Wie eng wird es künftig im Straßengüterverkehr? Eine Prognos-Studie im Auftrag von Greenpeace zweifelt die Ergebnisse der BMDV-Prognose an.

Bild: IMAGO / Jochen Tack

Greenpeace kritisiert Basis der BMDV-Verkehrsprognose

24.01.2024

Die Umweltschutzorganisation beklagt einseitige Grundannahmen, die Investitionen in den Straßenbau rechtfertigen sollen. Gemeinsam mit dem Verband Transport and Environment hat sie deshalb beim Schweizer Analyseinstitut Prognos eine alternative Studie in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse jetzt vorliegen.

Mit der Veröffentlichung üben Greenpeace und Transport and Environment als Dachorganisation europäischer Vereinigungen, die sich für einen nachhaltigen Verkehr einsetzen, scharfe Kritik am Bundesverkehrsministerium (BMDV). Die im Frühjahr 2023 vorgelegte bis zum Jahr 2051 reichende Verkehrsprognose des BMDV verzerre durch einseitige Annahmen die vorhergesagte Verkehrsnachfrage bewusst zugunsten der Straße.

Die beiden Umweltverbände haben deshalb das Schweizer Analyseinstitut Prognos mit einer alternativen Projektion beauftragt, die 17 wesentliche Grundannahmen eines Szenarios mit 123 Prämissen stärker an den Klimaschutzzielen der Bundesregierung orientiert. Für den Straßengüterverkehr weichen die jetzt vorgelegten Ergebnisse deutlich von den BMDV-Zahlen ab: Prognos sagt für 2051 lediglich eine Zunahme um 20 Prozent gegenüber 2019 voraus, dem Basisjahr beider Studien; die Analysten von Intraplan kamen für die Wissing-Behörde auf einen Anstieg um 54 Prozent.

Diese Zunahme vorherzusagen, sei eine politische Entscheidung. Sie überzeichne Trends, um den Status quo der Verkehrswegeplanung fortschreiben zu können, kritisiert Greenpeace in einer Mittelung zur Veröffentlichung der eigenen Studie. „Es braucht keinen zusätzlichen Meter Autobahn, sondern einen Verkehrsminister mit dem Willen zur politischen Veränderung“, betont Marissa Reiserer, Mobilitätsexpertin der Umweltschutzorganisation.

Schiene legt zu, wenn der Straßenpreis steigt

Wie die Veränderung aussehen soll, zeigt die alternative Studie: Die drastische Mauterhöhung und der stark steigende CO₂-Preis könnten laut Prognos für einen signifikanten Nachfragerückgang bei Straßentransporten sorgen, wenn auch noch der Steuervorteil für Diesel entfalle. Bis zum Jahr 2030 werde dann ausschließlich der Schienengüterverkehr anwachsen, erwarten die Schweizer Analysten.

Daraus ergebe sich bis 2051 auch eine signifikante Verschiebung des Modal Split: Die Schiene werde ihren Anteil um 5 Prozentpunkte auf 24 Prozent ausbauen. Ein wichtiger Grund für diese Verschiebung ist die schwache Entwicklung des Onlinehandels als starkem Straßennutzer. Dessen langfristige Wachstumsprognose habe sich zwischenzeitlich halbiert. Auch insgesamt rechnet Prognos mit einem deutlich geringeren Güteraufkommen.


In der Studie ermittelt das Schweizer Analyseinstitut die Transportbedarfe für 20 Gütergruppen anhand branchenspezifischer Leitdaten, basierend auf Vorhersagen zur wirtschaftlichen Entwicklung. Dabei stellen die Wirtschaftsexperten mit Daten von Destatis und dem Kraftfahrtbundesamt Berechnungen zur wahrscheinlichen Verteilung auf die Verkehrsträger Straße, Schiene und Wasserstraße an und teilen die Transporte in die Kategorien Binnenverkehr, Import, Export sowie Transit ein.

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