Gut zwei Jahre ist es nun her, dass mit dem bewaffneten Angriffskrieg auf die Ukraine das Thema Energieautarkie bei Logistikimmobilien verstärkt in den Fokus geriet. Nie war die Brisanz der, schon im Vorfeld von der Regierung geforderten, „Energiewende“ präsenter, die notwendige Unabhängigkeit relevanter. Und der Logistikimmobilienmarkt reagierte.
Im Neubaubereich, aber mittlerweile auch bei Bestandsimmobilien, wurden Energieeinsparmaßnahmen getroffen – vom Einsatz effizienter LED-Beleuchtung bis hin zu umfassender Verbrauchsdatenanalyse – und Optionen für die individuelle Energieerzeugung eruiert. Die Branche war und ist, das lässt sich mit Fug und Recht behaupten, für das Thema sensibilisiert und durchaus bestrebt, dem negativen Image der Logistik ein neues, grünes Gesicht entgegenzusetzen.
Photovoltaik, bis dahin eher ein selten gesehenes Element auf deutschen Logistikimmobiliendächern, hat sich vor allem im Neubaubereich etabliert. Inzwischen sind wir so weit, dass sich die Solaranlagen – ein vernünftiges Energiekonzept vorausgesetzt – von selbst rechnen. Und so können heute ganze Logistikzentren – ja sogar Produktionsbetriebe – mit dem eignen, nachhaltigen Strom versorgt werden.
Die meisten Bundesländer haben bereits gesetzliche Vorgaben erarbeitet und eine sogenannte PV-Pflicht für gewerbliche Neubauten erlassen. Dabei handelt es sich nicht selten um komplette Dachflächen, die mit den Solarzellen belegt werden sollen. An sich eine gute Sache, die Logistikimmobilien zudem in die Position des Energieversorgers bringt. Denn oft benötigt der Betrieb nur einen Bruchteil des erzeugten Stroms. Der Rest kann, in das öffentliche Netz eingespeist, zur Versorgung der umliegenden Haushalte beitragen – beziehungsweise könnte. Denn genau daran hapert es derzeit noch gewaltig.
Hemmschuh Netzausbau
Vielerorts sind die Netze sowie die Anschlusstechnik wie Trafo und Co. schlichtweg nicht darauf ausgelegt, eine größere Nennleistung aufzunehmen. Ein bekanntes Problem, das gerade große Dach-Photovoltaikanlagen auf Logistikimmobilien verzögert oder ad absurdum führt. Installierte Anlagen können nicht oder nur zum Teil ans Netz gehen – grüner Strom wird nur aufgrund fehlender Kapazitäten gar nicht erst produziert. Die Dezentralisierung der Energieversorgung – eine einmalige Chance, die sich aus meiner Sicht durch die widrigen Umstände des Ukrainekonflikts ergeben hätte –, wird dadurch zum Scheitern verurteilt. So erscheint derzeit allein die Partnerschaft mit den großen Energieversorgern, die über die notwendige Infrastruktur verfügen beziehungsweise Möglichkeiten haben, diese bereitzustellen, sinnvoll.
Und die Herausforderungen werden nicht kleiner. Denn auch in punkto E-Mobilität legt die Logistikbranche im großen Stil nach. E-Sprinter und -Lastenräder – die letzte Meile ist schon in vielen Bereichen elektrifiziert. Gerade in Großstädten wie München oder Berlin, die seit Jahren mit hohen Emissionswerten zu kämpfen haben, ist dies ein wichtiger Schritt vor allem auch in puncto Lebensqualität. Und auch auf dem Langstreckenbereich tut sich einiges: Daimler, MAN, Volvo – inzwischen haben alle großen Lkw-Hersteller Zugmaschinen mit Elektroantrieb entwickelt. Peu à peu finden sich immer mehr E-Lkw in den Flotten der Speditionen und Logistikdienstleister. Ein grüner und emissionsfreier Verkehr scheint realisierbar. Doch auch hier droht der langsame Netzausbau zum Hemmschuh zu werden.
So wurde von der Regierung die Umrüstung zwar gefordert – und teils auch gefördert –, die Frage nach der entsprechenden Ladeinfrastruktur wurde jedoch aus meiner Sicht viel zu spät gestellt. Erst im Juli dieses Jahres fiel der Startschuss für ein bundesweites Schnellladenetz. Unter dem Motto „Power to the Road“ haben die Bundesminister Dr. Volker Wissing und Dr. Robert Habeck gemeinsam mit den hauptverantwortlichen Netzbetreibern und dem Branchenverband BDEW öffentlichkeitswirksam die geplante Errichtung von gut 350 Ladepunkten für E-Lkw entlang der Bundesautobahnen kommuniziert. Ein konkreter Fertigstellungstermin dieses Mammutprojektes, das nicht nur den Aufbau der Ladesäulen, sondern vor allem den Ausbau des Verteilnetzes beinhaltet, wurde nicht genannt.
Währenddessen haben einige Logistiker sich bereits selbst mit der notwendigen Ladeinfrastruktur auseinandergesetzt und Ladesäulen auf ihrem Betriebshof installiert. Neben der Frage, ob dies der geeignete Ort zum Laden ist, stehen sie dabei oft vor einer ganz anderen Herausforderung: Geht der Lkw ans Netz, bricht die Stromversorgung zusammen. Wieder ist es das Netz, das den gestiegenen Anforderungen vielerorts nicht gewachsen ist. Die Frage nach einer Umrüstung der gesamten Flotte ist damit obsolet.
Chance Netzausbau
Wer nun einwendet, dass der von der PV-Anlage produzierte Strom doch einfach zum Laden der Lkw genutzt und damit der Problematik der fehlenden Netzkapazität sozusagen in beiden Richtungen begegnet werden könnte, hat die Rechnung ohne die Sonne gemacht. Denn dieser unstete Himmelskörper stellt seine Leistungen bekanntermaßen nur tagsüber zur Verfügung, wenn die Lkw im Auftrag der Logistik unterwegs sind. Speichergeräte befinden sich hingegen momentan noch auf einem so hohen preislichen Niveau, dass sie sich für viele Unternehmen nicht rechnen.
Es steht und fällt also mit dem Thema Netzausbau: Was wir brauchen, ist zum einen die Unterstützung der Netzbetreiber und zum anderen der Schulterschluss mit der Regierung. Denn diese Herausforderung können wir nur gemeinsam angehen. Und wir müssen es jetzt tun. Denn die Logistik ist, allen Widrigkeiten zum Trotz, auf einem guten Weg in eine grüne und nachhaltige Zukunft.