Ein seltener Anblick auf Logistikimmobilien. Warum ist das so?

Bild: dusanpetkovic/iStock

Photovoltaik – Wie sich Überschüsse vermeiden lassen

06.12.2023

Bis 2030 soll sich der Photovoltaik-Zubau gegenüber 2018 verdreifachen. Und tatsächlich werden Freiflächenanlagen im großen Stil realisiert. Doch die Dächer von Logistikimmobilien bleiben oft ungenutzt, obwohl sie sich ideal eignen.

Fraunhofer beziffert das theoretisch nutzbare Potenzial von Photovoltaik-Anlagen auf Dächern von Gewerbeimmobilien auf 110 Gigawatt (GW) – andere Schätzungen kommen sogar auf mehrere Hundert GW. Tatsächlich genutzt werden den Forschern zufolge jedoch nur 13 GW. Warum ist das so? Im Wesentlichen zeigen sich zwei Hindernisse: Zum einen ist da die statische Eignung der Dächer älterer Bestandsimmobilien, wobei oft ausreichende Schneelastreserven vorliegen. Zum anderen gestalten sich die Netzintegration und die Abstimmung mit den Netzbetreibern oft herausfordernd. Das gilt auch für das Neubausegment, wo auf Flachdächern in aller Regel PV-Anlagen errichtet werden, schon allein aufgrund der entsprechenden Pflichten vieler Bundesländer.

Aber was sind die Parameter für die Größenordnung der entsprechenden Anlagen? Hierbei spielt die Frage, wer den produzierten Strom schlussendlich abnimmt, eine entscheidende Rolle. Gleiches gilt dafür, was mit Überschüssen passiert, sobald die Batteriespeicher voll sind.

Dilemma: Einspeisevergütung vs. Fremdstromkosten

Vor allem bei Eigennutzern zeigt sich in puncto Anlagengröße ein wirtschaftliches Dilemma: Die Einspeisevergütung ist generell deutlich niedriger als die Kosten für den Einkauf von Fremdstrom. Eine selbst genutzte Immobilie, die regelmäßig Überschüsse generiert und diese ins lokale Stromnetz einspeist, ist aus Eigentümersicht im Regelfall nicht ideal, da die Amortisationszeit für die (zu große) Anlage oft zu lang ist. Wenn jedoch die Anlage bewusst kleiner konzipiert ist, sodass lediglich der Eigenbedarf gedeckt ist, trägt die Immobilie nicht zur Energiewende bei. Zuletzt haben sich indes positive Impulse gezeigt: Durch die EEG-Novelle 2023 haben Dachanlagen ein eigenes Segment bei der Ausschreibung in Sachen Einspeisevergütung und stehen demnach nicht mehr in direkter Konkurrenz zu Freiflächenanlagen. Das wirkt sich positiv auf die bei Auktionen erzielten Einspeisevergütungen aus. Im August 2022 lag der durchschnittliche Preis dem „PV-Magazine“ zufolge bei 8,84 Cent je Kilowattstunde (kWh), im Februar 2023 bei 10,97 Cent. Diese Preise können jedoch stark schwanken.

Für angemietete Logistikhallen ergibt sich eine andere Herausforderung. Zahlreiche Objekte befinden sich im Eigentum von Immobilienfonds oder ähnlichen Strukturen, die allerdings die PV-Anlagen nicht betreiben. Das übernehmen darauf spezialisierte Unternehmen (Contractor). Diese bieten den Nutzern entsprechende Mieterstrommodelle an, um den erzeugten Strom idealerweise mit Kostenvorteilen direkt lokal zu verbrauchen. Erfahrungsgemäß liegen die Stromgestehungskosten großflächiger PV-Anlagen bei drei bis fünf Cent je kWh.

110 Gigawatt Leistung soll das theoretisch nutzbare Potenzial von Photovoltaik-Anlagen auf Dächern von Gewerbeimmobilien betragen.

Quelle: Fraunhofer

Sollten auf Nutzerseite durch ein Mieterstrommodell keine Kostenvorteile generiert werden können, würde der lokal grün erzeugte Strom komplett eingespeist werden. Paradox: Trotz leistungsstarker Anlage auf dem Dach würde lokal benötigter Strom dann extern eingekauft. Was insgesamt zur Energiewende beitrüge, hätte lokal keinerlei Vorteile mehr. Ein lokaler Strompreis über Einspeisevergütung und unterhalb des Marktpreises würdigt entsprechende Interessenlagen und löst das Dilemma.

Überschüsse gehören zur Realität

In der Realität schwankt die Stromerzeugung jedoch selbst bei einer Immobilie, die so viel Energie erzeugt, wie sie verbraucht: In den Sommermonaten entstehen Überschüsse, in den Wintermonaten wird zu wenig Strom erzeugt. Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich, allerdings sollte man grundsätzliche Punkte berücksichtigen.

Zunächst sollten Batteriespeicher groß genug konzipiert und als Erstes mit Überschüssen bedient werden. Dadurch erhöht sich der nachts oder bei schlechtem Wetter verfügbare Eigenstromanteil und es muss keine Energie importiert werden. Ein weiterer Faktor, der im Neubau zum Standard gehört, aber für den Bestand hochrelevant ist, findet sich in der Umrüstung der Heiztechnik. Für die Eigenstromabnahme ist es zweckdienlich, in Bestandsgebäuden das Heizen auf Wärmepumpen umzustellen (heute im Regelfall Gas). Positiver Nebeneffekt ist ein reduzierter CO2-Fußabdruck. Bei einigen Immobilientypen mit hohem Energieverbrauch – zum Beispiel Hallen mit Kälteanlagen – sind diese Komponenten die idealen Verbraucher für Überschüsse. Ähnliches gilt für Ladesäulen, da die Fahrzeuge als kleine „Batteriespeicher“ genutzt werden können.

Manchmal sind trotz solcher Maßnahmen Überschüsse nicht zu vermeiden. Daher besteht ein weiterer Ansatz darin, Mischanlagen zu konzipieren, also PV-Anlagen, deren Leistung sowohl vor Ort selbst verbraucht als auch an Dritte vermarktet werden kann. Die Idee: Wann immer möglich werden ausgewählte Nachbarn direkt versorgt. Dieser lokal generierte Mehrwert erhöht im besten Falle sogar die Akzeptanz für eine großflächige Ansiedlung.

Zukunftsthema Wasserstoff

Auf dem Weg zur Autarkie müssen Energieüberschüsse dauerhaft nutzbar gemacht werden. Da sich Batterien für eine saisonübergreifende Speicherung nicht eignen, kommt alternativen Energieträgern wie grünem Wasserstoff eine besondere Rolle zu. Kleinere Anlagen im Einfamilienhausbereich sind mittlerweile verfügbar. Nun gilt es, auch im großflächigeren Gewerbe- und Industriebereich über entsprechende Konzepte nachzudenken und sich dem Thema mit der Entwicklung kleinerer Pilotanlagen anzunähern.

Andreas Fleischer ist Mitgründer und Geschäftsführer der DFI Real Estate GmbH.

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