Gerade einmal zwei Jahre ist es her, dass die Bozener Speditionsgruppe Gruber Logistics die Übernahme des Schwergutspezialisten Universal Transport festgezurrt hat – rückwirkend zum Jahresanfang 2022. Schneller als geplant verschwindet der traditionsreiche Name des ursprünglich Paderborner Unternehmens.
Grundsätzlich hätte es durchaus Sinn gemacht, den in der Branche fest verankerten Namen Universal Transport fortzuführen, gibt Martin Gruber, CEO des Bozener Familienunternehmen, zu. Doch auch aus der Universal-Welt „wurde das Signal gesendet, den Namen sofort zu ändern – das hat uns zum Umdenken gebracht“. Viele Mitarbeiter würden sich als Teil der Gruppe fühlen wollen, nicht als Satellit.
So wird das Großraum- und Schwertransportgeschäft von Universal Transport inzwischen komplett unter Gruber Logistics vermarktet, das markante Orange auf den Universal-Transport-Fahrzeugen wird sukzessive in das Gruber-Setup türkis/rot gewandelt. Lediglich das eingängige Motto „don’ t worry, be heavy“ ziert dann noch die Spezial-Lkw. Das Unternehmen Universal Transport indes ist nur noch ein rechtlicher Mantel ohne operative Bedeutung. Und die bisher als eigenständig auftretende Tochter Züst & Bachmeier? Sie arbeitet noch unter dem angestammten Namen, aber „wenn wir keinen wichtigen Grund mehr sehen, das aufrechtzuerhalten, dann werden wir auch sie integrieren“, kündigt Gruber an.
Unternehmen ticken ähnlich
Die Universal-Welt ist nach seiner Einschätzung bereits komplett in die Gruber-Logistics-Welt übergegangen. „Das konnten wir operativ schnell integrieren.“ Hilfreich seien dabei nicht nur die eingerichteten Arbeitsgruppen, sondern auch, dass „beide Unternehmen sehr ähnlich ticken“. Nachholbedarf sieht der Firmenchef bei der IT-Integration. Beide Unternehmen hätten gute Systeme, „da tun wir uns schwer, uns in eine Richtung festzulegen“, bekennt er und glaubt, dass das Projekt noch einige Jahre in Anspruch nimmt.
Operativ habe die Zusammenführung der beiden Unternehmen zu einer beidseitigen Geschäftsausweitung geführt, weshalb „Cross Selling für uns ein großes Thema ist“, so Gruber. So können Schwergutkunden aus der Universal-Welt jetzt auch europaweite FTL-Möglichkeiten angeboten werden. Nicht nur das: Auch die Lagerkompetenz wurde ausgeweitet. Während an den Universal-Standorten lediglich Freilagerflächen vorhanden waren, können nun auch Gruber-Logistics-Standorte mit Hallenflächen für Schwergüter genutzt werden.
Da beide Unternehmen in der Geografie komplementär waren, konnten bei Bestandskunden auf beiden Seiten geografische Ausweitungen erzielt werden – und das produktübergreifend. „Jeder Standort hat unverändert seine regionale oder produktspezifische Spezialisierung, die wir gegenseitig versuchen, an die Kunden anzubinden – und das gelingt uns auch“, bilanziert Gruber. Auch hinsichtlich der Branchenschwerpunkte ergänzen sich beide: Während Universal Transport vor allem national Betonfertigteile, Windkraftanlagenteile und Straßenbahnen sowie Lokomotiven befördert, ist Gruber Logistics überwiegend international mit Agrar- und Baumaschinen, Gütern für die Infrastruktur sowie im Öl- und Gasgeschäft unterwegs. „Da gibt es wenig Überlappungen“, so der Unternehmenschef Gruber.
Gruber Logistics hat das Schwergutgeschäft in der Geschäftseinheit XTL konzentriert, die von Bruder Michael Gruber und Holger Dechant geleitet wird. Auf sie entfällt inzwischen etwa ein Drittel des Gruppenumsatzes von rund 650 Millionen Euro, also etwa 220 Millionen Euro. Das Gros davon mit rund 150 Millionen Euro steuert die alte Universal-Transport-Organisation bei, wobei das bisherige Projektgeschäft der Paderborner (rund 30 Millionen Euro) in die Gruber-Sparte PAO (Project Cargo, Air & Ocean) transferiert wurde. Die gemeinsame Flotte gibt Gruber Logistics mit rund 760 Zugmaschinen verschiedener Größen (circa 500 davon zweiachsig), 46 BF4-Begleiter-Fahrzeugen und 1.730 Aufliegern an.
Die regionalen Schwerpunkte des GST-Geschäfts liegen derzeit in Deutschland und Italien, aber auch in Polen und Tschechien ist das Unternehmen stark präsent. Dort sieht sich Martin Gruber als Marktführer im GST-Segment. Deutlich stärken will er die Position in Großbritannien und Frankreich. In beiden Ländern sind die Italiener mit je einem Haus vertreten – in London und Lyon -, doch „wollen wir unser dortiges Geschäft deutlich stärken“. An andere Regionen dagegen wie die Iberische Halbinsel oder Skandinavien denkt er nicht: „Dort haben wir keine Kunden und kein Geschäft“, bescheidet er und will möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt intensiver auf diese Märkte schauen.
Stichwort Wachstum: Trotz der aktuell angespannten Marktlage „halten wir an unserer Strategie fest, die Flächendeckung in Europa zu verstärken“, bekräftigt Gruber. Dabei liegt der Fokus auf organischem Wachstum, „da sehen wir genügend Möglichkeiten“. Aber in einigen Jahren kann sich Gruber auch wieder Zukäufe vorstellen. Da zudem auch weiterhin versucht werden soll, Dienstleistungen aus der Gruppe in den Schwergutbereich hineinzubringen, ist ein steigender Umsatz das logische Ziel.
Angespannte Marktlage
Die aktuelle Marktlage bezeichnet der Firmenlenker als „in einigen Sektoren ziemlich angespannt“ und nennt beispielsweise Agrarmaschinen und die Bauwirtschaft. „In diesen Sektoren kracht es derzeit.“ Dennoch könne Gruber Logistics den Umsatz im laufenden Jahr stabil halten oder gar leicht steigern. Aber: „Der Druck auf Preise ist das Problem, nicht das Volumen.“ Angesichts der explodierten Kosten für Personal, Maut, Genehmigungen oder CO2-Abgaben „hätten wir unsere Preise zum Jahresanfang um 12 Prozent anheben müssen“, sagt Gruber. Die Praxis sah anders aus: „Wir haben es nicht geschafft, diese Kostensteigerungen an den Markt weiterzugeben.“
Nachhaltiges GST-Angebot
In der Gruppe spielen umweltfreundliche Antriebe bereits eine große Rolle. Viele Standard-Lkw des insgesamt 2.350 Einheiten umfassenden Fuhrparks fahren inzwischen mit Flüssigerdgas, Biodiesel oder HVO. Bei den schweren Lkw mit mehr als 40 Tonnen allerdings „gibt es wenig bis nichts an Antrieben“, stellt Gruber fest. Er hält E-Antriebe zwar geradezu für prädestiniert für Zugmaschinen mit starkem Antrieb, doch offenbar sei der Markt für die Hersteller zu klein.
Dennoch bietet Gruber Logistics auch im GST eine Lösung für den umweltfreundlichen Transport. Anfang dieses Jahres hat der Südtiroler Dienstleister sein Book & Claim-Angebot auch auf diesen Sektor ausgeweitet. Kunden können damit auch Schwertransporte mit emissionsarmem Kraftstoff buchen, selbst wenn dieser physisch auf der Strecke nicht verfügbar oder für die Fracht nicht geeignet ist. Vergleichbar ist Book & Claim mit der Buchungsoption für Ökostrom im Energiesektor. Sie ermöglicht Unternehmen, Emissionsreduktionen durch den Erwerb von Kraftstoffkontingenten zu fördern und damit ihre Nachhaltigkeitsbilanz zu verbessern, erläutert Gruber. Allerdings kostet Nachhaltigkeit Geld: Für die entsprechenden Zertifikate erhebt der Dienstleister – abhängig von der Strecke – einen prozentualen Aufschlag auf den Transportpreis; im Mittel beträgt dieser bei einer internationalen Strecke 2 Prozent je 10 Prozent CO2-Reduktion.