Die Zusammenarbeit zwischen Hellmann und Shipzero ist langfristig angelegt. Bei Hellman sind bis zu zehn Mitarbeiter im Projektteam, die allerdings nicht nur daran arbeiten.

Bild: Hellmann
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Transparent von Grau zu Grün

23.04.2024

Um den CO₂-Ausstoß nachhaltig zu reduzieren, ist die Digitalisierung der Messungen ein wichtiger Schritt. Hellmann ist dazu eine Kooperation mit der Emissionsdatenplattform Shipzero eingegangen.


Bisher wurde für die Ermittlung von Emissionen beim Osnabrücker Logistikdienstleister Hellmann eine Überschlagsrechnung auf Basis von Durchschnittswerten gemacht. Um die Primärdaten zu erheben, die den tatsächlichen Ausstoß widerspiegeln, machte man sich auf die Suche nach einem Partner.

„Bei der Kooperation war uns wichtig, wie wir diese Daten managen können, um eine hohe Transparenz über die Emissionen zu erhalten und auf dieser Basis dann Handlungsmöglichkeiten zur Emissionsreduzierung abzuleiten“, erläutert Stefan Borggreve, Chief Digital Officer (CDO).

Bei der Suche stieß man auf die 2021 gegründete Emissionsdatenplattform Shipzero, die nach eigenen Angaben über 80 Millionen Transporte in mehr als 100 Ländern verfolgt und Daten aus Tausenden von verbundenen Fahrzeugen für die präzise Emissionskalkulation generiert. Nach einem sechsmonatigen Pilotprojekt zur technischen Anbindung von Primärdaten 2023 konzentrieren sich die Kooperationspartner nun im ersten Schritt auf den Landverkehr, für den bei Hellmann rund 2.000 Fahrzeuge im Einsatz sind.

Aller Anfang ist schwer

Herausforderungen gibt es einige: Bereits einen Pauschalwert für den Gap zwischen den bisherigen Durchschnittswerten und Originärdaten anzugeben, sei angesichts der Komplexität und Variabilität des Transportnetzwerkes mit diversen Produktbereichen von Hellmann schwer, unterstreicht Tobias Bohnhoff, Co-Founder und CEO von Shipzero. „Der präziseste Wert ist der direkte Energieverbrauch des Fahrzeugs, unabhängig davon, ob dieser batterieelektrisch oder konventionell mit Diesel ist. Das ist eine physikalische Größe, die ich anhand eines Energieemissionsfaktors umrechnen kann.“

Bei den Modellen werde mit Standardannahmen wie dem Beladungsfaktor und den Fahrzeugdaten gearbeitet und das pauschalisiert. Das Ergebnis: „Bei etwa 80 Prozent der Daten gibt es einen positiven Effekt, weil die verwendeten Faktoren einige Jahre alt sind und eben nur das generalistische Bild eines Durchschnitts abbilden“, so Bohnhoff. „Je nachdem, ob es sich zum Beispiel um einen Stückgut- oder FTL-Transport handelt, liegt die Abweichung durchschnittlich bei 5 bis 15 Prozent, beim einzelnen Transport kann sie aber auch doppelt oder halb so hoch sein.“

Eine Herausforderung wird im zunehmenden Energiemix liegen. „Dabei geht es darum, die Daten tiefer zu analysieren, um entsprechende Dekarbonisierungmaßnahmen implementieren zu können“, erklärt der Shipzero-CEO. „Dazu wird jede Sendung in ihre Teilabschnitte heruntergebrochen, zu denen jeweils viele Attributinformationen vorliegen, beispielsweise zum Fahrzeug, zum Kunden und dem Unternehmer“, erläutert Bohnhoff. „Darüber liegt eine Analyseschicht, die es ermöglicht, diverse Fragestellungen zu formulieren.“

CO₂ wird fester Planungsparameter

Dafür empfiehlt es sich, die 20 Prozent der Transportvorgänge herauszufiltern, in denen die meisten Emissionen erzeugt werden und zu prüfen, welche Maßnahmen – entweder Reduktion der gefahrenen Tonnenkilometer bereits in der Planung oder direkte Investitionen in die Flotte und alternative Kraftstoffe – hier sinnvoll sind.

„Derzeit erfassen wir für den gesamten Bereich Road und Rail den CO₂-Ausstoß für das Jahr 2023, allerdings noch nicht vollständig anhand von Primärdaten“, berichtet Borggreve. „Im nächsten Schritt sollen dann auch immer mehr Primärdaten einfließen.“ Angst vor der Realität hat der CDO nicht, im Gegenteil: „Ich freue mich auf diese Transparenz, weil die Wahrscheinlichkeit, dass wir dann die richtigen Themen finden und bewegen können, umso größer sein wird.“

Im Luft- und Seefrachtbereich kann Hellmann bereits recht genau messen. „Bei der Luftfracht ist entscheidend, ob die Fracht etwa mit einem Passagier- oder mit einem Frachtflugzeug transportiert wird, und ob es sich um einen Direktflug handelt oder nicht“, erläutert Borggreve. „Das können wir bereits heute messen und unseren Kunden Alternativen anbieten. Diesen Service wollen wir nun schrittweise in die gesamte Kundenreise einbinden, auch im Bereich Seefracht. Hier sind die genaue Reise des Schiffes sowie der Schiffstyp ebenfalls maßgeblich für die Berechnung.“

Am Ende hängt all das aber auch davon ab, wie viele Primärdaten man bekommen kann. „Bei der Luft- und Seefracht entsteht der größte Teil der Emissionen im Hauptlauf. Wir sind also darauf angewiesen, dass die Fluggesellschaften und Reedereien ihre Daten herausgeben“, unterstreicht der Hellmann-CDO. Bei den Reedereien werden auch aus Compliance-Gründen auf der Gesamtebene der Flotten Durchschnittswerte gebildet. „Diese gemittelten Primärdaten können wir nutzen“, so Bohnhoff.

Borggreve sieht drei große Herausforderungen: „Um wirklich etwas zu bewegen, braucht man zunächst einmal solide Daten über tatsächliche Verbräuche.“ Dazu ist es erforderlich, diese zu sammeln und dann in die richtige Struktur zu bringen, um die notwendige Transparenz zu schaffen. Diese Prozesse müssen neben der eigenen Firma auch bei Partnern oder Dienstleistern integriert werden.

Für dieses Jahr will Hellmann die weltweite Transparenz seiner Emissionen im Landverkehr erreichen, wenngleich noch nicht ausschließlich anhand von Primärdaten. Anschließend soll dies auch auf der Kundenebene gemessen werden. „Als Nächstes wollen wir den Anteil der Primärdaten weiter erhöhen und parallel prüfen, wie wir die Dekarbonisierung tatsächlich vorantreiben können, etwa durch Projekte zur Elektrifizierung und zu Bio-LNG“, sagt Borggreve.

All das wird das Kerngeschäft verändern. „Ich glaube, der CO₂-Fußabdruck wird als Planungsparameter eine Selbstverständlichkeit werden“, erwartet der CDO. Daraus ergibt sich auch, die Produktpalette zu erweitern und neue Services anzubieten. (ab)

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