Beinahe ganz im Dunst verschwunden sind die Mühlburg (rechts) und die Wachsenburg (links) nahe der Bundesautobahn A4.

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Klimaschutzgesetz: Deutsche Umwelthilfe reicht Verfassungsbeschwerde ein

17.07.2024

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat gemeinsam mit elf jungen Menschen Verfassungsbeschwerde gegen das ihrer Meinung nach entkernte Klimaschutzgesetz der Bundesregierung eingereicht. Zudem hat die DUH eine neue Klimaklage wegen des wiederholt zu spät vorgelegten Klimaschutzberichts gegen die Bundesregierung eingereicht.

Die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation gab die Verfassungsbeschwerde in einer Pressekonferenz bekannt und veröffentlichte zudem die 205-seitige Verfassungsbeschwerde im Volltext. „Die Ampel-Regierung verabschiedet sich mit dieser Gesetzesänderung vom Klimaschutz. Wir nehmen diesen klaren Verfassungsbruch nicht hin und ziehen erneut vor das Bundesverfassungsgericht – wie im Januar 2020, was im April 2021 zum historischen Klimaschutzentscheid des Bundesverfassungsgerichts geführt hat“, erklärte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. In Deutschland blockieren laut Resch fossile Energie- und Autokonzerne eine wirksame Klimapolitik. Insbesondere der Verkehrsminister steht im Fokus der Kritik: „Der Freifahrtschein gegen den Klimaschutz, den die Bundesregierung insbesondere Autominister Volker Wissing ausgestellt hat, zeigt sich aktuell in der Rückabwicklung der Verkehrswende. Anstatt die riesige CO2-Lücke von 180 Millionen Tonnen im Verkehr schließen zu müssen, weitet die Ampel Regierung die finanzielle Förderung von Luxus-Geländewagen mit Verbrennungsmotoren aus und schwächt gezielt den Schienengüter- und Personenverkehr.“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte das umstrittene Gesetz nach längerer Prüfung und entgegen mehrerer Bitten vonseiten der DUH am Montag unterzeichnet. Wie das Bundespräsidialamt dazu erläuterte, stand im Mittelpunkt der Prüfung die Vereinbarkeit mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dem Frühjahr 2021. Steinmeier sei zu dem Ergebnis gekommen, „dass evidente Verfassungswidrigkeit nicht gegeben ist“, hieß es.

Remo Klinger, der die DUH in den Klimaklagen vertritt, ist anderer Meinung: „Die Änderung des Klimaschutzgesetzes ist nicht nur handwerklich misslungen, sondern verfassungswidrig. Wir begründen dies in unserer 205-seitigen Verfassungsbeschwerde. Denn das Gesetz belässt es nicht dabei, angeblich nötige Flexibilisierungen zwischen den Sektoren, wie Verkehr und Industrie, vorzunehmen.“ Die wichtigsten Änderungen würden lediglich das Ziel verfolgen, bis zum Jahr 2030 keine relevanten Klimaschutzmaßnahmen mehr beschließen zu müssen. Damit würden sowohl der aktuellen als auch der nächsten Bundesregierung weitere Maßnahmen erspart werden. „Die nötigen Maßnahmen werden damit in der Zukunft viel strenger ausfallen als sie erforderlich wären, wenn man rechtzeitig handelt. Dies ist verfassungswidrig", meint Klinger.

Unverändert verstößt die Bundesregierung laut DUH gegen das alte wie das neue Klimaschutzgesetz. Demnach reicht das in beiden Fassungen des Gesetzes enthaltene zentrale Klimaschutzprogramm der Bundesregierung nach wie vor nicht aus, um das vorgeschriebene Klimaziel 2030 zu erreichen. Die Umwelthilfe hat deshalb bereits im November 2023 und Mai 2024 mehrere Klimaklagen gegen die Bundesregierung vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gewonnen.

Mit der Klage gegen die verspätete Veröffentlichung des Klimaschutzberichts reicht die DUH die bereits sechste Klage gegen die Bundesregierung auf Basis des Klimaschutzgesetzes ein. Der Bericht muss jedes Jahr zum Stichtag 30. Juni von der Bundesregierung veröffentlicht werden. Die Berichte der letzten Jahre erschienen jedoch mit massiver Verspätung von teilweise fast einem Jahr. Auch 2024 ist die gesetzliche Frist ohne Veröffentlichung des Berichts verstrichen.

Die Verfassungsbeschwerde ist eine von drei, die fünf deutsche Umweltverbände gemeinsam mit Klägerinnen aus allen Teilen der Gesellschaft gegen die Klimapolitik der Bundesregierung sowie insbesondere die Entkernung des Klimaschutzgesetzes (KSG) erheben. Neben der Deutschen Umwelthilfe (DUH) führen auch Greenpeace und Germanwatch sowie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) jeweils eine Beschwerde.

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