DB Cargo AG

Auch der Transport von Ammoniak in Kesselwagen ist eine Alternative

Bild: IMAGO/Arnulf Hettrich

Grüne Logistik für grüne Energie

22.06.2023

Das Ziel „Klimaneutralität bis 2045“ setzt die Agenda für die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energien. Wasserstoff und Wasserstoff-Verbindungen spielen eine Schlüsselrolle. DB Cargo sieht Möglichkeiten für Neugeschäft.

Strom aus Sonne und Wind treibt zunehmend Wirtschaft und Verkehrsmittel an. Doch für eine kontinuierliche Versorgung braucht es auch eine Lösung, die wetterunabhängig ist. Aus Elektrolyse mit Grünstrom gewonnener Wasserstoff soll diese Kontinuität gewährleisten. Fossile Energieträger wie Kohle, Mineralöl und Erdgas werden dadurch schrittweise entbehrlich. Das ist die Voraussetzung dafür, dass Deutschland bis 2045 das Ziel Klimaneutralität erreichen kann.

Ein Fünftel des jährlichen Strombedarfs von 550 Terawattstunden will die Bundesrepublik bis 2030 laut nationaler Strategie aus Wasserstoff decken. Heimische Elektrolysekapazitäten werden 30 der benötigten 110 Terawattstunden liefern können. Der Rest muss importiert werden. Hier bietet sich die Schiene als rollende Pipeline an. „20 Prozent des künftigen Bedarfs können per Bahn transportiert werden“, ist sich Sigrid Nikutta sicher, Vorstand Güterverkehr der Deutschen Bahn und DB-Cargo-Chefin. „Wasserstoff an Verbraucher liefern ist ein Logistikthema.“

Schiene ergänzt Pipeline-Netz

Wolf-Peter Schill, Energie-, Verkehrs- und Umweltexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), assistiert: „Es gibt große Transportaufgaben“. Auf einer Veranstaltung der DB für Pressevertreter skizzierte er heute die deutschen Bemühungen, sich der Aufgabe zu stellen. Bis 2032 entstehen erste Verbindungen eines Wasserstoff-Kernnetzes von den Importhäfen zu Großverbrauchern im Binnenland. Doch gebe es weitere Anforderungen, die das Pipeline-Netz nicht erfüllen könne: die Bedienung der Fläche sowie den Transport der Wasserstoffderivate Methanol und Ammoniak: „Daher gibt es Potenzial für die Schiene.“

„Wir sehen uns als Enabler der Industrie, die Energiewende Wirklichkeit werden zu lassen“, erklärt Jennifer Thierbach, Wasserstoff-Logistik-Expertin bei DB Cargo BTT, selbstbewusst. Pipelines böten nur die Möglichkeit des gasförmigen Transports. Schiene habe ihre Stärken bei der Skalierbarkeit der Transportlösung. Im Kombinierten Verkehr (KV) sei sogar jeder Standort erreichbar.

DB-Cargo-BTT-Kollege Bjarne Regenbrecht erläutert „Skalierbarkeit“: So kann Wasserstoff als eine Möglichkeit hochverdichtet in zu Batterien gebündelten Gasbehältern transportiert werden, die fest in einem Container montiert sind, dem sogenannten Multiple Element Gas Container (MEGC). Oder das Gas wird bei unter minus 252 Grad Celsius verflüssigt und in sogenannte Kryo-Container gefüllt. Ferner gibt es den konventionellen Transport in Gasdruck-Kesselwagen; diese Wagen eignen sich aber nur für die Wasserstoffderivate Ammoniak und Methanol. Zudem lässt sich Wasserstoff in Trägeröl (Liquid Organic Hydrogen Carriers – LOHC) versenden.

Teure Container

Insbesondere der MEGC hat seinen Preis. Der Grund dafür liegt an der erforderlichen Druckfestigkeit der Gasbehälter, die aktuell für 350 bar ausgelegt sind. Einen „höheren sechsstelligen Betrag“ setzt Regenbrecht für einen einzelnen dieser Container an. Gearbeitet wird an einem Behälter, der einen Druck von 500 bar aushält. Das Leergewicht dürfte bei 28 Tonnen liegen, die Nutzlast beträgt eine Tonne.

Ebenfalls „extrem teuer“ seien Kryo-Container. Beide Behälterarten erfordern viel Energie, um das Gas entweder zu komprimieren oder tiefzukühlen. Ammoniak hingegen lasse sich leicht transportieren: 55 Tonnen gehen in einen Kesselwagen; das entspricht zehn Tonnen Wasserstoff pro Fuhre. Ein erprobtes Verfahren: 2022 beförderte DB Cargo 135.000 Tonnen der Chemikalie.

2030 bis zu 20 Ganzzüge pro Tag

„Ungefähr 20 Terawattstunden sehen wir auf der Schiene“, prognostiziert Thierbach für 2030. Die Menge entspricht zehn bis 20 Ganzzügen pro Tag - keine übermäßige Zusatzbelastung des Netzes angesichts von derzeit rund 3.600 Güterzügen, die das Unternehmen täglich fährt. Die DB werde das Transportangebot an die Nachfrage der Industrie anpassen.

DB Cargo sieht sich für die neue Transportaufgabe gut aufgestellt: das Unternehmen sei nicht nur an allen wichtigen Standorten der Energiewirtschaft und Chemieindustrie vertreten, sagt die BTT-Expertin. Der Transport auf der Schiene halte auch preislich der Konkurrenz durch Rohrleitungen stand, wenn der Abnehmer das Cracking vor Ort einsparen könne. Vor allem aber: zeitkritischer Bedarf lasse sich gut per Waggon decken. Und um Zeitgewinn geht es ja schließlich bei der Energiewende. (cd)

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