Die globale Transportwirtschaft hat ein Problem: Sie trägt mit 8 Prozent einen erheblichen Teil zu den weltweiten CO2-Emissionen bei. Hinzu kommt, dass geopolitische Krisen, wie etwa die Angriffe der Huthi-Milizen auf Frachtschiffe im Roten Meer, Transportwege verlängern und neben höheren Treibstoffkosten auch für einen größeren CO2-Ausstoß sorgen.
Gleichzeitig verlangen gesetzliche Regelungen wie die europäische Nachhaltigkeitsrichtlinie CSRD nicht nur, dass die Emissionen sinken; sie halten die Unternehmen zudem zu einem detaillierten Reporting an. Für die Reedereien und Dienstleister ergibt sich daraus eine komplexe Aufgabe, die sie nur mit Software-Unterstützung bewältigen können: ihre CO2-Emissionen auf Sendungsebene zu erfassen und akkurat zu dokumentieren.
Die Erfahrung der vergangen Jahre zeigt, welche weitreichenden Auswirkungen geopolitische Krisen auf die globalen Handelsrouten haben. Seit Januar sind beispielsweise 80 Prozent der Schiffe gezwungen, anstelle des kurzen Weges nach Europa durch den Suez-Kanal Umwege über das Kap der Guten Hoffnung an der Südspitze Afrikas in Kauf zu nehmen, um den Gefahren durch die Huthi-Rebellen im Roten Meer zu entgehen.
Durch diese Routenverlängerung erhöht sich ihr Treibstoffverbrauch erheblich: Die Strecke ist deutlich länger und manche Reeder lassen ihre Schiffe mit höherer Geschwindigkeit fahren lassen, um Verzögerungen zu minimieren. Damit sie den rund 30 Prozent höheren CO2-Ausstoß kompensieren können, müssen viele Reedereien für ihr Emissions-Offsetting zusätzliche CO2-Zertifikate erwerben. Darüber hinaus steigen auch die Detention- & Demurrage-Gebühren, für Container und Schiffe, die länger als geplant im Hafen verbleiben; die Ankunftszeitprognosen (ETA) verschieben sich ebenfalls nach hinten.
Zu diesen operativen Kosten kommen schon bald bürokratische Herausforderungen hinzu. Die Anforderungen an das Nachhaltigkeits-Reporting gemäß der europäischen Nachhaltigkeitsrichtlinie CSRD sind umfangreich und zeitaufwendig: Unternehmen müssen detaillierte Angaben zu ihren CO2-Emissionen machen, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen und weiter wettbewerbsfähig zu bleiben. Dabei ist es keine leichte Aufgabe, die Treibhausgasemissionen genauer nachzuweisen.
Die Herausforderung beginnt in den Feinheiten: Je nach Wetterlage variiert der Verbrauch eines Container-Frachters deutlich. Solche Details machen es für Verlader anspruchsvoll, an korrekte, umfassende und detaillierte Informationen zur CO2-Belastung zu gelangen, die durch den Transport ihrer Güter entstehen. Gleichzeitig ist ein manueller Erfassungsprozess so fehleranfällig wie teuer. Hinzu kommen die unterschiedlichen Erfassungs- und Berechnungsmethodiken, wie etwa nach dem Global Logistics Emissions Council (GLEC) und der Agence de la transition écologique (ADEME).
Europäische Nachhaltigkeitsrichtlinie
Die EU-weit gültige Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), also die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, verpflichtet Unternehmen dazu, Berichte über ihre Handlungen auf nachhaltigkeitsrelevanten Themenfeldern zu erstellen. Dazu gehören unter anderem die CO2-Emissionen für sie durchgeführter Transporte sowie deren Auswirkungen. Zum European Sustainability Reporting Standard gehören insgesamt 1.178 Datenpunkte, die je nach Relevanz für das eigene Wirtschaften ausgefüllt werden müssen. Die Berichtspflicht ist mit zusätzlichem Aufwand verbunden, bietet den Unternehmen zugleich aber die Chance, sich durch nachhaltiges Wirtschaften positiv zu positionieren.
Exaktes Emissionsmonitoring
Unterstützung in diesem komplexen Prozess können Software-Plattformen bieten, die für die Echzeit-Transparenz von Transporten sorgen. Diese beziehen Echtdaten des globalen Schifffrachtverkehrs von einem darauf spezialisierten Anbieter und machen damit eine manuelle Erfassung obsolet. Neben dem Transportmonitoring erlauben sie so auch die Dokumentation der CO2-Emissionen im Schiffsverkehr.
Die Plattformen ermöglichen zudem Prognosen über die Passagezeiten und den CO2-Ausstoß der Schiffstransporte und erlauben so Simulationen effizienter Warenströme, die Kosten, Routen und Emissionen nachhaltiger gestalten helfen. Darüber hinaus lassen sich mit den Informationen auch die Hafengebühren deutlich besser managen.
Damit dies gelingt, benötigt die Plattform qualitativ hochwertige Daten. Dazu gehören sowohl historische Daten als auch aktuelle Informationen zum Wetter, der voraussichtlichen Route, möglichen Zwischenstopps und Transshipments sowie ladungsspezifische Informationen und zum jeweiligen Schiffstyp. Je präziser sie Details erfassen, desto verlässlicher fällt die Erfassung des Treibhausgasausstoßes aus.
Datengetriebene Supply-Chain-Transparenz bietet somit ein Bündel an Vorteilen: Unternehmen erhalten nicht nur einen detaillierten Überblick ihrer tatsächlichen Emissionen, sondern auch konkrete Handlungsempfehlungen, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Verlässliche und qualitativ hochwertige Daten erleichtern das Reporting und unterstützen Unternehmen dabei, Maßnahmen zur Emissionssenkung zu ergreifen. Dies ist nicht nur erforderlich, um die Vorgaben der CSRD erfüllen zu können; mit der Transformation zu einem nachhaltigen Wirtschaftssystem wird es auch zunehmend relevant für die Wettbewerbsfähigkeit, das Image und die Bewertung durch Investoren.
Zur durchgängigen Datenerfassung nutzen fortschrittliche Visibility-Plattformen Machine-Learning-Algorithmen, die große Datenmengen transparent auswerten und so eine verlässliche Basis für Entscheidungen bieten. Sie berücksichtigen Faktoren wie die Art des Transportmittels, zurückgelegte Kilometer, Energieträger, Verbrauchsdaten, Gewicht und Container-Größen. Dadurch können die CO2-Emissionen exakt berechnet und auf Container, Paletten oder einzelne Artikel heruntergebrochen werden.
Vorteile durch Nachhaltigkeit
Der erste Schritt zur Lösung der CO2-Problematik im Seefrachtverkehr besteht im Schaffen von Transparenz über den CO2-Ausstoß. Dies erleichtert nicht nur ein gesetzeskonformes Nachhaltigkeitsreporting, sondern hilft auch bei der Reduktion von Treibhausgasen. Unternehmen, die ihre Emissionen exakt überwachen und senken können, positionieren sich als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit. Damit erzielen sie nicht nur einen Wettbewerbsvorteil, sondern setzen auch ein wichtiges Signal für Kunden und Investoren, die zunehmend Wert auf einen niedrigen CO2-Fußabdruck legen. (loe)
Thomas Spieker ist Geschäftsführer DACH bei Shippeo