Auf dem Weg zu Netto-Null hat sich die Mehrheit der Unternehmen der wichtigsten Aktienindizes Deutschlands transparente und ambitionierte Ziele gesetzt: 66 Prozent der Firmen bekennen sich langfristig zu Zielen hinsichtlich ihrer sogenannten Scope-1- und Scope-2-Emissionen. Erstere umfassen die direkten Emissionen von Unternehmen, zweitere berücksichtigen den indirekten CO₂-Ausstoß, der aus dem Einkauf von Energie resultiert. Fast jedes der Unternehmen (90 Prozent) berichtet über Emissionen in diesen beiden Kategorien.
Problemfall Scope 3
Weniger ausgeprägt sind die Ambitionen und die Transparenz im Bereich der Scope-3-Emissionen. Nur rund ein Drittel (33 Prozent) der Firmen steckt sich klare Ziele für die Reduzierung von Treibhausgasemissionen, die indirekt in der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette der Organisationen auftreten. Das zeigt die „Dekarbonisierungsstudie 2024“, für die KPMG in Deutschland die Nachhaltigkeitsberichte der 160 größten in Deutschland gelisteten Unternehmen aus DAX, MDAX und SDAX mit Blick auf den Stand ihrer Dekarbonisierung analysiert hat. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden ergänzt um Einschätzungen von 30 Top-Entscheidern unterschiedlich großer Firmen aus dem Industriesektor, mit denen das Beratungsunternehmen für die Studie Experteninterviews geführt hat.
Komplexe Umsetzung
„Die Dekarbonisierung der deutschen Industrie scheitert nicht am Willen. Unternehmen haben längst erkannt, dass sie jetzt handeln müssen, um langfristig erfolgreich zu sein. Allerdings tun sich noch viele Firmen schwer, ihre selbstgesteckten Ziele in die Tat umzusetzen. Die Klima-Transformation bleibt eine große Herausforderung“, erklärt Benedikt Herles, Director und EMA Head of ESG Insights & Innovation bei KPMG in Deutschland.
Mehr als die Hälfte der Unternehmen (57 Prozent) läuft ihren selbstgesetzten Zielen bei den Scope-1- und Scope-2-Emissionen hinterher. Die Studie offenbart im Branchenvergleich größere Unterschiede: Während Finanzunternehmen ihren Scope-1- und Scope-2-Zielen noch am nächsten sind (66,7 Prozent), bewegen sich nur 16,7 Prozent der Unternehmen aus der Chemie- und Materialwirtschaft nach selbst kommunizierter Einschätzung auf dem Pfad der Zielerreichung.
Laut Studie sind die Scope-1- und Scope-2-Emissionen der größten deutschen Unternehmen verantwortlich für 0,5 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen. Mit Blick auf den für Deutschland kritischen Industriesektor zeigen die Umfrageergebnisse der Experteninterviews, dass ein Großteil der Unternehmen noch keine Prognose wagt, bis wann sie klimaneutral oder emissionsfrei sein könnten: 63 Prozent der 30 befragten Unternehmen haben kein konkretes Jahr festgelegt – obwohl man langfristig durchaus Potenzial in der Dekarbonisierung sieht. (dpa/ben)