Die EU reguliert zunächst weiter die Emissionen von Flügen im Europäischen Wirtschaftsraum. (Foto: iStock)

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Airlines müssen ab 2026 für alle CO₂-Emissionen bezahlen

01.03.2023

Unterhändler von Europäischem Parlament und EU-Staaten haben sich auf neue Regeln für den Emissionshandel im Luftverkehr verständigt. Der deutsche Luftverkehrsverband BARIG kritisiert die Beschlüsse.

Ab 2026 bekommen Airlines die CO₂-Emissionsrechte für innereuropäische Flüge nicht mehr umsonst. Unterhändler von Europäischem Parlament und Mitgliedsstaaten haben sich auf entsprechende Regeln in der neuen EU-Richtlinie für Emissionshandel im Flugverkehr geeinigt, die Teil des Klimaschutzpakets „Fit for 55“ ist. 2024 wird die Zahl der kostenlosen Verschmutzungsrechte bereits um ein Viertel reduziert, 2025 um die Hälfte.

Zunächst gilt die Emissionshandelspflicht wie bisher für Flüge innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums sowie für abgehende Flüge in die Schweiz und ins Vereinigte Königreich. Bis zum 1. Juli 2026 soll die EU-Kommission analysieren, ob die Weiterentwicklung des Klimaschutzprogramms „Corsia“ der UN-Luftverkehrsorganisation ICAO ausreichend Fortschritte macht. Ist das nicht der Fall, ist die Kommission nach der neuen Richtlinie verpflichtet, einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, durch den auch Flüge dem EU-Emissionshandel unterworfen werden, die von einem Flughafen im Europäischen Wirtschaftsraum in einen Drittstaat führen. Wenn sich Drittstaaten nicht an Corsia beteiligen, werden die Flüge aus Europa dorthin ab 2027 in den Emissionshandel einbezogen.

Derzeit sind in der EU Flüge innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums dem Emissionshandel unterworfen. Fluggesellschaften bekommen allerdings rund 80 Prozent der dafür nötigen Emissionsrechte umsonst. 2012 hatten die EU-Gesetzgeber eigentlich beschlossen, alle in der EU startenden und landenden Flüge in den CO₂-Handel einzubeziehen. Nach heftigen internationalen Protesten machten sie aber einen Rückzieher.

Deutsche Airlines sind gegen Ausweitung

Der deutsche Luftverkehrsverband BARIG kritisiert die mögliche Ausweitung des Geltungsbereichs. Bei Drehkreuzverbindungen mit Langstreckenflügen sei eine erhebliche Verlagerung von Verkehren aus der EU heraus zu befürchten. „CO₂-Emissionen werden so nicht eingespart, sondern nur in andere Regionen außerhalb der EU verschoben“, sagte Michael Hoppe, Vorsitzender von BARIG.

Der europäische Umweltverband Transport & Environment (T&E) sieht den Beschluss der EU-Gesetzgeber dagegen nicht als ausreichend an. Durch die Ausklammerung von Langstreckenflügen blieben 58 Prozent der europäischen Flugverkehrsemissionen außerhalb des Emissionshandels. Corsia sei ein „billiger und dubioser Ausgleichsmechanismus“, der nicht ausreichend zur Eindämmung der Flugverkehrsemissionen sei. Nach einer T&E-Studie würden bis 2030 nur 22 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen von Flugzeugen erfasst.

Corsia verlangt, anders als der EU-Emissionshandel, keine Deckelung und Reduzierung von Kohlendioxid. Die Grundidee ist, dass Airlines, deren CO₂-Emissionen das Niveau von 2019 überschreiten, die zusätzliche Menge kompensieren, indem sie sich am Klimaschutz in Drittstaaten beteiligen.

Gesetzgeber blicken nicht nur auf CO₂

Die EU-Gesetzgeber beschlossen, dass die Kommission bis 2025 ein System ausarbeiten soll, mit dem auch die Belastung der Atmosphäre durch andere Stoffe als CO₂ erfasst werden kann, etwa durch Stickoxide, Schwefeldioxid und Rußpartikel. Nach einer Bewertung der Daten soll es dann 2028 einen Gesetzesvorschlag zur Einbeziehung dieser Schadstoffe in den Emissionshandel geben. „Ein positives Zeichen, denn auch diese Emissionen haben nachweislich Auswirkungen auf den Klimawandel und dürfen nicht vergessen werden“, sagte der FDP-Europaabgeordnete Jan-Christoph Oetjen.

Umstellung auf SAF wird gefördert

Oetjen begrüßte auch die Einigung von Ministerrat und EP auf eine Regelung, nach der von Anfang 2024 bis Ende 2030 insgesamt 20 Millionen CO₂-Emissionsrechte für Airlines reserviert werden, die mehr nachhaltige Flugverkehrstreibstoffe (SAF – Sustainable Aviation Fuels) einsetzen. Dazu zählen mit erneuerbarer Energie hergestellter Wasserstoff, „fortgeschrittene“ Biokraftstoffe oder erneuerbare Kraftstoffe nicht-biologischen Ursprungs (RFNBO). „Der Markt muss für insbesondere E-Fuels angekurbelt und eine sichere Investitionsmöglichkeit geschaffen werden“, sagte Oetjen. „Der Grundstein dafür wurde heute gelegt“.

BARIG hält die Menge der kostenlosen Zertifikate für SAF-Nutzer für viel zu gering, um Wettbewerbsnachteile für EU-Airlines auszugleichen, wenn mit der in Arbeit befindlichen EU-Verordnung „ReFuel Aviation“ Mindestbeimischungsquoten für SAF eingeführt werden. „Zubringerflüge zu EU- sowie Nicht-EU-Drehkreuzen müssen gleichgestellt sein. Die hier entstehenden unfairen Mehrkosten für europäische Fluggesellschaften müssen durch zusätzliche kostenlose Zertifikate ausgeglichen werden“, sagte Michael Hoppe.

SAF-Produktion seit 2021 mindestens verdreifacht

Der internationale Luftfahrtverband IATA erwartet, dass die weltweite SAF-Produktion in diesem Jahr mindestens 300 Millionen Liter erreicht, das wäre eine Verdreifachung gegenüber 2021. Nach optimistischeren Berechnungen könnten es auch 450 Millionen Liter werden. Mit der richtigen Förderung sei bis 2030 eine Menge von 30 Milliarden Litern zu erreichen.

Die Airlines hätten alles SAF gekauft, was auf dem Markt war, auch zu sehr hohen Preisen, sagte IATA-Generaldirektor Willie Walsh. Das zeige, dass der Umstieg auf nachhaltigere Flugverkehrstreibstoffe vom ausreichenden Angebot abhänge. „Die Regierungen, die sich auf das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 verständigt haben, müssen jetzt umfassende Produktionsanreize für SAF setzen“, forderte er.

Außer durch die 20 Millionen kostenlose CO₂-Zertifikate wollen die EU-Gesetzgeber Airlines auch durch einen Innovationsfonds auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit unterstützen. Das durch den Verkauf von 5 Millionen Zertifikaten an die Fluggesellschaften eingenommene Geld soll in diesen Fonds fließen. Derzeit wird ein Zertifikat für die Emissionen einer Tonne Kohlendioxid mit etwa 80 Euro gehandelt.

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