Manuelle Tourenplanung ist keine triviale Tätigkeit. Gute Disponenten sind schwer zu finden. Wenn diese ein Unternehmen verlassen, sind ihre Positionen kaum adäquat nachzubesetzen. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an die Tourenplanung. Sie soll zuverlässig sein, jederzeit anpassbar, für maximale Effizienz sorgen und Engergie sparen. Da hilft nur Automatisierung.
Welches Fahrzeug soll mit welcher Ladung welche Route nehmen – und welche Ziele in welcher Reihenfolge abfahren? Bei solchen Entscheidungen zählen Faktoren wie Tageszeit, Wetter, der zu erwartende Verkehr, Straßensperrungen, Parkmöglichkeiten, Kennzahlen sowie Besonderheiten der Strecke für Lieferfahrzeuge und Lkw. Diese können nicht überall fahren, es gibt Gewichts- und Höhenbeschränkungen. Hinzu kommen Auflagen zum CO2-Ausstoß oder Vertragsstrafen bei Verspätungen. Wenn so viele Informationen für eine verlässliche Prognose zu berücksichtigen sind, spielt Automatisierung ihre Stärken aus.
Automatisierte Tourenplanung ist ein Fall für künstliche Intelligenz (KI). KI lernt aus historischen Daten, erkennt Muster, gibt Handlungsempfehlungen ab oder automatisiert Prozesse. Die Fähigkeit, große Datenmengen auszuwerten und zu ordnen, dient als Basis für die Automatisierung. Da KI rein faktenbasiert arbeitet, sinkt das Fehlerrisiko.
Damit die Fahrenden von einer verbesserten Tourenplanung profitieren, benötigen sie exakte Daten. Dazu gehören beispielsweise Adressen, die nicht nur einer postalischen Anschrift entsprechen, sondern dem besten Weg zum Übergabepunkt einer Lieferung. Dieser kann über eine Seiten- oder Parallelstraße besser erreichbar sein. Hilfreich sind auch Informationen zur Parkplatzsituation in der Nähe einer Lieferadresse. Hier kommt die Navigation als Teil der Tourenplanung ins Spiel. Sie unterstützt die Umsetzung des Plans und führt das Fahrzeug zum besten Zielpunkt.
Karten für das Werksgelände
Bei Lieferungen auf ein Werksgelände sollte die Navigation nicht am Werkstor enden, sondern das Fahrzeug an die richtige Laderampe lotsen. Die entsprechenden Karten sollten auch das Werksgelände und die richtige Laderampe auf dem Gelände abbilden. Für Lieferungen an Supermärkte sieht es ähnlich aus: Eine vollständige Karte hat die Rampe verzeichnet und die Navigation findet den idealen Weg dorthin.
Karten sind das Herzstück der Navigation und der Tourenplanung. Sie verzeichnen die relevanten Daten und fungieren als digitaler Zwilling der operativen Transportprozesse. Mit präzisen und aktuellen Karten sowie weiteren Daten erstellt die Planungslösung die Routen. Die Navigation greift auf dieselben Karten und Daten zu.
Eine gute Tourenplanungslösung verfügt über solche granularen Informationen, kennt die Parameter für eine optimale Tour und kann sie abbilden. Dazu zählt es, Leerfahrten zu vermeiden und den Energieverbrauch zu optimieren. Das kann so weit gehen, dass je nach Strecke unterschiedliche Antriebe und Kraftstoffarten vorgeschlagen werden. Für eine verbrauchsoptimierte Route fahren Fahrzeuge zu anderen Zeiten los, Ziele werden in einer anderen Reihenfolge angefahren und Routen auf den Energieeinsatz anstatt die Streckenlänge oder Fahrzeit ausgerichtet.
Planung und Ausführung
Eine Automatisierungslösung für die Tourenoptimierung besteht aus zwei Teilen: der Planung und der Umsetzung. Die Planung legt fest, welches Fahrzeug womit bestückt wird, wann es losfährt und wie die Tour verläuft. Die Umsetzung befasst sich mit der Navigation. Die Routenführung muss sich dynamisch anpassen, wenn Staus auftreten und nicht nur die Strecke ändern, sondern auch die Reihenfolge, in der Ziele angefahren werden. Kurzfristig können sich auch neue Stopps ergeben. Dafür sind Pläne in Echtzeit anzupassen.
Wenn schnelle Entscheidungen und schnelles Handeln gefragt sind, nimmt die Tourenplanung Änderungen automatisch vor. Fahrende sehen früh genug, wenn sich ihre Route ändert; sie stehen im Idealfall weniger im Stau und können Verspätungen rechtzeitig ankündigen.
Dabei ist es wichtig, dass sie sich auf die integrierte Lösung aus Planung und Navigation verlassen können. Smartphone-Apps, die nicht über die Daten aus der Tourenplanung verfügen, sind nicht nur weniger effizient; sie enthalten beispielsweise auch keine Informationen darüber, welche Höhen- oder Durchfahrtsbeschränkungen für Lkw auf der Strecke bestehen.
Viele Softwarelösungen nutzen außerdem die Daten der tatsächlich gefahrenen Routen für ein sogenanntes Feedback Loop. Dazu werden die Informationen kontinuierlich in die Datenbasis eingespeist und verbessern die Algorithmen zur Tourenplanung, damit sich ihre Planungsgenauigkeit verbessert und letztlich auch die Logistikprozesse davon profitieren.
Tourenplanungssoftware soll Disponierende und Fahrende entlasten. Sie minimiert Fehler, beschleunigt Prozesse, erhöht die Kundenzufriedenheit, spart Energie und kann zum Wettbewerbsvorteil für den Transportunternehmer werden.
Viele Softwareanbieter entwickeln solche Algorithmen selbst; einige von ihnen verwenden dafür zusätzlich individualisierbare Webservices und ergänzende Lösungsbausteine. So digitalisieren sie die Geschäftsprozesse der Logistikdienstleister. Kleinere Unternehmen greifen auf Standardlösungen zurück, die sie individuell konfigurieren können.
Im Kern der Lösungen stehen verlässliche Daten. Ideal ist eine vollständige und anpassbare Software-Suite mit den benötigten Komponenten, die alle erforderlichen Daten mitliefert und es erlaubt, proprietäre Daten wie die Karten eines Werksgeländes oder individuelle Routenführungen zu integrieren.
Da die Anforderungen an die Tourenplanung sowie die Pünktlichkeit von Lieferungen, die Kundenerwartungen und der wirtschaftliche Druck immer weiter steigen, geraten Disponierende an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Wenn sie diese komplexen Prozesse mit Datenunterstützung und KI automatisieren, profitieren davon neben ihnen und den Fahrenden auch die Kunden und sogar die Umwelt. (loe)
Patrick Götze ist Vertriebsleiter für die Region EMEA bei Here Technologies