Die nachhaltigen Mehrweg-Versandlösungen von Hey Circle in acht verschiedenen Größen reduzieren sowohl CO₂-Emissionen als auch Abfall.

Bild: Hey Circle

Hey Circle: „Endkunden zeigen deutlich, dass sie sich mehr Nachhaltigkeit wünschen"

12.07.2023

An dieser Stelle präsentieren wir unseren Lesern regelmäßig junge Unternehmen aus der Logistik- und Transportbranche. Wie kommt man dazu ein Start-up zu gründen, was bewegt junge Unternehmer und wie verändert sich die Branche? Hey Circle hat sich zum Ziel gesetzt, die Logistik mithilfe von Mehrweg-Versandverpackungen nachhaltiger zu gestalten.

Warum haben Sie ein Start-up in der Logistik gegründet und dabei den Schwerpunkt auf die Nachhaltigkeit gelegt?

Die Idee für Hey Circle ist aus einer Erfahrung geboren, die wir alle jeden Tag machen: Der Onlinehandel macht unser Leben einfacher, der Müllberg, den die Einweg-Versandverpackungen hinterlassen, tut aber weh. Gemäß dem 3R-Konzept – Reduce, Reuse, Recycle – wurde Hey Circle gegründet, um mit Mehrweg-Versandverpackungen CO₂-Emissionen und Abfall-Aufkommen drastisch zu reduzieren. Natürlich nicht nur im Endkundenversand, sondern auch in der Intralogistik. Und siehe da, das Timing ist auf der Seite der Mutigen: Endkundinnen und Endkunden zeigen Unternehmen deutlich, dass sie sich mehr Nachhaltigkeit wünschen. Die CSR-Ziele von Organisation werden konkreter, und schließlich regelt das Verpackungsgesetz neu, welche Verpackungen in Verkehr gebracht und wie sie genutzt und entsorgt werden sollen.

Welches Problem bei der Nachhaltigkeits-Transformation von Unternehmen entlang der Lieferkette lösen Sie?

Beim Versand in der Logistik und Intralogistik sind aktuell viele Einweg-Verpackungen im Einsatz, deren Herstellung und Entsorgung große Mengen an Abfall und CO₂-Emissionen verursachen – pro Sekunde sprechen wir von 50 kg Abfall und 100 kg CO₂ allein in Deutschland. Dabei steigen auch noch die Kartonpreise stetig. Wir bieten eine Alternative: Unternehmen können faltbare, robuste und leichte Versandboxen und Versandtaschen mieten, die lange im Umlauf sind und so Abfall und CO₂ einsparen. Wir lassen die genaue CO₂-Bilanz unserer Produkte genau ermitteln, so dass Unternehmen ihr individuelles CO₂- und Abfall-Einsparpotential ausrechnen können, und sorgen dafür, dass der Versand wirklich nachhaltig ist.

Wo haben etablierte Logistikdienstleister bei der Nachhaltigkeitstransformation den größten Nachholbedarf?

Generell braucht es noch mehr Bereitschaft, neue Lösungen auszuprobieren und weiterzuentwickeln. Häufig scheitern Projekte nicht an der Kostenfrage oder dem Willen zu einem nachhaltigeren Unternehmen, sondern daran, dass Verantwortliche keinen Fehler machen wollen. Gerade Testprojekte sind aber mit geringem Aufwand umzusetzen und bieten gleich noch die Chance, neue Lösungen gemäß den eigenen Bedürfnissen weiterentwickeln zu lassen. Bei der eigentlichen Kosten-Nutzen-Rechnung werden leider die Kosten für die gesamtgesellschaftlichen Folgen außer Acht gelassen. Um einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen, braucht es daher eine faire Berechnung von Mehrweg und Einweg. Dabei hilft es, Kunden und Partner über die eigenen Maßnahmen zu informieren und nachhaltige Lösungen zur Wahl zu stellen, selbst wenn man noch nicht perfekt nachhaltig ist.

Hinsichtlich Mehrweg-Verpackungen braucht es außerdem mehr Bewusstsein dafür, wie wichtig die Retourenquote für die Nachhaltigkeits-Bilanz ist. Denn seien wir mal ehrlich: Eine Wegwerf-Verpackung ist natürlich erstmal sparsamer in der Herstellung als eine stabile, auf 50 Umläufe ausgelegte Transportverpackung. Wenn die Return-Rate lediglich 80 Prozent beträgt, fliegt die Verpackung nach fünf Umläufen aus der Bilanz, der Break Point bei CO₂, Abfall und Kosten wird nicht erreicht. Das wird von vielen Mehrweg-Anbietern nicht offen kommuniziert. Deshalb streben wir eine Retouren-Quote von 99 Prozent an.

Es gibt aber auch gute Nachrichten: Immer mehr Unternehmen fahren genau die oben genannten Tests und setzen neue Standards. Alle großen Paketdienstleister interessieren sich bereits für Mehrwegversand und arbeiten aktiv daran mit, zum Beispiel über reduzierte Kosten für Leer-Retouren oder die Bündelung von Verpackungs-Retouren.

Welchen Sektor/Teil der Logistik adressiert Ihr Unternehmen konkret?

Wir unterstützen sowohl E-Commerce-Unternehmen im B2B und im B2C als auch Intralogistik-Kunden. Wir bieten zum einen die nachhaltigen Transportverpackungen in aktuell acht verschiedenen Größen an. Zum anderen haben wir eine Cloud-Plattform entwickelt, die sich an das Shop-System anschließen lässt, um ein nachgelagertes Pfandsystem für B2C-Kunden zu ermöglichen. Unsere Verpackungen lassen sich über die gewohnten Paketdienstleister und zum Teil direkt über den Briefkasten verschicken und retournieren.

Wer sind Ihre Partner und Kunden?

Generell sind das First Mover, die sich nachhaltigeres Handeln zum Ziel gesetzt haben. Häufig starten Unternehmen damit, Hey Circle testweise der Intralogistik einzusetzen und weiten es dann in den B2C-Versand aus. Bei E-Commerce-Unternehmen, die sich an Endkunden richten, ist eine hohe Retourenquote auf jeden Fall ein Thema – also insbesondere die Fashion-Industrie. Häufig gibt es bei den Hey Circle Kunden aber auch einen geschlossenen Kreislauf, etwa bei Miet- oder Abo-Modellen. Für ungekühlte Lebensmittel werden die Boxen auch gerne verwendet. Wir entwickeln zudem gerade eine Verpackung für den gekühlten Transport von Lebensmitteln und Medikamenten.

Sobald sich ein Unternehmen im B2B bewegt, gibt es keine Fokussierung auf eine bestimmte Branche: Hey Circle Versandverpackungen werden sowohl für dentale Halbfertigteile als auch Rohmilchgütetests wie auch maßgefertigten Gehörschutz oder Podcast-Equipment genutzt.

Welches Marktpotenzial für Nachhaltigkeitslösungen in der Logistik beziehungsweise entlang der Lieferkette sehen Sie?

Bezogen auf Mehrweg-Transportverpackungen ist das Marktpotential gigantisch und wird von der EU-Verpackungsnovelle gesichert. Für E-Commerce-Verpackungen wird ab 2030 eine Mehrwegquote von 10 Prozent, ab 2040 eine Quote von 50 Prozent diskutiert. Rein rechnerisch erhält jeder Verbraucher beziehungsweise jede Verbraucherin in Deutschland pro Jahr 40 Pakete. Gleichzeitig ist für 43 Prozent der Kundschaft die Verpackung der wichtige Nachhaltigkeitsaspekt. Der Handlungsdruck für den E-Commerce ist also da. Mit Hey Circle avisieren wir deshalb circa 83 Millionen Versendungen bis 2027.

Wo kann Ihr Unternehmen selbst noch nachhaltiger werden?

Wir wollen unsere Produkte mit einem höheren Rezyklat-Anteil herstellen – das wird schon ab der nächsten Produktion der Fall sein. Gemeinsam mit Kunden und Partnern arbeiten wir auch daran, Verpackungsmaterial zu reduzieren, zum Beispiel durch Straps oder Einbauten. Ein wichtiges Thema ist zudem die Verlagerung der Produktion nach Europa, hier sind wir in Verhandlung mit Partnern. Kurz gesagt: Wir sind noch nicht perfekt nachhaltig, aber jeden Tag ein bisschen mehr.

Ist eine klimaneutrale Logistik ein realistisches Zukunftsszenario? Wann könnte es so weit sein?

Es wäre schön, mit einem „Ja“ zu antworten. Aber: Nein. Alles, was wir tun, hinterlässt einen Fußabdruck. Wir können uns aber dafür engagieren, diesen Fußabdruck so gering wie möglich zu halten und durch nachhaltige Maßnahmen auszugleichen. Wichtige Meilensteine sind dabei die Reduzierung von Verpackungsmüll, Pooling-Systeme und eine nachhaltigere letzte Meile.

Welche Frage hätten wir euch noch stellen sollen? Und wie hätte eure Antwort darauf gelautet?

„Seid ihr überhaupt nachhaltig?“ Das ist nämlich eine Frage, die uns häufig gestellt wird . Schließlich müssen unsere Verpackungen jedes Mal zurückgeschickt werden und erzeugen bei der Herstellung mehr Abfall und CO₂-Emissionen als Einwegverpackungen. Ökopol rechnet deshalb für uns regelmäßig nach: Die Hey Circle Box in der Größe L spart im Vergleich zum Einwegkarton nach 50 Umläufen 94 Prozent Abfall und 76 Prozent CO₂-Emissionen – inklusive Rücksendungen und Herstellung in Asien. Mit der geplanten Erhöhung des Rezyklat-Anteils und der Verlagerung unserer Produktionsstätte wird der Impact noch größer. Jetzt ist es an der Zeit, dass wir eine Frage stellen: Wer will mit uns den Mehrweg gehen?

Fakten zum Unternehmen

• Unternehmen: hey circle GmbH
• Sitz: München
• Gründungsjahr: 2021
• Ansprechpartner: Doris Diebold (Gründerin und CEO)

Bildergalerie

  • Morris Kurz, CTO, mit Doris Diebold, Gründerin und CEO.

    Morris Kurz, CTO, mit Doris Diebold, Gründerin und CEO.

    Bild: Hey Circle

  • Mittels einer Plombe wird die Box verriegelt.

    Mittels einer Plombe wird die Box verriegelt.

    Bild: Hey Circle

  • Die Versandbox kann mit einem Sicherheitssiegel versehen werden.

    Die Versandbox kann mit einem Sicherheitssiegel versehen werden.

    Bild: Hey Circle

  • Die Verpackungen lassen sich platzsparend falten und sind wasserabweisend.

    Die Verpackungen lassen sich platzsparend falten und sind wasserabweisend.

    Bild: Hey Circle

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