„Wir sehen uns mehr als Partner denn als Dienstleister“, sagt André Ventker, Geschäftsführer Engemann u. Co.

Bild: Engemann u. Co.

Mit gutem Beispiel voran

11.12.2024

Vor 15 Jahren übernahm André Ventker bei der Spedition Engemann u. Co. die Geschäftsführung von seiner Mutter. Nachhaltigkeit steht seitdem im Zentrum all seiner Entscheidungen.

Die Umarmung von André Ventker für seinen Mitarbeiter, der gerade sein Firmenjubiläum gefeiert hat, ist besonders herzlich. „Ich bin heute extra für dich gekommen“, scherzt er. Beim Rundgang über das Firmengelände in Hilden, einem Vorort von Düsseldorf, spürt man sofort, wie ernst es dem Geschäftsführer von Engemann u. Co. mit der ökologischen und auch sozialen Nachhaltigkeit ist. Zwei Bereiche, die für Ventker untrennbar miteinander verbunden sind. „Nur wenn wir die Menschen mitnehmen, kann der Wandel zum grünen Unternehmen gelingen“, ist ihm klar.

Seit 2009 ist André Ventker alleiniger Geschäftsführer der Spedition Engemann u. Co. Dass er den Betrieb übernehmen würde, stand schon lange fest, wie er im Gespräch mit der DVZ erklärt: „Der Beruf hat mich immer interessiert. Schon als Kind habe ich hier gearbeitet. Ich bin da reingewachsen und habe das nie infrage gestellt.“

Viel Erklärungsbedarf

Dafür stellte er sich eine andere Frage, als er das Steuer übernahm: „Was ist unser Alleinstellungsmerkmal?“ Aus Überzeugung habe er sich schon damals für Nachhaltigkeitsthemen eingesetzt, auch wenn die Begrifflichkeiten noch andere waren. „Mir war schon früh klar, dass wir auf diesem Planeten mit allen Ressourcen, und damit meine ich nicht nur die Umwelt, sondern auch den Menschen, sehr sorgsam umgehen müssen“, sagt Ventker rückblickend. Dass damals auch Marketing- und PR-Argumente eine Rolle spielten, gibt der Engemann-Geschäftsführer offen zu.

Intern musste Ventker seine Pläne allerdings von Beginn an verteidigen. Daran hat sich bis heute wenig geändert, erklärt er: „Ich versuche immer, mit gutem Beispiel voranzugehen, unsere Unternehmensstrategie ganz klar am Thema Nachhaltigkeit auszurichten und nach ökologisch besseren Alternativen zu suchen. Aber auch heute noch ist die nachhaltigere Lösung oft die preislich unattraktivere. Und vielleicht auch die prozessual aufwändigere. Da gibt es natürlich viel Erklärungsbedarf.“

Die Entwicklung der vergangenen Jahre bestätigt Ventker jedoch in seiner konsequenten strategischen Entscheidung. „Die immer strengeren gesetzlichen Anforderungen zeigen, dass wir bei Engemann auf dem richtigen Weg sind und frühzeitig auf das richtige Pferd gesetzt haben.“ Stetig neue Vorgaben und Anforderungen führen aber auch dazu, dass sich das Team um Ventker weiter vergrößert. „Gerade was die Zahlen und die Berichterstattung angeht, wird es immer arbeitsintensiver“, erklärt der Unternehmer, der viele dieser Aufgaben bislang selbst übernommen hat. Zwar ist Engemann noch nicht berichtspflichtig, aber die Kunden verlangen schon jetzt möglichst konkrete Emissionsdaten: „Da müssen wir liefern.“ Künftig wird daher ein Nachhaltigkeitsmanager das Team bei der Datenerhebung und Berichterstattung unterstützen. Diese Position gab es bislang nicht im Unternehmen.

Kein Reporting, kein Geschäft?

Gerade im Stückgutbereich ist die Datenqualität noch eine große Herausforderung. „Im europäischen Landverkehr arbeiten wir in der Regel noch mit Schätzwerten“, stellt Ventker klar. Von Kundenseite erfahre er dafür noch viel Verständnis. Gleichzeitig rechnet er aber in den nächsten drei bis fünf Jahren mit einer Verschärfung der Kundenerwartungen in diesem Bereich. Für ein Unternehmen seiner Größe sei es eine große Herausforderung, möglichst schnell ein gutes Datenmanagement aufzubauen.

Ventker sieht die Zukunft des Straßengüterverkehrs ganz klar elektrisch, ist aber für die nahe Zukunft noch skeptisch. „Für 600 Kilometer braucht der E-Lkw noch perfekte Rahmenbedingungen. Der Fahrer muss zwar ohnehin nach vier Stunden eine Pause einlegen. Dann muss er aber auch eine freie Ladesäule mit der entsprechenden Leistung vorfinden. Das funktioniert so leider bislang nur selten“, fasst er die Herausforderungen zusammen.

Dennoch sieht er gerade in seinem Unternehmen viele gute Einsatzgebiete für den E-Lkw. Engemann u. Co. bietet intermodale Verkehre an. Der Vor- und Nachlauf zum intermodalen Terminal ist für Ventker das perfekte Einsatzgebiet für eine E-Zugmaschine: „80 Kilometer mit dem Lkw hin und zurück, dann ein hoher Schienenanteil, der idealerweise auch noch mit Ökostrom gefahren wird. Und auf der anderen Seite wieder 160 Kilometer mit der E-Zugmaschine. Das ist genau das Produkt, das ich auf den Markt bringen will.“ Eine ähnliche klimafreundliche Lösung würde sein Unternehmen mit HVO100 bereits in Italien anbieten. Das will Ventker nun auf weitere Strecken ausweiten.

Engemann u. Co. Gruppe

Am 1. September 1966 gründete Marianne Ventker gemeinsam mit Lothar Engemann das Unternehmen. Seit dem Ausscheiden des Mitgründers im Jahr 2001 ist die Familie Ventker alleiniger Inhaber. Nach mehr als 40 Jahren übergab Marianne Ventker 2009 die Geschäftsführung an ihren Sohn André. Dieser hatte seine Ausbildung zum Speditionskaufmann in Düsseldorf bei Züst & Bachmeier absolviert. Im Anschluss stieg er in den elterlichen Betrieb ein und lernte vor der Übergabe alle Abteilungen kennen. Heute hat Engemann u. Co. 120 Mitarbeiter und machte zuletzt einen Jahresumsatz von 47 Millionen Euro. Das Unternehmen hat insgesamt 120 Einheiten im Fuhrpark.

Auch bei der Auswahl von Partnern will Ventker verstärkt auf nachhaltige Kriterien setzen. Doch das ist heute noch undenkbar. „In unserem Markt ist Kapazität ein kostbares Gut. Natürlich freuen wir uns, wenn unsere Werte bei unseren Subunternehmern gelebt werden. Aber hier zu harte Grenzen zu ziehen, wäre für uns derzeit wirtschaftlich nicht vertretbar.“

Ventker versucht aber immer wieder, Partner von seinem Weg zu überzeugen. „Für mich ist klar, dass die Großen den Kleinen helfen müssen. Nur so kann die Transformation gelingen“, sagt der Geschäftsführer. Er ist sich bewusst, dass diese Transformation noch große Herausforderungen für die Branche, sein Unternehmen und ihn persönlich bereithält, stellt aber klar: „Es gibt keine Alternative.“ Um die Wende zu beschleunigen, plädiert er für mehr Eigeninitiative aller Beteiligten: „Jeder darf mit den politischen Entscheidungen unzufrieden sein. Aber man muss bei sich selbst anfangen. Was kann ich tun?“ Mit dieser Motivation geht er jeden neuen Arbeitstag an.

Eine Geschäftsbeziehung auf Augenhöhe ist das Ideal des Unternehmers. Nicht Forderungen gegeneinander stellen, sondern gemeinsam nach besseren Lösungen suchen. „Wir sehen uns mehr als Partner denn als Dienstleister“, erklärt er. Mit einem klaren Appell an Wettbewerber, Partner und Kunden endet das Gespräch mit dem Engemann-Geschäftsführer: „Wir müssen die Probleme gemeinsam lösen.“

Bildergalerie

  • Bild: Engemann u. Co.

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel