Die schwimmende Regasifizierungsanlage im neuen von NPorts gebauten Hafen in Stade. Von hier aus sollen jährlich 5 ­Milliarden Kubikmeter Erdgas in das Fernleitungsnetz eingespeist werden.

Bild: Martin Elsen

Im Wandel für die Energiewende

16.09.2024

Der öffentliche Hafenbetreiber Niedersachsen Ports macht ­seine Seehäfen fit für die Zukunft. Allein im laufenden Jahr investiert die Hafengesellschaft rund 92 Millionen Euro in die Standorte.

Die Themen Transformation, Energiewende und Versorgungssicherheit setzen die Schwerpunkte für die Entwicklung der Häfen. Liegeplätze für den Ausbau der Offshore-Windenergie, neue Umschlagmöglichkeiten für Wasserstoffderivate sowie LNG bestimmen den Arbeitsplan der Niedersachsen Ports, kurz NPorts. Rund 92 Millionen Euro sollen 2024 investiert werden, für die laufende Instandhaltung der Hafenanlagen sind zusätzlich rund 53 Millionen Euro angesetzt.

„Mit den globalen Entwicklungen der letzten Jahre sind die Erwartungen an die Häfen für alle sichtbar geworden. Sie sind deutlich gewachsen. Deshalb gestalten wir Transformationsprozesse, um Stabilität und Verbindlichkeit zu schaffen“, erklärt Holger Banik, Geschäftsführer von Niedersachsen Ports. „Wir tragen mit aller Kraft dazu bei, mit unseren leistungsstarken Häfen den wirtschaftlichen Wandel sowie die Energiewende zu unterstützen. Die beiden Anleger für verflüssigte Gase in Wilhelmshaven und Stade zeigen dies eindrucksvoll“, so Banik weiter.

Die Hafengesellschaft analysiert dazu regelmäßig die Potenziale jedes Standortes und leitet daraus Maßnahmen ab. Untersucht werden beispielsweise die Verkehrsanbindung, Umschlagentwicklungen und Kundenprofile bis hin zu nationalen und globalen Wirtschaftstrends. Dazu entwickelt NPorts für seine Standorte sogenannte Perspektivpapiere.

Wasserstoffderivate

„Die solide Vorbereitung der Hafeninfrastruktur wird auch zukünftig den Pfad von NPorts bestimmen. Die niedersächsischen Häfen stehen für Beständigkeit und Zuverlässigkeit, indem sie über Umschlag insbesondere von Nahrungsmitteln und Energieprodukten die Versorgung sichern und die Energiewende mitgestalten. Für den Wechsel von fossilen zu erneuerbaren Energien sind und werden die Hafenanlagen vorbereitet und schaffen nahtlos den Übergang“, sagt Banik. So könnten an den Flüssiggasterminals in Stade und Wilhelmshaven neben LNG künftig auch Wasserstoffderivate oder sogenannte „grüne Moleküle“ angenommen werden.

Im Jahr 2023 hat NPorts nach eignen Angaben rund 72 Hektar Fläche an Kunden vermarktet, davon rund 45 Hektar an Neukunden. Hier hebt NPorts besonders die Ansiedlung der Lithium-Raffinerie Livista in Emden und die Ansiedlung der Wasserstoffproduktionsfirma Lhyfe im Hafen Brake hervor. Weitere Ansiedlungserfolge habe es in Wilhelmshaven gegeben: Rund 24 Hektar Fläche seien zum großen Teil an bereits ansässige Kunden vermittelt worden.

In diesem Jahr sollen rund 10,3 Millionen Euro für die Modernisierung der Hafenbahnen in den jeweiligen Häfen aufgewendet werden, kündigt Banik an: „Diese Ausgabe stützt den reibungslosen Ablauf der Güterverkehre aus dem und in das Hinterland. Allein im Hafen Brake werden knapp 30 Prozent des Umschlags über die Bahn abgewickelt.“

Apropos Brake: Rund die Hälfte der Güter, die über diesen Weserhafen abgewickelt werden, setzt sich aus Futtermitteln, Getreide und Düngemitteln zusammen. So werden nach Angaben von NPorts rund 40 Prozent des Futtermittelumschlags Deutschlands auf dem Seeweg über den Hafen Brake umgeschlagen.

Die Agrarwirtschaft steht jedoch vor Herausforderungen: Die Weser ist für die wachsenden Schiffsgrößen nicht ausgelegt, so dass der Umschlag über den Hafen Brake aus Wettbewerbsgründen gefährdet ist, sollte es keine Anpassung der Fahrrinne geben, befürchtet NPorts: Rund 76 Prozent der Schiffe mit einer Größe von über 40.000 Tonnen Tragfähigkeit hätten den Hafen Brake nicht voll beladen anlaufen können. NPorts setzt sich dafür ein, dass die Anpassung der Weser umgesetzt werden kann, um so die Wettbewerbsfähigkeit des Hafens, den Umschlag und zahlreiche Arbeitsplätze in der Region für die Zukunft zu sichern. Mit der Anpassung habe der Hafen Brake zudem deutlich höhere Güterumschlagpotenziale.

Großschiffliegeplätze in Brake

Im vergangenen Jahr ertüchtigte NPorts für 10 Millionen Euro den ersten Großschiffsliegeplatz im Hafen und begradigte einen Knick in der Fenderlinie, so dass ein zweiter Großschiffsliegeplatz entstehen konnte. „Das Profil des Hafens als Agrardrehscheibe wird dadurch deutlich gestärkt“, erläutert Banik, „so können mehr Großschiffe in dem Weserhafen gleichzeitig abgefertigt werden. Das ist wichtig, um den reibungslosen Umschlag der zu erwartenden steigenden Gütermengen zu gewährleisten.“

Für die weitere Hafenentwicklung ist ab 2024 die Vorbereitung für das Genehmigungsverfahren für einen dritten Großschiffsliegeplatz am Niedersachsenkai geplant. Dieser wird relevant für den Umschlag von Onshore-Windkraftanlagen, Holz und Stückgütern.

Viel tut NPorts auch am Standort Cuxhaven: Der Hafen an der Elbmündung gilt als die Offshore-Basis Nummer eins in Deutschland für den Umschlag von Windkraft-Elementen. Ein Großteil der Komponenten von Windkraftanlagen wird im Ausland produziert und auf dem Seeweg nach Deutschland importiert, so dass den Seehäfen bei der Energiewende eine besondere Rolle zukommt. Für den Umschlag und die Lagerung der stark ansteigenden Zahl an Komponenten für die On- und Offshore-Windenergie werden Flächen benötigt, die nicht nur in Cuxhaven nahezu erschöpft sind. Eine Erweiterung der Umschlagmöglichkeiten kann hier durch den Bau der Liegeplätze 5 bis 7 erfolgen. Hierdurch würde eine zusätzliche schwerlastfähige Logistikfläche von 28 Hektar für den Umschlag von On- und Offshore-Windkraftanlagen entstehen. „Eine Genehmigung für den Bau liegt bereits vor, die Ausschreibung der Bauleistungen erarbeiten wir derzeit. Mit der entsprechenden Finanzierung können wir die dringend benötigten Liegeplätze in rund drei Jahren Bauzeit fertigstellen“, erwartet Holger Banik.

NPorts habe dazu im April eine EU-Notifizierung beantragt, das Prüfergebnis soll Anfang September vorliegen. Dabei wird geprüft, ob das Projekt beihilferechtskonform ist und somit die staatliche Unterstützung den Regeln und Vorschriften des EU-Beihilferechts entspricht. Zum Hintergrund: Beihilfen dürfen den Wettbewerb im EU-Binnenmarkt nicht verzerren oder unzulässige Vorteile gewähren.

Erdgaseinspeisung über Stade

Ein drittes markantes Beispiel für die NPorts-Aktivitäten ist Stade und die Weiterentwicklung des Standorts an der Elbe zu einem neuen Hafen für die Energiewende. Das Unternehmen hat dazu im Dezember 2023 nach weniger als einem Jahr Bauzeit einen funktionstüchtigen Hafen errichtet und an die Nutzer übergeben. Zunächst sollen hier über eine schwimmende Regasifizierungsanlage (FSRU, steht für Floating Storage and Regasification Unit) jährlich 5 Milliarden Kubikmeter Erdgas in das Fernleitungsnetz eingespeist werden. Zusammen mit dem LNG-Terminal in Wilhelmshaven erreicht die gesamte Importkapazität der NPorts-Häfen dann rund 10 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr.

Zusätzlich wird in Stade derzeit das landgestützte Terminal der HEH (Hanseatic Energy Hub) entwickelt, es soll nach seiner Fertigstellung einen Umschlag von 13,3 Milliarden Kubikmeter LNG-Gas ermöglichen. Über den Anleger für verflüssigte Gase (AVG Stade) soll das Flüssiggas dann direkt an Land regasifiziert werden – die FSRU wird künftig nicht mehr benötigt.

Nach Fertigstellung des landgestützten LNG-Terminals werden die Importkapazitäten zusammen mit dem LNG-Terminal in Wilhelmshaven ab 2027 bei 18 Milliarden Kubikmetern Erdgas pro Jahr liegen. Dadurch könnten über die NPorts-Häfen rund 20 Prozent des deutschen Gasbedarfs gedeckt werden, hat die Hafengesellschaft errechnet. (jpn)

Hafenmanager

Niedersachsen Ports ist Eigentümer und Betreiber von fünf Seehäfen, sieben Inselversorgungshäfen und drei Regionalhäfen an der deutschen Nordseeküste. Sitz der Gesellschaft ist Oldenburg. Mit den Niederlassungen in Brake, Cuxhaven mit Außenstelle in Stade, Emden und Wilhelmshaven managt Niedersachsen Ports die Hafeninfrastruktur in den großen Seehäfen des Landes Niedersachsen. Die Niederlassung Norden betreibt zudem die Versorgungshäfen für die Ostfriesischen Inseln. Nach eignen Angaben sichern die Häfen Arbeitsplätze für rund 47.000 hafenabhängige Beschäftigte.

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