Emissionsfreie Lkw dürfen wochentags die österreichische Brennerautobahn A13 nachts ohne Einschränkungen befahren.

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Mit dem Lkw nachts über den Brenner

28.02.2025

Die Spedition Dettendorfer will gemeinsam mit Gruber Logistics die Tiroler Fahrverbote umgehen. Die Partner streben emissionsfreie Transporte für zeitkritische Güter mit einem batterieelektrischen Fahrzeug an.

Georg Dettendorfer wird es auf dem Weg nach Italien zu eng. Dem Vizepräsidenten der IHK München und Oberbayern und Vorsitzenden des IHK-Verkehrsausschusses missfällt, dass der Verkehr immer zäher fließt und die Transporte durch den Brennerkorridor kaum noch planbar sind. Mit den neuen Samstagsfahrverboten auf der Strecke sei es auch nicht mehr sinnvoll, freitags auf Italientouren zu starten. Angesichts der einspurigen Verkehrsführung über die Luegbrücke sei das Risiko zu hoch, dass seine Fahrer nicht rechtzeitig vor den Fahrverboten zurück sind und dann das Wochenende an einer österreichischen Autobahn verbringen müssen.

Deshalb hat der Spediteur einen Plan entwickelt, das Nadelöhr ungehindert zu passieren: Gemeinsam mit der Südtiroler Gruber Logistics will Dettendorfer einen täglichen Pendelverkehr zwischen Raubling und Ora bei Bozen mit Elektro-Lkw über die Brennerautobahn aufnehmen. Denn emissionsfreie Lkw dürfen nachts sowohl im Tiroler Inntal als auch auf der A13 fahren und zahlen zudem deutlich weniger Streckennutzungsgebühren: „Auf Elektro-Lkw entfällt in Österreich nur ein Viertel der Maut für Dieselfahrzeuge und von der doppelten Nachtmaut für Ausnahmeverkehre auf der Brennerstrecke sind sie ebenfalls ausgenommen“, erklärt Dettendorfer.

Voll aufgeladen auf Tour

An der deutschen Inntalautobahn bei Raubling betreibt der Unternehmer gemeinsam mit dem lokalen Stromversorger Energie Süd­bayern über die Tochterfirma Dettendorfer Energy ein Terminal, an der das Fahrzeug für die rund 240 Kilometer lange Berg-und-Tal-Strecke aufgeladen wird. Auf der anderen Seite der Alpen hat in Bozen vor wenigen Tagen die erste Lkw-taugliche Ladestation eröffnet. „Das gibt uns die Möglichkeit, einen Shuttle-Verkehr mit batterieelektrischem Fahrzeug einzusetzen“, freut sich der Spediteur. Selbst die Akkukapazität von Elektro-Lkw mit der größtmöglichen Reichweite habe zuvor nicht für den Hin- und Rückweg genügt.

Allerdings haben die Elektro-Lkw noch wirtschaftliche Nachteile: „Weder Gruber noch wir selbst können bisher preiswerten Solarstrom nutzen, deshalb liegen wir im günstigsten Tarif knapp unter 40 Cent pro Kilowattstunde“, sagt Dettendorfer. Die Mehrkosten liegen demzufolge je nach Tourenlänge und Kundenanforderungen für das emissionsfreie Fahrzeug zwischen 8 und 25 Prozent. Das sind rund 100 bis 300 Euro, hat der Unternehmer ausgerechnet.

„Der Plan geht angesichts der Fahrzeugkosten aber nur auf, wenn der E-Lkw pro Tag noch eine zweite Schicht im Nahverkehr absolvieren kann“, unterstreicht Dettendorfer. Elektrische Sattelzugmaschinen mit entsprechender Reichweite seien mit Preisen zwischen 300.000 und 320.000 Euro – je nach Hersteller – noch rund dreimal so teuer wie ihre Dieselpendants.

Eine Idealtour, bei der seine Wirtschaftlichkeitsberechnungen eintreten, stellt sich der oberbayerische Transporteur wie folgt vor: „Wir haben keine Zeit für langwierige Ladeprozesse, deshalb satteln wir bei Gruber direkt um und versorgen den Lkw in Bozen mit genügend Strom für den Rückweg.“ Nach der Ankunft in Raubling müsse das Fahrzeug dann zunächst rund 100 Minuten aufgeladen werden, ehe es auf die Verteilertour gehen könne.

Trotz allem ist sich Dettendorfer sicher, mit dem Angebot ins Schwarze zu treffen. „Der Vorteil unseres Modells ist die hohe Planbarkeit: Wir fahren dann über den Brenner, wenn es keine Staus und Verzögerungen gibt“, betont er. Das lohne sich besonders für zeitkritische Transporte von Medikamenten, Autoersatzteilen oder Lebensmitteln. „Wir wollen zeigen, dass die Transportwirtschaft umweltfreundliche Alternativen findet, um die stark frequentierte Strecke zu entlasten“, betont der Vorsitzende des IHK-Verkehrsausschusses. Natürlich sei es noch nicht möglich, jede seiner 50 bis 60 Italientouren täglich zu elektrifizieren. „Aber wenn bis zu 300 emissionsfreie Fahrzeuge nachts unterwegs wären, könnten wir die Strecke deutlich entlasten“, sagt er. Insbesondere die Südtiroler Landesregierung sei von der Idee angetan und wolle rasch weitere Ladestationen an der A22 schaffen.

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