1 Bewertungen

Umdenken auf höchster Ebene notwendig

29.07.2024

Gerade für Mittelständler ist es wichtig, ihre Unternehmensstrategie auf den drei Säulen der Nachhaltigkeit aufzubauen. Das Thema darf nicht als isoliertes Nebenziel betrachtet werden, meint DVZ-Redakteur Frederic Witt.

Schwache Konjunktur, marode Infrastruktur, Fachkräftemangel: Angesichts der Vielzahl an Herausforderungen mag es gerade für mittelständische Unternehmen nahe liegen, das Thema Nachhaltigkeit auf der Prioritätenliste nach unten zu verschieben. Doch das wäre ein großer Fehler.

Spätestens seit der Europawahl Anfang Juni und der kürzlich erfolgten Wiederwahl von Ursula von der Leyen ist klar, dass der europäische „Green Deal“ Bestand hat. Das ist eine gute Nachricht für das Klima, aber auch für die Unternehmen, die hiermit Planungssicherheit haben. Der Zeitrahmen ist klar abgesteckt. Wann etwa ein Unternehmen die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die neue europäische Nachhaltigkeitsrichtlinie, erfüllen muss, ist bekannt. Der Gesetzgeber setzt damit um, was bald auch auf dem Kapitalmarkt passieren wird. Der Wert von Unternehmen wird künftig maßgeblich von ihrer Zukunftsfähigkeit abhängen.

Wer als Logistikdienstleister Nachhaltigkeit noch nicht als strategisches Thema behandelt hat, könnte schon bald unter Druck geraten. Große Konzerne haben schon längst einen Fahrplan für die kommenden Jahre entwickelt und werden nach und nach von ihren Partnern und Dienstleistern verlangen, dass diese ihre Klimaschutzanforderungen ebenfalls erfüllen. Wer meint, aufgrund seiner Unternehmensgröße erst in einigen Jahren betroffen zu sein, läuft Gefahr, kein ernst zu nehmender Geschäftspartner mehr zu sein.

Dabei wird Nachhaltigkeit noch immer mit Klimaschutz und CO₂-Reduktion verwechselt. Natürlich ist es in emissionsintensiven Branchen wie dem Transport- und Logistiksektor wichtig, den eigenen Ausstoß zu verringern. Unternehmen sollten das Thema aber ganzheitlich betrachten. Nachhaltigkeit hat schließlich drei Säulen: Ökonomie, Ökologie und Soziales.

Vorteil für Familienunternehmen

Soziale Verantwortung und ökonomische Stabilität sind wichtig, um die Zukunft eines Unternehmens langfristig zu sichern – eine Aufgabe für die höchste Entscheidungsträgerebene. Natürlich sind Nachhaltigkeitsteams mit entsprechenden Themenexperten und -expertinnen wichtig und sinnvoll. Erfolgreich arbeiten können diese aber nur, wenn ihr Handeln auf den Werten der Geschäftsführung aufbauen kann. Diese unternehmerische Richtung kann deshalb nur von der obersten Ebene eingeschlagen werden.

Logistiker stehen also vor der Herausforderung, Nachhaltigkeit als strategische Managementaufgabe anzunehmen, um so ihren dauerhaften Erfolg sicherzustellen. Sie muss zum Fundament der Strategie werden und darf nicht als isoliertes Nebenziel auf dem strategischen Abstellgleis landen.

Gerade mittelständische Familienunternehmen sind oft ohnehin schon auf diesem Weg, denn sie denken in Generationen und nicht in Quartalsbilanzen wie börsennotierte Konzerne. Entscheidungen müssen künftig vor einem längeren Zeithorizont fallen – ein Beispiel ist der Emissionsrechtehandel und seine Auswirkung auf den Fahrzeugkauf: Diesel-Lkw werden in drei Jahren von einem Tag auf den anderen drastisch entwertet, der Shareholder Value kann so etwas aber gar nicht abbilden.

Unternehmen müssen sich selbst also eine große Frage beantworten: Wie können wir langfristig erfolgreich und verantwortungsbewusst wirtschaften? Die Antwort darauf werden alle Akteure in ihrer nachhaltigen Unternehmensstrategie finden. So werden Unternehmen am Markt bestehen und neue Märkte erobern.

Verwandte Artikel