Mitte April erhielt Cozero, dessen Software Unternehmen wie Maersk, Mosolf, Nippon Express Europe (NX Group) und Rhenus Logistics nutzen, durch eine Series-A-Finanzierung 6,5 Millionen Euro. Im Kreis der Investoren war dabei unter anderem Henrik Larsen, der bis Mitte 2022 insgesamt mehr als 40 Jahre in unterschiedlichen Funktionen, unter anderem als Chief Procurement Officer (CPO), für Maersk tätig war. Schon vor dem Investment bei Cozero hatte er sich an anderen Startups in der Logistik beteiligt und ist bei diversen Unternehmen als Berater tätig.
Künftig will er seine Erfahrung und Expertise auch als Berater bei Cozero einbringen. „Mit meinem Branchenwissen und meinem Netzwerk kann ich hoffentlich einige Türen öffnen“, erklärt Larsen. Cozero biete eine Lösung, die sehr auf große Unternehmen in hoch emittierenden Branchen wie Logistik und Fertigung zugeschnitten sei und ein enormes Wirkungspotenzial habe, begründet der ehemalige Maersk-Manager sein Engagement: „Bei Cozero werden Ambitionen zu Taten.”
Um die Logistik klimafreundlich zu transformieren, sind laut Larsen Startups eminent wichtig: „Sie liefern die Geschwindigkeit und können sich schnell anpassen. Zudem können sie als Vermittler zwischen Unternehmen agieren.“ Junge Unternehmen wie Cozero seien wichtige unabhängige Akteure, die die Zusammenarbeit in der Branche ermöglichen. Grundsätzlich ist Larsen überzeugt, dass der Transportsektor die gesteckten Klimaziele mit starkem Druck von Kunden und Stakeholdern erreichen kann. Entscheidend sind für den Erfolg laut ihm aber Zusammenarbeit in der Branche und Transparenz.
Helen Tacke, CEO und Mitgründerin von Cozero, freut sich sehr über die Verstärkung: „Henrik Larsen nun im Board als Chairman zu haben, und damit einen Vertreter mit jahrzehntelanger Erfahrung in einer unserer Fokusindustrien, kombiniert mit der Procurement-Brille ist unschlagbar.“ Laut Tacke ist es für Startups oft schwierig Stimmen aus der Industrie zu bekommen und diese strategisch einzubinden. Larsen soll helfen, die richtigen Menschen in den Unternehmen zu erreichen, ihre Probleme und die der Industrie besser zu verstehen und Lösungen zu entwickeln, die “nicht am Markt vorbeigehen”, so Tacke.
Lieferantenspezifische Daten
In den kommenden Monaten soll die Emissionsmanagement-Software von Cozero nun weiterentwickelt werden. Damit sollen Kunden die gerade für Logistikunternehmen so relevanten Scope3-Emissionen noch präziser erfassen können. „Unternehmen können auf der Grundlage von Durchschnittsdaten keine präzisen und guten Entscheidungen treffen. Wir müssen von Durchschnittsdaten zu lieferantenspezifischen Daten übergehen. Dies ist die Grundlage für bessere und effektivere Entscheidungen und Dekarbonisierung“, erklärt Tacke die aktuell größte Herausforderung.
Die Einbindung der Lieferanten sowie die Verifizierung und Zertifizierung von Daten steht ganz oben auf der Agenda. Zudem wollen Unternehmen ihre Daten und Aktivitäten möglichst zentral auf einer Plattform haben. Damit das gelingen kann, entwickelt Cozero sein bestehendes Supplier-Engagement-Modul weiter. Zulieferer von Cozero-Kunden erhalten eine kostenlose Einladung zur Plattform, um ihre eigenen Daten zu erfassen. Alle Daten, die einen Kunden betreffen, werden dann wiederum zusammengeführt.
Zwei unterschiedliche Trends dürften den Climate-Tech-Markt insbesondere in der Logistik in den kommenden Monaten und Jahren beeinflussen. „Wie kann man große Sprachmodelle bei der Erfassung und Verwaltung von Daten anwenden? Das ist eine entscheidende Frage und auch eine große Chance für Startups wie Cozero“, meint Larsen. Tacke erkennt zudem einen Trend und Wandel auf den Entscheidungsebenen der Unternehmen. Es gehe nicht mehr darum, den Corporate Carbon Footprint zu messen und dann in Kompensationsprojekte zu investieren. Laut Tacke steigt die Nachfrage nach Lösungen, mit denen Unternehmen Dekarbonisierungsstrategien entwickeln können. „Wir sehen immer mehr echtes, datenbasiertes Klima-Controlling, welches eng mit dem Finanzcontrolling verzahnt ist." Einige der Unternehmen, mit denen Tacke zusammenarbeitet, haben Nachhaltigkeit bereits als festen Bestandteil in ihre Unternehmensstragie und Kerngeschäft integriert. Gemeinsam mit Cozero wird daran gearbeitet, die Emissionen noch granularer zu ermitteln, Lieferantendaten einzubinden, um Emissionshotspots zu bestimmen und bessere Entscheidungen für eine effektive Dekarbonisierung zu treffen.
Der Markt für Climatech-Startups ist laut Larsen weiterhin „sehr kompetitiv“, dabei hätten die Unternehmen aber teilweise ganz unterschiedliche Leistungsversprechen. Auf der anderen Seite versuchen viele große Unternehmen in der Logistik eigene digitale Angebote zu entwickeln. Für Startups sei es daher entscheidend, sich möglichst einfach in bestehende Systeme integrieren zu können. Während in der Vergangenheit viele Startups im Bereich Offsetting tätig waren, sieht Tacke aktuell eine starke Verschiebung zu Dekarbonisierungslösungen. „In dem Bereich Planung und Budgetierung von Dekarbonsierung waren wir mit Cozero schon immer Pionier“, sagt sie. Auch wenn immer wieder neue Unternehmen im Markt auftauchen, sei aber auch schon eine Konsolidierung und eine Spezialisierung der einzelnen Startups erkennbar.
Druck, Ambitionen, Lösungen
Die Bedürfnisse der Unternehmen ergeben sich aus ihren eigenen Ambitionen umweltfreundlicher zu werden und dem Druck durch neue regulatorische Anforderungen, aber auch durch den Druck von Kunden, die nachhaltige Geschäftspraktiken fordern. In diesem Umfeld will Cozero, dessen Software bereits in mehr als 50 Ländern genutzt wird, weiter wachsen. Der Fokus liegt dabei auf Unternehmen mit mindestens 500 Mitarbeitern, die in den Sektoren Transport & Logistik oder Produktion tätig sind und ihren Hauptsitz in der europäischen Union haben. Helen Tacke verfolgt eine klare Mission: „Um wirklich etwas zu bewegen, muss Nachhaltigkeit fest im Kerngeschäft verankert sein – mit derselben Genauigkeit und Entschlossenheit, die Finanzabteilungen in alle Aspekte des Costcontrollings und Finanzmanagements einbringen“, sagt Tacke. Die Vorteile der Integration von Carbon Accounting liegen für Tacke auf der Hand: Kosteneinsparungen und erhöhte Profitabilität, Minimierung von Compliance-Risiken und eine verbesserte strategische Ausrichtung durch die Harmonisierung von Umwelt- und Finanzzielen. Mit dieser Philosophie wollen Tacke und ihr Team – unterstützt von Business Angels wie Henrik Larsen – nun auch den internationalen Markt erobern.