (IMO) hitzig diskutiert wird, für unabdingbar. Nur so ließe sich die Transformation der Branche gerecht finanzieren und das Ziel einer klimaneutralen Schifffahrt erreichen. Das war der Tenor einer Podiumsdiskussion auf der Welthafenkonferenz in Hamburg am Mittwochnachmittag.
„Wir brauchen das ökonomische Element, um Investitionen in neue Schiffe und die notwendige Infrastruktur voranzutreiben“, sagt Jan Hoffmann, Leiter des Bereichs Handelslogistik bei der UN-Organisation für Handel und Entwicklung (UNCTAD). Er geht davon aus, dass der Welthandel und damit die Nachfrage nach Transporten in Zukunft weiter steigen werden. Wenn die Angebotsseite nicht rechtzeitig mithalten kann, sprich, wenn nicht genügend Schiffe, erneuerbare Energien und Kapazitäten in den Häfen verfügbar seien, bestehe die Gefahr enorm steigender Frachtraten, warnt der Ökonom Hoffmann.
Die jüngsten Black-Swan-Ereignisse wie die Lieferkettenprobleme durch die Corona-Pandemie oder die Krise im Roten Meer hätten gezeigt, wie stark die Transportkosten steigen, wenn die Schiffskapazitäten knapp würden. Sein Appell an die IMO: „Bitte einigt Euch so schnell und berechenbar wie möglich.“
Auch Dominik Englert, Volkswirt bei der Weltbank, ist von der Notwendigkeit einer CO₂-Abgabe auf Schiffsemissionen überzeugt und rechnet damit, dass diese zusammen mit dem technischen Element auch verabschiedet wird. Unter Berufung auf verschiedene Studien rechnet er mit jährlichen Einnahmen von 40 bis 60 Milliarden US-Dollar durch die Bepreisung der klimaschädlichen Abgase. Dieses Geld könnte für spezifische Maßnahmen in Entwicklungsländern verwendet werden, um eine gerechte Transformation zu ermöglichen. „Diese Summe macht einen Unterschied und würde dazu beitragen, das zentrale Ziel der IMO, die Dekarbonisierung der Schifffahrt, zu erreichen.“ Ist dieses Ziel erreicht, könnten die Einnahmen für andere essenzielle Bedürfnisse verwendet werden. So ließen sich damit beispielsweise Maßnahmen für eine klimaresiliente Landwirtschaft finanzieren, sagt Englert. „Wir sollten über die maritime Branche hinausdenken.“
Eine vom Welthafenverband IAPH in Auftrag gegebene Studie beziffert den Investitionsbedarf für Häfen und Infrastruktur in 51 untersuchten Entwicklungsländern auf 55 bis 83 Milliarden US-Dollar.
Sveinung Oftedal, Norwegens Chefunterhändler für Green Shipping und Vorsitzender der IMO-Arbeitsgruppe für Treibhausgasemissionen, berichtet von sehr komplexen Fragestellungen, die auf der MEPC-Sitzung vergangene Woche behandelt wurden. Die mehr als 170 IMO-Mitgliedsstaaten müssten sich auf sehr vielschichtige und gleichzeitig hochpolitische Maßnahmen einigen. Laut Oftedal lastet ein sehr hoher Erfolgsdruck auf der nächsten MEPC-Sitzung. „Um sicherzustellen, dass wir im April eine Entscheidung erzielen, haben wir uns auf zusätzliche Treffen für weitere Verhandlungen geeinigt.“
Häfen beschwören Zusammenarbeit
Wie bereits am Dienstag wurde deutlich, dass die Kollaboration der Häfen weltweit unerlässlich ist auf dem Weg zur Dekarbonisierung. Die Standorte müssten dabei ihr Konkurrenzdenken ablegen, einander vertrauen und Erfahrungen austauschen, sagte Boudewijn Siemons, CEO der Hafenbehörde von Rotterdam, in einer Diskussionsrunde am Vormittag. So könne der niederländische Hafen etwa im Bereich Landstrom von Deutschlands größtem Seehafen, Hamburg, lernen. Mit Blick auf grünen Wasserstoff verwies Siemons auf die Zusammenarbeit mit der namibischen Hafenbehörde Namport, die in diesem Bereich auch mit dem Hafen Antwerpen-Seebrügge kooperieren würde.
Zu den weltweit führenden Produzenten von grünem Wasserstoff will künftig auch das größte Land Südamerikas zählen – Brasilien. Dort würde bereits 87 Prozent des erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energiequellen stammen, berichtete Vinícius Patel vom Hafen Açu.