Ralf Kohlen ist, mit einer kurzen Unterbrechung, seit 2008 bei DFDS.

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„Es ist wichtig, für neue Technologien offen zu sein“

01.07.2024

Seit September 2023 ist Ralf Kohlen für den deutschen DFDS-Standort verantwortlich. Im Interview spricht er über bisherige und künftige Dekarbonisierungsmaßnahmen.

DVZ: Herr Kohlen, als Geschäftsführer sind sie für den wirtschaftlichen Erfolg von DFDS in Deutschland verantwortlich. Nun sollen Sie das Unternehmen hierzulande auch noch nachhaltig umbauen. Steht das im Widerspruch zueinander?

Ralf Kohlen: Wir verfolgen beide Ziele gleichzeitig. Die Wirtschaftlichkeit ist natürlich essenziell. Mittel- und langfristig gesehen wird sich das Investment in die nachhaltige Mobilität lohnen. Wir haben uns mit unserem Unternehmen hier momentan einen Vorsprung erarbeitet. Diesen Weg wollen wir als Konzern aber auch insbesondere in Deutschland konsequent weitergehen.

Wie ist Nachhaltigkeit insgesamt bei DFDS organisiert?

Das Thema wird bei uns aus der Konzernzentrale in Kopenhagen gemanagt in zwei verschiedenen Teams: einmal das Nachhaltigkeitsteam, dass sich um alle ESG-relevanten Themen kümmert, und einmal vom Dekarbonisierungsteam, dass ausschließlich die Dekarbonisierung aller kommerziellen Bereiche von DFDS vorantreibt und direkt an den CEO berichtet. Von dort aus werden die Einzelstandorte bei ihrer Dekarbonisierungsstrategie und auch der Umsetzung unterstützt. DFDS ist bekanntlich in ganz unterschiedlichen Bereichen tätig, es gibt unterschiedliche Strategien und Herausforderungen bei uns in den Bereichen Logistik und im Fährverkehr. In den einzelnen Ländergesellschaften haben wir logischerweise diverse Ansprechpartner für die unterschiedlichen Themen.

DFDS setzt voll auf den E-Lkw. Wieso haben sie sich angesichts von Alternativen wie Brennstoffzelle, LNG oder HVO dafür entschieden?

Der E-Lkw ist von allen Alternativen auf dem Markt die bisher besterforschte. Deshalb setzen wir momentan hier unseren Fokus und haben neben den 125 E-Lkw, die bereits für uns im Einsatz sind oder kurz vor der Auslieferung stehen, erneut in 100 E-Lkw investiert. Stand jetzt bietet diese Technologie den größten Impact für uns. Und auch langfristig gesehen hat der E-Lkw meiner Meinung für uns den meisten Nutzen.

Werden in der Zukunft für sie auch andere Alternativen eine Rolle spielen?

Es ist wichtig, für neue Technologien offen zu sein. Insbesondere für das Ziel der Dekarbonisierung schauen wir, welche Technologie uns zu welchem Zeitpunkt am besten dabei helfen kann, unsere Strategie umzusetzen. HVO wird kurz- und mittelfristig eine sehr wichtige Rolle für uns spielen, um unsere Nachhaltigkeitsziele bis 2030 zu erreichen. In naher Zukunft wird HVO flächendeckender in Deutschland zur Verfügung stehen, so wie er es bereits in anderen Ländern tut.

Ralf Kohlen:
Seit 2008 bei DFDS, mit kurzer Unterbrechung in 2019. Seit 2023 verantwortlich für DFDS deutsche Dry Logistik Aktivität. Bereits an DFDS Standorten in UK, Immingham also auch BE, Ghent tätig für jeweils zwei Jahre. Unterschiedlichste verantwortungsvolle Rollen im sowohl operativen als auch kommerziellen Bereich, zu Letzt in Ghent u.a. Verantwortlich für den Transport Bereich inkl. der LKW Flotte und Einführung der ersten E-LKW in Belgien.

Also ist ein Mix aus Wasserstoff und E-Lkw bei DFDS mittelfristig denkbar?

Wasserstoff ist Zukunft. Wir arbeiten aktuell mit an einem Pilotprojekt, welches erforscht, wie der Wasserstoff-Lkw im täglichen Einsatz aussehen kann. Wenn die infrastrukturellen Bedingungen stimmen macht es durchaus Sinn, den wasserstoffbetriebenen Lkw für Langstrecken zu nutzen. Die bisherigen E-Lkw-Hersteller zeigen aber auch in kurzer Zeit Updates, wodurch die Reichweite der E-LKW deutlich weiter reicht, als man bislang annimmt. Flexibilität ist in diesem Bereich alles.

An anderen Standorten wie Schweden oder Dänemark sind bereits seit 2022 E-Lkw im Einsatz. Warum erst jetzt in Deutschland?

Einer der Gründe war und ist die fehlende Infrastruktur. Auch waren die Bedingungen für die Anschaffung von E-Lkw in anderen Ländern attraktiver. Für DFDS hat es zu einem früheren Zeitpunkt daher keinen Sinn ergeben, in Deutschland in E-Lkw zu investieren.

Wie werden die E-Lkw bei DFDS in Deutschland eingesetzt? Gib es feste Routen oder feste Kunden?

Aktuell sind sie ganz normal Teil der Flotte. Wir integrieren sie bestmöglich. Dabei versuchen wir noch die bestmöglichen Einsatzgebiete für unsere E-Lkw zu finden, um maximale Effizienz zu erreichen. Bis 2030 planen wir unter anderem durch die Transformation unserer Flotte eine Reduzierung der Emissionsintensität von 75 Prozent zu erreichen im Landbereich und bis 2050 Net-Zero zu sein.

Viele Logistiker beschäftigen sich momentan mit den neuen regulatorischen Anforderungen. Müssen Sie bereits ein Nachhaltigkeitsreporting für den deutschen Standort in die DFDS-Zentrale in Kopenhagen schicken?

Ein striktes lokales Reporting haben wir nicht. Da DFDS aber nach der Corporate Sustainability Reporting Directive der EU berichtspflichtig ist, passiert in unserer Zentrale aktuell viel dazu. Und dann betrifft uns das in Deutschland natürlich auch.

DFDS in Deutschland:
• Betrieb an zwei Hauptstandorten, in Hamburg und Neuenkirchen-Vörden.
• 200 Mitarbeiter
• Bereitstellung umfassender und nachhaltiger Logistikdienstleistungen in ganz Deutschland, einschließlich Trocken- und Kühlkettenlösungen mit Kühl- und Ambient-Lager

Wie reagieren Ihre Kunden auf die Dekarbonisierungsmaßnahmen, die meist auch mit höheren Preisen verbunden sind. Fördert oder hemmt es das Geschäft?

Viele unserer Stakeholder legen enormen Wert auf Emissionreportings und sind auch bereit, die Transformation im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch mit der Bezahlung höherer Preise zu unterstützen. Wir versuchen das immer partnerschaftlich zu lösen. Ich bin optimistisch, dass es in der Zukunft immer mehr Kunden geben wird, die darauf Wert legen und diesen Weg gemeinsam mit uns gehen.

Welche Kunden sind denn bereit, die Mehrkosten mitzutragen?

Das ist lässt sich pauschal nicht beantworten. Es ist einerseits in gewisser Weise länderspezifisch, es gibt aber überall auch die sogenannten First Mover, die vorangehen wollen. Nachhaltiger Transport muss aber auch nicht immer teurer sein. Der Preis ist abhängig von Faktoren wie dem Einsatzgebiet, dem Strom-Einkaufspreis sowie dem aktuellen Dieselpreis. Eine weitere Subventionierung würde logischerweise dabei helfen, den E-Lkw noch attraktiver zu gestalten.

Es gibt ja schon einige Studien laut denen der E-Lkw langfristig meist bereits wirtschaftlich rentabler als ein Diesel-Lkw ist.

Das ist von einigen Faktoren abhängig, wie der Verfügbarkeit von Ladestationen auf dem Transportweg als auch, ob während der Fahrerpausen der E-Lkw geladen werden kann. Weitere Faktoren sind, ob während der Be- und Entladung der E-Lkw geladen werden kann und ob der Akku für die Strecke, welche zurückgelegt werden muss, ausreicht. Ist das alles gegeben, dann kann man mit dem E-Lkw wirtschaftlich operieren. Das kommt bislang aber noch nicht bei besonders vielen Touren zusammen.

Möchten Sie mit DFDS eine eigene Ladeinfrastruktur in Deutschland aufbauen?

Auf jeden Fall. Wir prüfen gerade, wo unsere E-Lkw langfristig im Einsatz sein sollen. Dementsprechend werden dann die Standorte für eigene Ladesäulen ausgewählt. Im Ausland haben wir bereits unsere Ladeinfrastruktur selbst ausgebaut.

Stehen Sie mit anderen Standorten zu solchen Themen im Austausch?

Ja, wir sind im stetigen Austausch.

Wie kann die nachhaltige Transformation des Logistiksektors noch beschleunigt werden?

Allgemein lässt sich sagen, dass die Logistikbranche eher verschlossen ist, was den Austausch von Daten angeht. DFDS hat da einen anderen Ansatz. Wir sind der Meinung, dass wir mehr Informationen teilen müssen, um die Effizienz der Wertschöpfungskette insgesamt steigern zu können. Wir arbeiten mit Anbietern zusammen, die uns technologisch und hardwaretechnisch mit ihrem Know-how unterstützen können. Mit unseren Kunden sind wir auch stets im partnerschaftlichen Austausch. Es ist ein Geben und Nehmen. Spezifisch auf Deutschland bezogen haben wir aber einen enormen Nachholbedarf, was den Netzwerkbereich angeht. Dieses wollen wir ausbauen und fördern, um noch mehr voneinander lernen zu können. Auch eine Zusammenarbeit mit Mitbewerbern ist durchaus denkbar, für unser Green Corridor Projekt zwischen Dänemark und England befinden wir uns inzwischen in einer solchen Kollaboration.

Bildergalerie

  • DFDS hat international bereits 125 E-Lkw im Einsatz.

    DFDS hat international bereits 125 E-Lkw im Einsatz.

    Bild: DFDS

  • Nachhaltigkeit wird aus der Konzernzentrale in Kopenhagen gemanagt.

    Nachhaltigkeit wird aus der Konzernzentrale in Kopenhagen gemanagt.

    Bild: DFDS

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