DVZ: Herr Trapp, was liegt gerade auf Ihrem Tisch?
Peter Trapp: Auf dem Gelände einer ehemaligen Raffinerie im Kölner Norden entwickeln wir auf rund 550.000 Quadratmetern zwei mehrgeschossige Objekte mit einen innovativen Gebäudemix aus Logistik-, Produktions- und Büroflächen. Die Lage des Areals bietet herausragende Anbindungen für alle Verkehrsträger. In unmittelbarer Nähe befinden sich bi- und trimodale Containerterminals für den Kombinierten Verkehr, und die Autobahnen A1 und A3 sind schnell erreichbar.
Gibt es einen zentralen Aspekt?
Die Integration eines umfassenden Nachhaltigkeitskonzepts. Unser Ziel ist es, die Gold-Zertifizierung der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) zu erreichen, die als globale Benchmark für Nachhaltigkeit anerkannt ist. Dafür setzen wir über 80 einzelne Maßnahmen um, die den gesamten Lebenszyklus des Projekts berücksichtigen und regelmäßig überwacht werden. Dazu gehören unter anderem Photovoltaikanlagen und Dachbegrünungen. Wir wollen ein Projekt entwickeln, das sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch zukunftsweisend ist und innovative Stadtentwicklung und nachhaltige Logistik miteinander vereint.
Das Thema Multi-Level könnte für Schwung auf dem deutschen und europäischen Markt der Logistikimmobilien sorgen, oder müssen dafür noch dicke Bretter gebohrt werden? Die Idee der gestapelten Logistik ist ja nicht neu, siehe Hamburgs Speicherstadt.
Richtig. Die Idee ist nicht neu. Trotzdem wurde darüber in Deutschland bisher wenig nachgedacht. Es gibt allerdings Ausnahmen, wie das Leuchtturmprojekt „Mach 2“ in Hamburg, das als Vorreiter eine gewisse Exotenstellung einnimmt. Die entscheidende Frage, die wir in Deutschland und Europa beantworten müssen, ist, ob dieser Exotenstatus bleibt oder ob sich Multi-Level-Logistik in bestimmten urbanen und industriellen Räumen als rentabel erweisen kann.
In Japan sind doppelt- und dreistöckige Logistikgebäude längst Realität.
Ich erinnere mich an eine japanische Delegation, die uns besucht hat. Als ich stolz von Multi-Level-Logistik erzählte, schmunzelten sie nur, da dort sogar zehnstöckige Logistikgebäude keine Seltenheit sind. Historisch betrachtet gab es auch in europäischen Hafenstädten wie Hamburg mehrstöckige Logistikgebäude. Doch bei uns hat man nie wirklich über Multi-Level-Lösungen nachgedacht. Stattdessen hat man die verfügbare Fläche genutzt, da Land bislang keine Mangelware war.
Schaut man hierzulande entlang der Autobahnen, gibt es viele Logistikzentren auf weitläufigen Flächen.
Das liegt vor allem daran, dass Transportkosten per Lkw bislang günstig waren und Flächen ausreichend zur Verfügung standen. Doch diese Rahmenbedingungen ändern sich. Bürgermeister in ländlichen Gebieten sind weniger bereit, weitere Flächen zu versiegeln, und die Transportkosten steigen. Hinzu kommen der Fahrermangel und steigende Treibstoffkosten sowie ESG-Anforderungen, die den traditionellen Logistikansatz immer teurer machen. Plötzlich werden trimodale Standorte, die Wasser-, Straßen- und Schienenverkehr kombinieren, wieder interessant, sind aber nahezu ausverkauft. Es bleibt also die Herausforderung, kreative Lösungen zu finden. Der Bau von mehrgeschossigen Logistikgebäuden in urbanen Umfeldern könnte eine solche Lösung sein, um mehr Arbeitsplätze zu schaffen und die Flächennutzung zu optimieren.
Aber eben jene Lösungen müssen auch rentabel sein, wie Sie selbst betonen.
Natürlich. Wenn es gelingt, wirtschaftlich sinnvolle doppelt- oder sogar mehrgeschossige Logistikgebäude zu bauen, werden wir diese sicherlich vermehrt in hochpreisigen urbanen Standorten sehen. In Köln verfolgen wir genau diese Vorstellung und sind überzeugt, dass Multi-Level-Logistik-immobilien ein wichtiger Bestandteil der Zukunft sein werden.
Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang die Techniker?
Die Techniker spielen eine entscheidende Rolle. Sie sind diejenigen, die den Erfolg oder Misserfolg, die Realisierung oder Nichtrealisierung eines solchen Projektes maßgeblich beeinflussen. Sie müssen innovative Lösungen entwickeln und umsetzen, um die neuen Herausforderungen zu meistern. Die Kaufleute können die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen definieren und das Verhältnis zwischen Miete und Herstellungskosten ermitteln. Aber am Ende müssen die Techniker die Pläne erstellen, die Berechnungen durchführen und die Gebäude bauen.
Welche Herausforderung fällt Ihnen als erste ein?
Der Boden im Rheinland, der oft sehr kieshaltig ist. Diese Bodenbeschaffenheit stellt besondere Anforderungen an die Gründung solcher Gebäude. Standardlösungen, wie sie in den vergangenen drei Jahrzehnten bei Logistik- und Produktionsimmobilien vorherrschten, reichen hier nicht aus. Die bisherigen Standards basieren auf vorgefertigten Bauteilen mit klar definierten Stützrastern und festen Vorstellungen zur Gebäudehöhe. Ein mehrgeschossiges Logistikgebäude weicht von diesen Standards ab und erfordert neue Herangehensweisen. Es ist also eine gemeinsame Aufgabe, Neuland zu betreten und innovative Wege zu gehen. Wenn Techniker und Kaufleute eng zusammenarbeiten und mutige, neue Ansätze verfolgen, können wir auch in Deutschland und Europa erfolgreich mehrgeschossige Logistikimmobilien umsetzen. Wir müssen uns mehr trauen, die bestehenden Richtlinien, Vorgaben und Zertifizierungen so zu interpretieren und anzuwenden, dass ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Sicherheit und Wirtschaftlichkeit erreicht wird. Nehmen wir das Thema Brandschutz: Für die deutsche Feuerwehr ist es eine neue Herausforderung, den Rauchabzug und den Brandschutz in mehrgeschossigen Logistikimmobilien sicherzustellen.
Peter Trapp
Der Geschäftsführer der Fusion Cologne GmbH ist zugleich Bereichsleiter Real Estate bei der HGK AG. Sein Ziel ist die Entwicklung eines integrierten Flächen- und Infrastrukturangebotes für Logistik und Industrie im Kölner Norden mit direkter Anbindung an den Niehler Hafen. Dabei kommt ihm seine langjährige Erfahrung bei der Entwicklung des Logport-Konzepts in Duisburg zugute. Auch privat sucht der begeisterte Ruderer die Nähe zum Wasser und verbringt seine Freizeit gerne mit Familie und Hund in der Natur.
Wer entwickelt und wer investiert?
Unser Projekt im Kölner Norden wird von mehreren Schlüsselakteuren getragen, die sowohl in die Entwicklung als auch in die Investitionen involviert sind. Auf der Entwicklungsseite steht die Fusion Cologne GmbH, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK). Sie übernimmt die Hauptverantwortung für die Planung und Umsetzung des gesamten Areals. Die Thielemann Group bringt als erster Pächter ihre Expertise im Bau moderner und effizienter Logistikstrukturen ein und ist für die technische Planung und Umsetzung der Logistikimmobilien zuständig. Was die Investitionen betrifft: Auf Parzelle 2 investieren HGK und Thielemann gemeinsam 65 Millionen Euro. Auf Parzelle 3 investiert die Thielemann Group allein nochmal 65 Millionen Euro in eine weitere zweigeschossige Logistikimmobilie mit einer Gesamtfläche von 100.000 Quadratmetern. Diese Investitionen umfassen sowohl den Bau der Lagerhallen als auch die Implementierung nachhaltiger Technologien. Wichtig zu betonen ist, dass die HGK als Grundstückseigentümer während des gesamten Projekts erhalten bleibt. Zusätzlich prüfen wir weitere Finanzierungsmöglichkeiten durch externe Partner und Fördermittelprogramme. Dies soll sicherstellen, dass wir genügend finanzielle Ressourcen für spezifische Nachhaltigkeits- und Infrastrukturmaßnahmen haben.
Ist ein derart großes Projekt zurzeit einzigartig in Europa?
Unser Projekt im Kölner Norden hat viele Aspekte, die es definitiv besonders machen. Ob es tatsächlich einzigartig in Europa ist, wird sich zeigen. Was das gesamte Quartier Fusion Cologne angeht, haben wir eine herausragende logistische Lage mit trimodaler Anbindung, Pipelinesystemen und der Nähe zum Flughafen Köln/Bonn. Auch Düsseldorf ist nicht weit entfernt. Diese Verbindung in einem urbanen und hochverdichteten Raum ist sicherlich etwas Besonderes. Zudem zeichnet sich unser Projekt durch mehrere Alleinstellungsmerkmale aus. Neben dem DGNB-Gold-Zertifikat streben wir eine Quartierszertifizierung mit dem Themenschwerpunkt Biodiversität an. Wir möchten beweisen, dass man auch in industriell und logistisch genutzten Arealen einen Beitrag zur Schaffung von Lebensräumen für Tiere leisten kann. Das ist unser Ziel.
„Gold & Co.“ werden für Ihre ehrgeizigen Ziele nicht ausreichen. Gibt es weitere Innovationen?
Unser Wärmekonzept. Wir nutzen die Abwärme aus einer Müllverbrennungsanlage, die sich direkt auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet. Außerdem bieten wir einen Standort für kurze Wege, mit einer urbanen Lage, der Nähe zur Autobahn und einem sehr nah gelegenen DHL-Verteilzentrum. Dies trägt erheblich zur Nachhaltigkeit bei. Aber besonders hervorzuheben ist die Doppelstöckigkeit der Gebäude, kombiniert mit Fassaden- und Dachbegrünung und einem einheitlichen Gestaltungshandbuch für alle unsere Kunden. Wir haben Vereinbarungen mit unseren Kunden getroffen, um Arbeitsplätze zu schaffen, und bieten einen Mix aus Produktions-, Logistik-, Büro- und Laborarbeitsplätzen. Wir möchten eine Umgebung schaffen, die Aufenthaltsqualität bietet und nicht nur auf reines Arbeiten ausgelegt ist.
Ein Areal, das 550.000 Quadratmeter umfasst. Und das in Köln. Da geht doch noch mehr, oder?
Ja, wir sind in intensiven Gesprächen über ein drittes Projekt. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es für Details zu früh, aber wir verhandeln bereits über eine dritte Multi-Level-Immobilie. Drei unabhängig voneinander entwickelte mehrgeschossige Immobilien nebeneinander an einem Standort zu platzieren, wäre ein bedeutender Meilenstein. Damit könnten wir zeigen, dass dieses Konzept auch in anderen urbanen Räumen nachahmbar ist.
Welchen Zeitfaktor haben sich alle Beteiligten gesetzt?
Mit dem Bau der ersten Immobilie möchten wir bis Ende 2024 beginnen. Die Baureifmachung des Areals ist abgeschlossen. Für das gesamte Projekt sind weitere acht Jahre veranschlagt.