Die Spanierin Isabel Garcia Munoz von der sozialdemokratischen PSOE ist seit 2019 Europaabgeordnete. Sie koordiniert die Beratungen über die Richtlinie für Maße und Gewichte.

Bild: EP - Christian Creutz
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EP-Berichterstatterin für Maße und Gewichte: „Wir setzen keine Anreize für Diesel-Lkw"

27.03.2024

Die Spanierin Isabel Garcia Munoz (Sozialdemokraten) koordiniert im Europäischen Parlament die Beratungen über die Richtlinie für Maße und Gewichte im Straßengüterverkehr. Im Gespräch mit der DVZ verteidigt sie die Beschlüsse des Parlaments gegen Kritik, etwa aus der Bahnbranche.

Emissionsfreie Lkw (Zero Emission Vehicles/ZEV) sollen nach dem Willen des Europäischen Parlaments in der EU 44 Tonnen wiegen dürfen. Doch auch für Diesel-Lkw mit 44 Tonnen soll es bis 2035 gewisse Privilegien im grenzüberschreitenden Verkehr geben. Kritik an diesem Beschluss lässt die zuständige EP-Berichterstatterin Isabel Garcia Munoz (Sozialdemokraten) nicht gelten.

„Wir setzen keine Anreize für Diesel-Lkw! Die vier zusätzlichen Tonnen sind für Zero Emission Vehicles, weil Batterien und Wasserstofftanks schwer sind und weil ZEV ansonsten beim aktuellen technischen Standard weniger wettbewerbsfähig sind als Diesel-Lkw“, betont die Spanierin im Interview mit der DVZ.

Ladevolumen kann zunehmen

„Im Prinzip soll damit das Gewicht der sauberen Technologien kompensiert werden, und je leichter diese werden, desto mehr Zuladungsgewicht gewinnt ein Transportunternehmen, das ZEV einsetzt.“

Dass Diesel-Lkw mit 44 Tonnen Maximalgewicht bis 2035 die Grenze zwischen zwei Mitgliedsstaaten, die diese Fahrzeuge zulassen, überqueren dürfen, ohne dass es dafür noch eines bilateralen Abkommens bedarf, habe nichts mit Klimaschutzpolitik zu tun. Dabei gehe es darum, für fairen Wettbewerb im Binnenmarkt zu sorgen. „Mitgliedsstaaten, die solche Fahrzeuge auf ihrem Gebiet zulassen, sollten sie nicht blockieren dürfen, wenn sie aus einem anderen Mitgliedsstaat kommen.“

Kein Mitgliedsstaat werde gezwungen, 44-Tonnen-Diesel-Lkw zu erlauben. Sie habe versucht, die Regelung bis 2032 zu befristen, aber keine Mehrheit bekommen, sagt die Spanierin. Andere Abgeordnete hätten beantragt, die Frist noch weiter nach hinten zu schieben oder zu streichen.

Fairer Wettbewerb angestrebt

Mit fairem Wettbewerb argumentiert Garcia Munoz auch, wenn es um den Vorwurf geht, die Erleichterung des grenzüberschreitenden Verkehrs mit Lang-Lkw werde die Bahn und den intermodalen Verkehr Frachtvolumen kosten. „Die derzeitige Situation ist nicht haltbar; es gibt je nach Land und bilateralen Abkommen unterschiedliche Regeln“, sagt sie.

Jedem Mitgliedsland bleibe es auch künftig selbst überlassen, ob es aus Standardmodulen des Europäischen Modularen Systems (EMS) bestehende Lang-Lkw auf seinen Straßen erlauben wolle. Wenn es das tue, dürfe es den gleichen EMS aus anderen Ländern aber nicht den Zugang verweigern.

„Ich war überrascht über Änderungsanträge, die darauf abzielten, einige Voraussetzungen zu streichen, die ich in den Bericht aufgenommen hatte, wie etwa die vorherige Bewertung der Routen für längere Lkw. Wenn die Länder freiwillig beschließen, den Verkehr dieser Lkw zuzulassen, müssen sie vorher die Strecken analysieren, auf denen sie verkehren können, um die Verkehrssicherheit, die Belastbarkeit der Infrastruktur und die Interaktionsfähigkeit mit anderen Verkehrsträgern zu gewährleisten“, sagt die Sozialdemokratin. Weil eine EMS-Fahrzeugkombination weiterhin aus Standardmodulen bestehe, sei die Einsatzfähigkeit der Lang-Lkw-Module im intermodalen Verkehr gewährleistet, insbesondere die Verladbarkeit auf die Bahn.

Neues Standardmodul für EMS

Das Europaparlament will auch den in Deutschland temporär zugelassenen verlängerten Sattelauflieger (Typ 1) zu einem in allen EU-Staaten nutzbaren EMS-Standardmodul machen. Damit dürften Sattelzüge künftig 18 Meter lang sein. Die derzeitige Grenze für Standardsattelzüge ist 16,50 Meter. Allerdings soll der verlängerte Sattelauflieger laut EP nur im intermodalen Verkehr zu einer EMS-Variante werden.

Auf die Frage, wo der Zusatznutzen für Transportunternehmen ist, wenn sie die verlängerten Auflieger international nur im intermodalen Verkehr einsetzen dürfen, diese Auflieger technisch aber nicht immer auf die Bahn verladen werden können, antwortet Garcia Munoz: „Man sollte hier nicht nur an die Schiene denken, sondern auch an den Schiffsverkehr, zum Beispiel den Kurzstreckenseeverkehr. Container von 45 Fuß und 48 Fuß, die per Schiff ankommen, passen auf die längeren Sattelauflieger“. Für die noch nicht so stark verbreiteten 48-Fuß-Container müsse eine Lösung für den Landtransport gefunden werden.

Umweltfolgen schwer schätzbar

Das Argument, die verlängerten Auflieger würden Spediteure motivieren, die längeren Container per Lkw zu transportieren, statt sie auf Bahn oder Binnenschiffe zu verladen, weist die Spanierin zurück: „Die Realität ist, dass die Schienenkapazität leider nicht ausreicht, um die derzeitige und auch die künftige Güterverkehrsnachfrage zu decken. Bei der ganzen Überarbeitung der Richtlinie für Maße und Gewichte geht es darum, den Straßengüterverkehr nachhaltiger zu machen.“

Was Lang-Lkw für Umwelt und Klima bringen, lasse sich schwer beziffern, weil der EMS-Einsatz ja freiwillig bleibe. „Was ich Ihnen sagen kann, ist, dass die EU-Kommission errechnet hat, dass die in der überarbeiteten Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen die CO₂-Emissionen zwischen 2025 und 2050 kumulativ um 27,8 Millionen Tonnen reduzieren, ungefähr 2,1 Milliarden Euro an Kosten für Luftschadstoffemissionen und ungefähr 0,7 Milliarden Euro an Kosten für Lärmemissionen einsparen werden“, sagt Garcia Munoz.

Gewichtskontrolle im Vorbeifahren

Das EP will den EU-Staaten vorschreiben, dass sie bis 2040 auf den Kernstrecken des transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V) zertifizierte Weight-in-Motion-Systeme (WIMS) installieren müssen, um die Gewichtsgrenzen im Vorbeifahren kontrollieren zu können.

Die Kosten dafür würden sich schnell amortisieren, meint Garcia Munoz. „Die Vorteile ergeben sich aus den niedrigeren Wartungskosten für die Testanlagen und dem Wegfall von Kontrollen am Straßenrand. Parkplätze oder bestimmte Flächen am Straßenrand, auf denen die Lkw zur Gewichtskontrolle derzeit anhalten müssen, werden nicht mehr benötigt. Das wird auch die Verkehrssicherheit erhöhen.“

Den endgültigen Gesetzestext muss das Anfang Juni neu gewählte Europäische Parlament mit den Mitgliedsstaaten aushandeln. Die Chancen, dass sich die EU-Verkehrsminister bis zu ihrer nächsten Ratssitzung am 18. Juni auf eine gemeinsame Position einigen können, schwinden allerdings. Nach Angaben von Diplomaten hat die belgische Ratspräsidentschaft die Diskussionen auf Expertenebene bisher vernachlässigt. Ob nach Ostern noch genügend Zeit bleibt, bei dem kontrovers diskutierten Thema einen gemeinsamen Nenner zu finden, wird in Brüssel bezweifelt.

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