Bild: Carsten Lüdemann

Cargoline: CO2-Reporting lohnt sich schon jetzt

18.11.2024

Die CSRD verändert die Entscheidungskriterien von Verladern: Angesichts eingeschränkter Ausschreibungen wird das sendungsbezogene Treibhausgas-Monitoring zum Wettbewerbsvorteil.

Es ist nicht unbedingt von Nutzen, früh die Initiative zu ergreifen. Diese Erfahrung hat der Stückgutverbund Cargoline bei der Berechnung seiner Treibhausgasemissionen gemacht. Denn die Kooperation führte 2013 als erstes Netzwerk eine systematische Emissionsmessung auf Sendungsebene ein. Die Stückgutspediteure hatten sich auf den Emissionshandel inklusive Klimabilanz mit CO₂-Fußabdruck für das gesamte Netzwerk vorbereitet und Maßnahmen zur Senkung des eigenen Ressourcenverbrauchs entwickelt. Zu einem Wettbewerbsvorteil wurde das Konzept damals nicht.

Elf Jahre später zahlt sich dieses nachhaltige Handeln allmählich aus. „Inzwischen erreichen uns wöchentlich Anfragen von Kunden, die nach dem Treibhausgasausstoß ihrer Sendungen fragen und eine Aufstellung ihrer Jahresemissionen haben möchten“, berichtet Maximilian Schwarz, der den Bereich Nachhaltigkeit bei dem Verbund leitet. Hintergrund ist die europäische Nachhaltigkeitsrichtlinie (Corporate Sustainability Directive/CSRD), die für den Großteil der europäischen Verlader am 1. Januar 2025 wirksam wird.

Die Auftraggeber müssen durch die neue Regelung den Treibhausgasausstoß aller von ihnen ausgelösten Transporte angeben können und in ihrem Nachhaltigkeitsbericht unter den Scope-3-Emissionen für externe Bereiche ihrer Wertschöpfungskette dokumentieren. Doch diese Informationen können sie nur von ihrem Transportdienstleister bekommen. „Bei Ausschreibungen entwickelt sich das zunehmend zu einem Faktor, der darüber entscheidet, wer sich beteiligen darf“, hat Schwarz beobachtet, der auch Vertriebsleiter des Cargoline-Gesellschafters Wackler ist.

Emissionsrechner nach ISO 14083

Deshalb profitiert der Stückgutverbund davon, dass er schon seit langem Emissionswerte berechnet. „Wir haben unseren CO₂-Rechner auf Basis der heute gültigen Norm ISO 14083 weiterentwickelt und können nun deutlich mehr Primärdaten verwenden“, berichtet Schwarz über das Vorgehen, bei dem das Stückgutnetz von dem Beratungsunternehmen Forlogic begleitet wurde. Durch eine Depotbefragung haben die Verantwortlichen aktuelle und historische Daten unter anderem zum Fuhrpark, Kraftstoffverbrauch und der bislang erfolgten Reduktion erhoben. Ausgehend von dieser Datenbasis will der Verbund seine Treibhausgasemissionen bis 2030 um 18 Prozent verringern.

„99,9 Prozent unseres Carbon Footprints entstehen als Scope-3- Emissionen bei unseren Partnern“, verdeutlicht Schwarz die Herausforderung; vier Fünftel davon entfielen zudem auf die Hauptläufe. Dabei könne die Zentrale lediglich die Hubverkehre direkt beeinflussen und stelle diese vollständig auf den alternativen Kraftstoff HVO100 um, der eine CO₂-Reduktion um bis zu 90 Prozent ermögliche. Der Verbund führe darüber hinaus 3 Prozent seiner Transporte als kombinierte Verkehre Straße/Schiene aus.

„Wir müssen uns auch die Frage stellen, wie zeitgemäß der 24-Stunden-Transport unter ökologischen Gesichtspunkten überhaupt noch ist“, betont der Nachhaltigkeitsbeauftragte. Mit dem Produkt Nightline Eco habe das Netz bewusst eine Alternative geschaffen, die durch variable Transportlaufzeiten eine bessere Auslastung der Fahrzeuge und die Verdichtung der Stopps im Nachlauf erlaube. „Damit konnten wir bislang eine Emissionsminderung um 13 Prozent erreichen“, verrät Schwarz.

Gemeinsame CSRD-Workshops

Aktuell arbeite das Speditionsnetzwerk mit hohem Einsatz an der Umsetzung der CSRD. „Wir haben dafür ein gemeinsames Projekt aufgesetzt, weil sich unsere Partnerunternehmen mehr Unterstützung gewünscht haben“, berichtet der Bereichsleiter. An sieben Workshop-Terminen bis Ende März 2025 erarbeiten 14 Gesellschafter aus dem Verbund zusammen mit der Systemzentrale das konkrete Vorgehen zur Erfüllung der neuen Regelung. „Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse nehmen wir noch in diesem Jahr vor und legen damit auch sämtliche Datenpunkte aus dem European Sustainability Reporting Standard (ESRS) fest, die wir erfassen werden“, erklärt Schwarz. Weitere Themen sind etwa die Datenerhebung, der Einsatz von Softwarelösungen sowie die Ableitung von Strategien und die Berichterstellung selbst.

Die Kooperation könne die Betriebe bei der Erfüllung der daraus resultierenden Aufgaben jedoch lediglich unterstützen und prüfen, welche Aspekte sich in ihrem direkten Einflussbereich umsetzen lassen. „Wir schauen uns im Arbeitskreis gegenseitig Best Practices an; die Dächer mit Photovoltaikanlagen auszustatten, versteht sich beispielsweise von selbst“, erzählt der Wackler-Vertriebsleiter und fügt hinzu: „Im eigenen Unternehmen ist es einfacher.“

Schwarz ist sich sicher, dass das CO₂-Reporting an Bedeutung gewinnen wird; als treibende Kräfte sieht er die Automobil- und die Chemiebranche. Bei der Antriebswende vermisst er dieselbe Klarheit. „Noch vor zwei Jahren hätten viele von uns für die Hauptläufe auf Wasserstoff-Lkw gesetzt“, erinnert er sich. Jetzt gehe es darum, Lademöglichkeiten für E-Lkw an den Speditionsgebäuden zu schaffen und dafür zu sorgen, dass kostengünstiger grüner Strom in ausreichender Menge bereitstehe. Auch zu den Sorgfaltspflichten der Unternehmen hat er noch offene Fragen ausgemacht: Viele Kunden forderten inzwischen, einen Ethikkodex zu unterzeichnen – „aber wir bewegen uns in einer männerdominierten Branche, wie viel Gewicht darf darin die – ansonsten durchaus berechtigte – Frage nach Frauen in Führungspositionen oder nach der Lohnlücke zwischen den Geschlechtern da haben?“, grübelt er.

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  • „Die Dächer mit Photovoltaikanlagen auszustatten, versteht sich von selbst“, sagt  der Nachhaltigkeitsbeauftragte Maximilian Schwarz – im Bild: Kissel/Mainaschaff

    „Die Dächer mit Photovoltaikanlagen auszustatten, versteht sich von selbst“, sagt der Nachhaltigkeitsbeauftragte Maximilian Schwarz – im Bild: Kissel/Mainaschaff

    Bild: Cargoline

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