Der Verkehrssektor wird auch in den kommenden Jahren seine Klimaziele nicht erfüllen. Zwischen 2021 und 2030 wird er laut Berechnungen des Expertenrats für Klimafragen (ERK) 177 Millionen Tollen mehr ausstoßen, als im Klimaschutzgesetz vorgegeben. Das geht aus einem neuen Gutachten zu den Treibhausgas-Projektionsdaten 2024 hervor, das der Expertenrat am Montag in Berlin vorgestellt hat. Darin beschreiben sie die künftige Entwicklung der Treibhausgasemissionen.
Die im Klimaschutzgesetz vorgegebenen jährlichen Emissionsmengen könnten im Zeitraum von 2021 bis 2023 nur sehr knapp eingehalten werden, so die Gutachter. Die Zielverfehlungen vor allem im Verkehr und im Gebäudesektor könnten allerdings die Energiewirtschaft und in geringem Maße die Industrie ausgleichen. „Die Gesamtemissionen werden bis 2030 sinken, allerdings weniger, als in den Projektionsdaten angenommen“, sagte Hans-Martin Henning, Vorsitzender des Expertenrats.
Annahmen bestätigen sich nicht
Die Wissenschaftler haben sich mit unter anderem mit so genannten exogenen Annahmen beschäftigt. Dazu gehört Kraftstoffpreise oder der Ausbau von Ladeinfrastruktur. Dazu schreibt das Gremium, dass beispielsweise die Zahl der Neuzulassungen von E-Lkw zu optimistisch bewertet wurde. Ihr Anteil liegt derzeit bei 6,8 Prozent. In den Projektionsdaten waren 50,1 Prozent im Jahr 2030 angegeben. Das halten die Experten für wenig realistisch, zumal der Anteil voll elektrischer Zugmaschinen 2023 unter einem Prozent gelegen habe.
Ein Potenzial zur Emissionsminderung sieht der Expertenrat hingegen bei den Kraftstoffpreisen. Diese würden bis 2030 eher steigen und somit zu einem geringeren CO2-Ausstoß beitragen. Bis 2027 würden die Kraftstoffpreise unter dem Niveau von 2023 liegen, prognostizieren die Wissenschaftler, räumen allerdings ein, dass solche Vorhersagen immer mit Unsicherheiten verbunden sind.
Auch langfristig Klimaziele nicht zu schaffen
Die Experten haben auch die Zeiträume nach 2030 betrachtet. So würden im Zeitraum von 2031 bis 2040 die Klimaziele ebenfalls verfehlt, die Treibhausgasneutralität sei weder bis 2045 noch bis 2050 zu erreichen. Der Rat empfiehlt der Politik, sich mit ihren Maßnahmen vor allem auf den Verkehrs- und Gebäudesektor zu konzentrieren.
Die Novelle des Klimaschutzgesetzes wurde erst Ende April im Bundestag verabschiedet, der Bundesrat hat es Mitte Mai gebilligt. Sollte es zu einer erstmaligen Zielüberschreitung kommen, ist die Bundesregierung nicht verpflichtet, sofort zu reagieren. Erst nach der zweiten Zielüberschreitung, die nach den Projektionen des Expertenrats im kommenden Jahr droht, müsse die Bundesregierung ein Sofortprogramm vorlegen. Auch die Projektionen bis 2030 verpflichteten die Regierung nicht, zu handeln, so das Gremium. Der Appell an die Politik lautet: „Vor diesem Hintergrund empfehlen, wir, dennoch nicht auf das abermalige Eintreten einer Zielverfehlung zu warten, sondern die zeitnahe Implementierung zusätzlicher Maßnahmen zu prüfen.“