Für moderne Logistikstandorte in Deutschland stehen immer weniger Greenfields zur Verfügung. An einigen Standorten wie im Rhein-Main-Gebiet oder auch im Ruhrgebiet sind die Flächenvorräte bereits so gut wie ausgeschöpft. Doch auch in anderen deutschen Regionen, in denen eigentlich noch Bauland zur Verfügung steht, müssen Logistikunternehmen wie auch Immobilienentwickler auf Alternativen ausweichen. Die Gründe sind dabei immer häufiger politischer Natur.
Abgesehen davon, dass einige Gemeinden neuen Logistikimmobilien gegenüber generell skeptisch eingestellt sind, existiert in Deutschland der klare Leitsatz, möglichst wenig neue Fläche zu versiegeln. Das entsprechende Motto dazu lautet: „Vermeiden, verwerten, ausgleichen“: Statt einer Neuausweisung von Bauland sollen möglichst viele bestehende Grundstücke effizient umgenutzt werden.
Diese Forderung leitet sich nicht direkt aus den Pariser Klimazielen ab, steht aber mit diesen klar im Einklang. Stattdessen handelt es sich um eine Initiative der Bundesregierung, die in ihrer ursprünglichen Form bereits seit Langem existiert. Im Rahmen der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie „Perspektiven für Deutschland“ wurde im Jahr 2002 die Vorgabe formuliert, höchstens 30 Hektar Fläche täglich zu verbrauchen. Das Ziel, das ursprünglich bis 2020 erreicht werden sollte, wurde seither auf 3030 korrigiert. Dennoch ist die Realität vom Wunsch noch deutlich entfernt. Im Jahr 2022 lag der tatsächliche Verbrauch dem Umweltbundesamt zufolge bei 56 Hektar pro Tag. Doch auch vonseiten der Europäischen Union gibt es Vorgaben: Bis 2050 soll innerhalb des gesamten EU-Raums eine Flächenkreislaufwirtschaft erreicht werden, also eine Netto-Null bei der Baulandvergabe. Diese Regularien richten sich nicht spezifisch gegen eine bestimmte Gebäudeart. Jedoch sind flächenintensive Nutzungsarten wie Logistik- oder auch Light-Industrial-Immobilien besonders betroffen.
Die Flächennachfrage steigt indes kontinuierlich weiter. Obwohl die herausfordernde wirtschaftliche Lage auch bei einigen Logistikdienstleistern, produzierenden Unternehmen und auch Händlern die Expansionspläne auf Eis gelegt hat, sinkt das Flächenangebot sehr viel schneller als die Nachfrage, bei der sich nur ein geringer und wahrscheinlich temporärer Abschwung zeigt. Ein Grund für dieses Missverhältnis sind sicherlich auch die hohen Baukosten in Verbindung mit den Zinsniveaus, die Projektentwicklungen grundsätzlich erschweren. Das führt zu einer begrenzten Projektpipeline. Auch in den regelmäßigen Maklerberichten zeigt sich immer wieder deutlich, dass die durchschnittlichen Spitzenmieten weiter steigen, während die Flächenumsätze durch Vermietung und Eigennutzung rückläufig sind. Wenn sich die Wirtschaft – beispielsweise infolge von Zinssenkungen – mittelfristig spürbar erholt, wird das Pendel noch stärker in Richtung Nachfrageüberhang schwingen.
Greenfields nachhaltig planen
Die politischen Leitsätze zur Flächenkreislaufwirtschaft erschweren Greenfield-Neuentwicklungen – dennoch sind diese keinesfalls unmöglich. Besonders ist das dann der Fall, wenn zusätzliche Nachhaltigkeitsmaßnahmen bei der Entwicklung umgesetzt werden und die Flächenausweisung für die Gemeinde sinnvoll ist.
Beispielsweise kann dies durch zusätzliche Energiekonzepte wie Geothermie oder Wasserkraft in Verbindung mit Photovoltaikpaneelen geschehen. Oder aber es handelt sich beim Nutzer um eine attraktive (Arbeitgeber-)Marke, so dass sich die Kommune wichtige wirtschaftliche Impulse verspricht.
Eine gängige Variante besteht außerdem darin, einige Kilometer Wegstrecke mehr bis zur Innenstadt in Kauf zu nehmen. Kommunen, die etwas weiter in der Peripherie liegen, sind oftmals kooperativer bei der Vergabe neuer Flächen und bei der Ansiedlung neuer Unternehmen. Entwickler und auch Nutzer sollten jedoch genau darauf achten, dass die Entfernung nicht zum langfristigen Standortnachteil wird.
Brownfields sind vielversprechend
Brownfield-Entwicklungen stehen im Einklang mit den politischen Zielen zur Verringerung der Flächenverbräuche. Vielversprechend ist dabei deren Größe, da sich hier ohne neue Flächenversiegelungen mitunter Zehntausende oder sogar Hunderttausende Quadratmeter Logistikfläche in Form von Big Boxes entwickeln lassen. Da sie in ihrer früheren Funktion wichtig für die damalige Infrastruktur waren (Kraftwerke, Werksareale, Fabriken), sind sie oft exzellent erschlossen. Mit einem modernen Energiekon- zept (Photovoltaik oder Windkraft) können diese Big Boxes zu einem modernen, dezentralen Stromnetz beitragen, das die jeweiligen Regionen strukturell ertüchtigt. (tof)
Ingo Steves ist Managing Partner Logistics bei Swiss Life Asset Managers