Verbrennungsmotoren, die mit E-Fuels oder Biokraftstoffen wie HVO100 betrieben werden, werden nach den geltenden EU-Vorschriften nicht als CO₂-neutral anerkannt.

Bild: IMAGO / Sven Simon

EU-Kommission sieht „Rolle für E-Fuels“ im Straßenverkehr

06.02.2025

In ihrem am Mittwoch präsentierten „Kompass für Wettbewerbsfähigkeit“ geht die Kommission allerdings nicht über ihre bisherigen Ankündigungen zur Reform der Flottengrenzwertregulierung hinaus. Das Strategiepapier enthält etliche Initiativen, die für die Transportwirtschaft relevant sind.

Um das EU-Ziel zu erreichen, ab 2035 keine neuen Pkw und Lieferwagen mit Klima belastenden Verbrennungsmotoren mehr zuzulassen, ist laut dem am Mittwoch von der EU-Kommission vorgelegten „Kompass für Wettbewerbsfähigkeit“ ein „technologieneutraler Ansatz“ nötig. E-Fuels spielten dabei eine Rolle im Rahmen einer „gezielten Änderung“ der CO₂-Flottengrenzwertverordnung „als Teil deren vorgesehener Überarbeitung“. Damit bekräftigt die Kommission, dass sie Einsatzmöglichkeiten für synthetische Kraftstoffe in Verbrennungsmotoren schaffen will, geht aber nicht über frühere Ankündigungen hinaus. Die Revision der Flottengrenzwertverordnung für Pkw und Vans ist bis 2026 vorgesehen, die der Vorschriften für schwere Nutzfahrzeuge bis 2027.

Über die geplanten Inhalte des Wettbewerbskompasses hat die DVZ bereits am Freitag berichtet. Die Kommission deutet darin an, dass der EU-Automobilindustrie Strafzahlungen für ein Überschreiten von CO₂-Grenzwerten 2025 erspart bleiben könnten. Im Rahmen des am Donnerstag beginnenden Dialogs mit der Autoindustrie „werden wir unmittelbare Lösungen finden, um der Branche die Möglichkeit zu Investitionen zu erhalten, indem wir uns mögliche Flexibilitäten ansehen, die die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie sichern, ohne insgesamt bei den Zielen für 2025 weniger ehrgeizig zu werden“, heißt es in dem Papier.

Aktionspläne für Autobranche, Häfen, maritime Wirtschaft und die Bahn

Aus dem Dialog soll ein Aktionsplan für die Automobilindustrie entstehen, mit Initiativen zur Förderung von Angebot und Nachfrage, unter anderem durch Vorschriften, mehr „grüne“ Fahrzeuge in kommerzielle Flotten aufzunehmen. Parallel will die Kommission im dritten Quartal einen Investitionsplan für nachhaltigen Verkehr vorlegen. Darin soll es unter anderem darum gehen, Investoren einen Teil ihres Risikos bei der Produktion von nachhaltigen Treibstoffen und beim Aufbau der für ihre Verteilung nötigen Infrastruktur abzunehmen. World Shipping Council (WSC), der Weltverband der Linienreeder, begrüßte diese Initiative als Beitrag zu einer wettbewerbsfähigeren Schifffahrtsindustrie. Auch Bürokratieabbau und der Abbau von Hürden im Binnenmarkt bekämen den Beifall von Reedern und Verladern, erklärte der WSC. Zum Beispiel sollten Zollformalitäten im Seetransport zwischen EU-Staaten abgeschafft und die Kontrollen an den EU-Außengrenzen stärker harmonisiert werden.

Weitere Aktionspläne sind bis Jahresende zur Stärkung europäischer Häfen und der maritimen Industrie angekündigt. Die grenzüberschreitenden Bahnverbindungen sollen unter anderem durch ein europäisches Hochgeschwindigkeitsnetz verbessert werden. Noch in diesem Jahr will die Kommission dafür einen Plan präsentieren. Zu weiteren Initiativen, die sich direkt auf die Transportwirtschaft auswirken, dürften gehören:

  • Aktionsplan für bezahlbare Energie (26. Februar 2025)

  • Aktionsplan für die Elektrifizierung und zum Ausbau der europäischen Stromnetze (1. Quartal 2026)

  • Gesetzesvorschlag zur schnelleren Genehmigung von Projekten zur Dekarbonisierung der Industrie (Industrial Decarbonistion Accelerator Act – 4. Quartal 2025)

Ideen, wie der Green Deal umgesetzt und gleichzeitig die globale Wettbewerbsfähigkeit der EU-Wirtschaft geschützt werden kann, soll der für den 26. Februar angekündigte Clean Industrial Deal enthalten. Gleichzeitig wird ein erstes Vorschlagspaket zum Bürokratieabbau präsentiert (Omnibus-Gesetz). Es soll „weitreichende Vereinfachungen“ auf den Feldern der Berichterstattung über finanzielle Nachhaltigkeit, der Nachhaltigkeitsvorsorge bei wirtschaftlichen Aktivitäten (Due Dilligence) und der Taxonomie auf den Weg bringen. „Europa hat alles, was nötig ist, um beim Wettrennen um die Spitzenplätze erfolgreich zu sein“, erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Gleichzeitig müssen wir aber unsere Schwachstellen beseitigen, um Wettbewerbsfähigkeit zurückzugewinnen.“

Deutsche Wirtschaft fordert konkrete Verbesserungen

Deutsche Wirtschaftsverbände wie die der Industrie (BDI), der Chemiebranche (VCI), des Außenhandels (BGA), der Automobilwirtschaft (VDA) und die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) begrüßten die Ankündigungen, forderten aber konkrete Verbesserungen ein. „Die Unternehmen erwarten dringend klare Maßnahmen für Innovation, Entbürokratisierung und niedrigere Energiepreise am Standort Europa“, erklärte BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner. DIHK-Präsident Peter Adrian nannte Bürokratieabbau, die Vollendung des Binnenmarktes, die Senkung der Energiepreise und das Vorantreiben von Handelspartnerschaften als wichtige Ziele von Unternehmen.

BGA-Präsident Dirk Jandura sagte, die Bürokratie sei zu einer „kaum tragbaren Belastung“ geworden. „Unsere Unternehmen brauchen keine Unterstützung bei der Bewältigung der durch die EU selbst geschaffenen Gesetze und Hürden, sondern einen echten Befreiungsschlag“, mahnte er. VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup erklärte: „Ein guter Plan ist ein Anfang, aber Willensbekundungen allein senken in unserer Branche nicht den Blutdruck. Entscheidend ist, dass endlich Taten folgen.“

Gemischte Reaktionen im Europäischen Parlament

Im Europäischen Parlament äußerten sich Abgeordnete von CDU und CSU ähnlich wie die deutschen Wirtschaftsvertreter. Svenja Hahn (FDP) sagte, es sei „das Mindeste, schlecht gemachte Gesetze nachzubessern und überlappende Berichtspflichten wie die der Taxonomie oder der Lieferkettenrichtlinie zusammenzufassen. Eine vollständige Abschaffung wäre sinnvoller.“

Die Vorsitzende des EP-Binnenmarktausschusses, Anna Cavazzini (Grüne), warnte dagegen, das Ändern beschlossener Gesetze werde Planungsunsicherheit für die Unternehmen bringen. Gefragt seien vielmehr die „Stärkung des Binnenmarktes, der konsequente klimaneutrale Umbau der Wirtschaft und der Aufbau einer europäischen digitalen Infrastruktur“.

Bernd Lange (SPD), Vorsitzender des EP-Handelsausschusses, sagte, die Richtung der Kommissionsstrategie stimme. Damit die geplanten industriepolitischen Initiativen Wirkung zeigen, müssten sie aber auch durch eine Anpassung des EU-Beihilferechts flankiert werden. „Es muss zudem jedem klar sein, dass wir die Innovationslücke und das Mehr an Wettbewerbsfähigkeit nicht allein durch weniger Bürokratie erreichen, sondern dass dafür auch entsprechende Investitionen unabdingbar sind“, sagte Lange. Der neue mehrjährige EU-Finanzrahmen (MFR) für die Jahre nach 2027 müsse dementsprechend ausfallen.

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