Grün ist nicht nur der Schriftzug. Auch die Transporte will Eckes-Granini immer „grüner“ und damit umweltfreundlicher gestalten.

Bild: Eckes-Granini

Möglichst viel auf die Schiene

04.07.2024

Eckes-Granini will mehr Transporte auf die Bahn verlagern. Der Getränkehersteller arbeitet mit Rail-Flow als neuem Partner zusammen. Mit dessen Plattform Intermodal Capacity Broker rückt vor allem der KV in den Fokus.

Als Vorreiter für eine digitale und nachhaltige Transportlogistik wollen sich viele Verlader profilieren. Eckes–Granini, Hersteller von Fruchtsäften und fruchthaltigen Getränken, ist dies bislang gelungen. Vor mehreren Jahren hat das Unternehmen aus Nieder-Olm (Rheinland-Pfalz) mit dem Handelskonzern Kaufland und zwei Speditionen auf der Plattform Shippeo ein Flotten-Sharing-Projekt für die gemeinsame Nutzung von Laderaum gestartet. Zudem arbeitete Eckes–Granini früher als viele Wettbewerber mit digitalen Lieferscheinen. Als erstes deutsches Unternehmen wurde es 2021 mit dem „3rd Star“ der internationalen Initiative „Lean & Green“ von GS1 Germany ausgezeichnet.

Kostengünstig und umweltschonend

„Wir haben unsere logistikbedingten Treibhausgasemissionen bislang seit 2012 um 35 Prozent reduziert“, sagt Steffen Riedel, Logistikchef von Eckes-Granini. Jetzt sollen es noch mehr werden. Ziel ist es, möglichst viele Straßengüterverkehre auf die Schiene zu verlagern. Seit über einem Jahr arbeitet er mit Rail-Flow in Frankfurt zusammen. Das Unternehmen bringt unter anderem Anbieter und Nachfrager intermodaler Door-to-Door-Transporte zusammen. Die einzelnen Prozessschritte werden digital abgebildet. Der Anwender gibt die gewünschte Route ein und teilt außerdem Daten über die zu transportierenden Waren mit. Er erhält dann meist mehrere Vorschläge für möglichst kostengünstige, schnelle und umweltfreundliche Routen.

Solche Prozesse wollte Eckes-Granini ursprünglich mit dem Programm EV-Plus realisieren, das DB Cargo 2021 für Einzelwagenverkehre aufgelegt hat. Als die Güterbahn dieses Angebot wegen der stark steigenden Energiekosten 2022 wieder einstellte, musste der Fruchtgetränkehersteller umplanen. „In dieser Situation kam das Angebot von Rail-Flow wie gerufen“, erinnert sich Riedel. Jetzt baut Eckes-Granini mit der Plattform Intermodal Capacity Broker (ICB), die Rail-Flow für Kombinierte Verkehre (KV) entwickelt hat, ein bundesweites Programm für die Verlagerung seiner Straßengüterverkehre auf. Dabei muss das Unternehmen den hohen Anforderungen vieler Handelskunden Rechnung tragen. In der Lebensmittellogistik sind Komplettladungen an der Tagesordnung, die binnen zwei Tagen zugestellt werden müssen.

„Wir liefern zu Wunschzeitfenstern aus“, sagt Riedel. Weil Eckes-Granini bereits viele Prozesse ab der Produktionsplanung optimiert und standardisiert hat, fallen getaktete Verkehre nicht schwer. Und weil die Getränkelogistiker in der Regel zwischen mehreren Verbindungen wählen können, melden sie bislang kaum verspätete Zustellungen. „Für viele Disponenten ist die Schiene trotz des DB-Cargo-Intermezzos Neuland“, räumt Riedel ein. Auf dem Rail-Flow-Portal konzentriert sich Eckes-Granini vorerst ausschließlich auf den deutschen Markt. Die Plattform selbst sieht sich jedoch als europaweiter Dienstleister. „Wir bilden über 7.000 KV-Verbindungen in 30 Ländern ab“, sagt Mona Prochnow, Senior Sales Managerin von Rail-Flow. „Jedes wichtige europäische Wirtschaftszentrum ist angebunden.“

München und Berlin als Zielorte

Bei der Verlagerung seiner Full-Truck-Load-Verkehre muss Eckes-Granini auf gewachsene Strukturen Rücksicht nehmen. „Wir konzentrieren uns auf lange Strecken“, sagt der Logistikchef. So sollen die Logistikzentren des Lebensmittelhandels in den Großräumen München und Berlin mittels intermodaler Verkehre beliefert werden. Standorte an Rhein-Ruhr oder rund um Hamburg werden hingegen weiterhin mit dem Lkw angefahren. Beide Ballungsräume liegen nahe den Werken im rheinländischen Hennef und im niedersächsischen Bad Fallingbostel.

„Wenn passende Bahnkapazitäten zu marktgerechten Preisen vorhanden sind, wollen wir bis zu 1.000 Verkehre im Jahre verlagern“, nennt Riedel ein erstes Ziel. Trotzdem müssen weiterhin viele Getränke im Straßengüterverkehr transportiert werden. Rund 21 Prozent der Touren fährt Eckes-Granini mit eigenen Lkw. Weil der Getränkehersteller keine Kompetenzen im Straßengüterverkehr verlieren will, wird er auch in Zukunft an diesen Fahrzeugen festhalten.

Zumal er mit intermodalen Verkehren keine Kosten spart. „Wir wollen mit der Verlagerung unsere CO2-Emissionen weiter senken“, versichert Riedel. Das Ziel heißt deshalb Kostenneutralität. Hier ist auch Rail-Flow gefordert. Das Unternehmen will möglichst viele Logistikdienstleister und Operateure als Partner gewinnen. „Mehrere 100“ Straßengüterverkehrsunternehmen haben sich laut Prochnow mittlerweile zu den rund 50 Operateuren registriert. Das Spektrum reicht vom Branchenriesen Hellmann bis hin zur lokalen Spedition mit Einzelfahrzeugen. Mit Eckes-Granini hat erstmals auch ein Verlader Zugriff auf dieses Netzwerk.

„Wir sind noch im Aufbau“, sagt Riedel. Wie viele Verkehre am Ende wirklich intermodal organisiert werden, ist seiner Meinung nach schwer abzuschätzen. Mit Rückschlägen muss er jederzeit rechnen. Beispielsweise wenn wieder gestreikt wird und damit Züge ausfallen.

Herausforderung Generalsanierung

Auch die mehrmonatigen Sperrungen von Strecken im Rahmen der Generalsanierung des Schienennetzes könnten die Verlagerungen verzögern. Das erste Sanierungsprojekt – die Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim – zeigt jedenfalls bislang, dass für den Verlader Eckes-Granini keine gravierenden Probleme entstehen. Bei Sanierungen auf Strecken zwischen Nürnberg und Regensburg (2026) oder Würzburg und Nürnberg (2028) könnte es jedoch schwieriger werden. Da wird es darauf ankommen, dass das aktualisierte Angebot des ICB durch eine enge Zusammenarbeit zwischen den Operateuren und Rail-Flow sorgfältig abgebildet wird.

Bei unvorhergesehenen Problemen müssen der Plattformanbieter und der Dienstleister durch besonders viel Flexibilität überzeugen. Nur dann wird es gelingen, viele der 240 Millionen Liter Getränke, die Granini-Eckes jährlich in Deutschland ausliefert, per Bahn zu befördern. (cd)

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