Ob grünes Ammoniak, E-Methanol oder E-Methan: Für die klimaneutralen Treibstoffe für die Schifffahrt der Zukunft werden enorme Mengen grünen Wasserstoffs als Vorprodukt benötigt. Letzterer muss dazu in industriellem Stil per Elektrolyse von Wasser und unter Einsatz erneuerbarer Energien hergestellt werden. Bislang gehen Schätzungen, die auch von Schifffahrtsorganisationen wie dem World Shipping Council (WSC) geteilt werden, von drei- bis viermal höheren Kosten für die neuen synthetischen Kraftstoffe aus. Zu einer negativeren Einschätzung kommt die Reederei Peter Döhle in einer aktuellen Untersuchung. Dieser zufolge liegen die Kosten für grünes Methanol oder Ammoniak sieben- bis achtmal so hoch wie der Marktpreis für schwefelarmes Schweröl (VLSFO). Grund dafür sei der hohe finanzielle und technische Aufwand für die Elektrolyse, das heißt für die Spaltung von Wasser in Sauerstoff und den für die alternativen Treibstoffe benötigten grünen Wasserstoff.
Elektrolyseure als Kostentreiber
Den Berechnungen von Döhle-Chefvolkswirt Thomas Hartwig zufolge belaufen sich die Elektrolysekosten für Wasserstoff auf Basis aktueller Investitions- und Betriebskosten für große Anlagen auf mindestens 3.248 Dollar/ Tonne gegenüber einem Äquivalenzpreis (bei gleichem Energiegehalt) von 600 Dollar/Tonne für VLSFO.
Dollar/ Durch die Weiterverarbeitung etwa zu grünem Ammoniak erhöhe sich der Betrag auf rund 5.000 Tonne. Größter Kostentreiber seien die Aufwendungen für erneuerbare Energien für den Betrieb der Elektrolyseure. Es sei unwahrscheinlich, dass die Energiewirtschaft in absehbarer Zeit auch nur einen Bruchteil des Bedarfs an grünem Wasserstoff für die Schifffahrt wird bereitstellen können, schreibt Hartwig. Aus einer Projektübersicht für Elektrolyseure der Internationalen Energieagentur (IEA) gehe hervor, dass bis zum Jahr 2030 weltweit nur 13 Projekte realisiert werden können, die aufgrund ihrer Leistung für die Schifffahrt als Großabnehmer interessant seien. Die Gesamtkapazität belaufe sich auf 4,8 Millionen Tonnen (VLSFO-Äquivalent) grünem Wasserstoff pro Jahr – gegenüber einem Treibstoffbedarf für die Schifffahrt von weit mehr als 200 Millionen Tonnen pro Jahr.
Der Branchenverband der Methanolindustrie, das Methanol Institute, prognostiziert, dass sich die Herstellungskosten für grünes Methanol aus elektrolysiertem Wasserstoff bis 2050 um fast zwei Drittel absenken ließen. Dann wäre das Produkt nur noch rund dreimal so teuer wie VLSFO. Ein Sprecher der Reederei Maersk, die massiv in Containerschiffe mit Methanolantrieb und eine eigene Lieferkette für grünes Methanol investiert, erklärte, das Unternehmen lege seine eigenen Kosten für die alternativen Treibstoffe nicht offen. Es sei aber klar, dass die fossilen Brennstoffe mit einer viel höheren Emissionsabgabe belegt werden müssten, damit die Transformation der Schifffahrt gelinge.
Das Bremer Beratungsunternehmen Liberty Pier Maritime Projects, das sich auf Schiffsprojekte mit alternativem Antrieb konzentriert, argumentiert, dass sich grünes Methanol schon heute dort „kosteneffizient“ herstellen lasse, wo grüner Strom günstig verfügbar sei. „Durch Skalierung der Produktion wird zeitnah ein wettbewerbsfähiges Preislevel erreicht werden“, sagt Geschäftsführer Dietrich Schulz. Der Aufpreis sei für den Endverbraucher kaum zu spüren, „er bewegt sich pro einem Paar Turnschuhe im Cent-Bereich“. Schulz beobachtet aber auch, dass der Ausbau der Kapazitäten für grünes Methanol nicht schnell genug voranschreite. Die Zahl der Abnehmer, die Lieferverträge unterzeichnen, steige kontinuierlich. Erst für die Jahre ab 2026 seien freie Mengen verfügbar. Der Bedarf werde die Verfügbarkeit wohl auf absehbare Zeit übersteigen. (ol)