Ein Ladestecker hängt vor einem Elektro-Lkw. Der ökologische Umbau in der Logistikbranche muss mit einem strengen Blick auf die Wirtschafts- und Finanzkennzahlen vorangetrieben werden.

Bild: dpa/ Uwe Anspach

Return on Climate Investment: Ökologischer Umbau, der sich rechnet

09.05.2023

Angesichts wirtschaftlich angespannter Zeiten stellen sich immer mehr Unternehmen die Frage, welche Art und wie viel Klimaschutz sie sich leisten müssen und können. Dass sich Dekarbonisierung lohnt, ist leicht dahingesagt. Sie durchzurechnen und auf dieser Grundlage Entscheidungen zu treffen, ist möglich und insbesondere in der Krise sehr wichtig.

Die ökologische Transformation stellt viele Unternehmen vor große Herausforderungen. Sie ist finanziell aufwendig und zudem anstrengend. Warum sie dennoch dringend notwendig ist, müssen wir nicht mehr diskutieren. Viele Unternehmen kommen aus einem Zeitalter des Wirtschaftens, als die Maximierung kosteneffizienter Methoden im Vordergrund stand. Umweltauswirkungen ihrer Produkte oder Dienstleistungen wurden größtenteils ignoriert. Ob die deutsche Wirtschaft künftig aus Überzeugung umweltschonend gelenkt oder Nachhaltigkeit aus rein geschäftlichen Gründen in den DNA der Unternehmen verankert wird, ist eine viel diskutierte Frage. Allzu viel lenkt davon ab, was wirklich wichtig ist: Unternehmen müssen auch weiterhin auf der Grundlage unserer sozialen Marktwirtschaft und ihrer Regeln handeln, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das hängt auch mit unserer Erwartung an Arbeitgebende als sozialem Anker unserer Gemeinschaft zusammen. Selbst wenn der Klimaschutz eine unserer zentralen Aufgaben der Zukunft ist, werden wir die Grundfeste des Wirtschaftens nicht über Bord werfen können.

Ökonomie und Ökologie müssen im Einklang sein

Sicher ist: Die Dekarbonisierung wird die Art und Weise verändern, wie sich Unternehmen positionieren. Produkte und Dienstleistungen folgen mehr denn je dem Kompass der Nachhaltigkeit, und das bedeutet für eine Vielzahl von Unternehmen die Transformation. Gleichzeitig müssen weiterhin Umsatz und Gewinne erzielt werden. Es führt also kein Weg daran vorbei, Ökonomie und Ökologie besser zusammenzubringen. Und zwar so, dass der ökologische Umbau auch mit dem strengen Blick auf Wirtschafts- und Finanzkennzahlen vorangetrieben werden kann.

Nachhaltigkeit darf also kein Thema mehr sein, dem sich ausschließlich Sonderbeauftragte in Unternehmen widmen. Zumal sie bei Vorstand oder Geschäftsführung ähnlich beliebt sind wie Betriebsräte und unglücklicherweise nur selten Betriebsabläufe beeinflussen dürfen. Deshalb ist Nachhaltigkeit eines der wichtigsten Themen für den Vorstand, insbesondere für die CFOs unserer Wirtschaft. Denn wenn Klimaschutz mit nackten Zahlen überzeugen kann, treffen Unternehmenslenker nicht nur in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten, sondern auch angesichts umkämpfter Wettbewerbsbedingungen wesentlich leichter ihre Entscheidungen in diesem Sinne.

Der neue Goldstandard: Return on Climate Investment

Der Return on Investment (ROI), Rückkehr der Investition, ist die verlässliche betriebswirtschaftliche Kennzahl, um die Rendite einer unternehmerischen Tätigkeit zu messen, und damit die absolute Rechengröße von wirtschaftlichem Erfolg. Unternehmen, die ihre Zukunftsfähigkeit beweisen wollen, werden künftig außerdem mit dem Return on Climate Investment (ROCI) arbeiten. Der ROCI bezieht sich auf den finanziellen Nutzen, den Unternehmen und Investoren aus Klimaschutzmaßnahmen erzielen können. Er beantwortet Entscheidern sowohl die Frage, welcher Klimaschutz grundsätzlich rechnerisch am sinnvollsten ist, als auch gerade in Zeiten der multiplen Krise, welchen Klimaschutz sich Unternehmen überhaupt leisten können.

Konkret wird ein ROCI für die Leistung einer Klimaschutzmaßnahme anhand der folgenden Parameter errechnet: Reduktion der Emissionen (pro Jahr), Preis pro Tonne CO2 (pro Jahr), Vorlaufkosten für die Investition der Maßnahme, Summe der Kosten und Einsparungen (pro Jahr), wirtschaftliche Auswirkungen und Lebensdauer der Maßnahme (in Jahren). Nicht selten ergeben die Berechnungen, dass Nachhaltigkeit sogar ohne einen Kostenaufschlag, also kosteneffizient, erfolgen kann.

In der Logistikbranche steht man selbstredend häufig vor der Fragestellungen, wie man möglichst effizient die Emissionen der Flotte reduzieren kann. Die hierbei hilfreichen Maßnahmen sind dabei so unterschiedlich wie die Voraussetzungen in jeder einzelnen Organisation. Kürzlich berichtete mir ein Unternehmen, das mit unserer Software arbeitet und seine Maßnahmenplanung nun streng nach dem ROCI-Prinzip ausrichtet, von erfreulichen Erkentnissen: Bisher hatte man die Nachhaltigkeitsmaßnahmen sehr stark auf das Nachrüsten der Fahrzeuge konzentriert, zum Beispiel mit effizientem Reifendesign, automatischer Reifendruckkontrolle und Ausstattungen zur Verbesserung der Aerodynamik - ermittelter ROCI: 3,71. Fahrkurse zur Gewährleistung von Kraftstoffeffizienz, Geschwindigkeit und Sicherheit, im Unternehmen traditionell weniger präsent, lieferten mit einem ROCI von 5,14 jedoch effizientere Ergebnisse. Erfreulicherweise setzt das Unternehmen schlussendlich auf beide Maßnahmen, denn die vollständige Zahlentransparenz ist nun endlich vorhanden und hat überzeugt. Nicht selten kommt man über mehrere Jahre sogar zu dem Ergebnis, dass Nachhaltigkeit sogar ohne einen spürbaren Kostenaufschlag, also kosteneffizient, erfolgen kann.

In der Krise ist Schluss mit Nachhaltigkeitskosmetik

In einer Krise gestandenen Unternehmern die Situation schönzureden, empfinde ich als vermessen. Trotzdem konnte ich in diesen herausfordernden Zeiten bei vielen deutschen Unternehmen optimistisch Stimmendes beobachten: Es ist Schluss mit der Nachhaltigkeitskosmetik. Greenwashing gehört endgültig dem Gestern an, denn es kostet nur Geld und liefert keine Ergebnisse, die die Zukunft einer Organisation wesentlich verändern. Strukturelle Veränderungen anhand einer streng KPI-basierten Strategie liegen im Trend. Und Unternehmen, die Nachhaltigkeit systemisch in den Transformationsprozess ihrer Organisation implementiert haben, verwerfen ihre Pläne selbst in Krisenzeiten nicht. Im Gegenteil: Sie konkretisieren diese noch. Das ist ein großer Gewinn und ein echter Mehrwert. (fw)

Helen Tacke ist Gründerin und Geschäftsführerin von Cozero.

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