Obwohl Projektentwickler rein rechtlich gesehen nur das durch das Gebäudeenergiegesetz vorgeschriebene Mindestmaß in Sachen ökologischer Nachhaltigkeit erfüllen müssten, bekennen sich inzwischen einige Akteure zur Selbstverpflichtung. Sie wollen ausschließlich Objekte realisieren, die den Kriterien der EU-Taxonomie beziehungsweise den Zertifizierungssystemen wie LEED oder DGNB entsprechen. Dafür gibt es zwei zentrale Gründe – erstens das eigene Werteverständnis und zweitens das wirtschaftliche Kalkül. Denn zu den wichtigsten Käufergruppen von Logistikimmobilien gehören Fondsmanager, Versicherer und andere institutionelle Investoren, die ihrerseits stark reguliert werden und nur ESG-konforme Projekte ankaufen können. Wer solche Objekte zu bieten hat, kann wiederum mit höheren Verkaufspreisen rechnen.
Grundstein für Klimaneutralität liegt im Neubau
Die Möglichkeiten, Bestandsimmobilien konsequent nachhaltiger zu gestalten, sind begrenzt. Beispielsweise ist es nur sehr schwer möglich, einen klassischen Gasdunkelstrahler gegen eine Wärmepumpe zu tauschen. Genauso wenig ist es möglich, ein älteres Hallendach mit Photovoltaik nachzurüsten.
Im Neubau hingegen existieren die unterschiedlichsten Optionen, um eine Immobilie so zu entwickeln, dass sie klimaneutral oder sogar klimapositiv betrieben werden kann. Das Rückgrat hierfür ist zweifelsfrei die Photovoltaikanlage auf dem Dach in Verbindung mit einer Wärmepumpe sowie eventuell weiteren Energieträgern der Immobilie. Stand heute ist Photovoltaik der zentrale Energieerzeuger der Immobilie. Doch wie hoch das dafür erforderliche Investment ist und wie groß die erwartbare Leistung ausfällt, kann sich von Fall zu Fall sehr stark voneinander unterscheiden.
Beispielsweise muss der Entwickler bereits im Vorfeld die Entscheidung treffen, ob er selbst die Anlage anschaffen, installieren und betreiben will. Dies erfordert einen gewissen Aufwand, da in der Regel eine Betreibergesellschaft gegründet und der Energiehandel als eigenständiges Geschäft aufgebaut werden muss. Zudem ergibt sich eine recht hohe Einmalinvestition. Umgekehrt kann ein Entwickler, der die Immobilie langfristig im Bestand halten will, über die Jahre hinweg kontinuierlich von den Stromverkäufen profitieren.
Die andere Variante, die sich vor allem für Entwickler mit Verkaufsabsichten eignet, besteht darin, die Dachfläche an einen entsprechenden Mieter zu verpachten, der die Photovoltaikanlage aufstellt – den erzeugten Strom dann aber selbst verkauft. Unterm Strich ergeben sich auf Objektebene dadurch keine Unterschiede in der Energieeffizienz.
Verbrauchsoptimierungen schaffen Mehrwert
Allerdings geht es beim Thema Nachhaltigkeit und Kosten nicht allein um die Frage der Stromerzeugung und des -verkaufs, sondern ganz zentral um den Verbrauch. Hier kommt es unter anderem stark auf die Voraussetzungen an, die vom Entwickler geschaffen werden. Beispielsweise kann neben einer intelligenten Beleuchtung eine intelligente Wärmesteuerung eingebaut werden, die gezielt dort heizt, wo Wärme benötigt wird und in der Nacht die Temperatur selbstständig absenkt. Auch die systematische Erhebung der Verbrauchsdaten mit smarten Stromzählern inklusive Kon-trollsystem, bei dem der Betriebsleiter per Push-Nachricht über ein offenstehendes Tor informiert wird, kann nur dann umgesetzt werden, wenn der Entwickler die dafür nötige Technik frühzeitig verbaut – eine nachträgliche Implementierung kann nicht dieselbe Wirkung erreichen.
Allerdings zeigt sich hier ein – wenn auch nur scheinbarer – Interessenkonflikt: Der Entwickler muss die dafür nötigen Ausgaben aufwenden, während die Einsparungen in erster Linie dem Mieter zugutekommen. Eine solche Denkweise wäre jedoch kurzsichtig. Erstens erfordern moderne Auszeichnungen wie zum Beispiel „DGNB Klimapositiv“ jährliche Prüfungen. Zweitens sorgen die sinkenden Nebenkosten beim Mieter in aller Regel dafür, dass die Bereitschaft für eine höhere Nettokaltmiete je Quadratmeter steigt. Wird noch dazu ein sogenannter Green Lease, also ein grüner Mietvertrag abgeschlossen, der Mieter und Vermieter zu einer nachhaltigen Betriebsweise verpflichtet, kann dies einen weiteren wertsteigernden Faktor während eines späteren Immobilienverkaufs darstellen. Tatsächlich jedoch müssten solche Maßnahmen in größerem Stil umgesetzt werden, um die genaue Bereitschaft der Mieter auszuloten, für entsprechende Flächen mehr zu bezahlen.
Günstigere Finanzierungen sind möglich
Ein weiterer Aspekt, der ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit miteinander verbindet, von der Branche aber häufig übersehen wird, ist die Finanzierbarkeit der Objekte. Eine günstige Finanzierung für das eigene Projektvorhaben zu erhalten, ist in Zeiten der Zinswende eine der größten Herausforderungen für Investoren. Banken und andere Kapitalgeber sind jedoch ebenfalls auf der Suche nach Green Loans, sprich nach Finanzierungsvorhaben, die einen Mehrwert in Sachen ESG bieten. Daher können dem Entwickler einer konsequent auf Nachhaltigkeit hin ausgerichteten Immobilie in der Regel bessere Kreditkonditionen angeboten werden. Neben der Energiebilanz sind dabei aber auch Fragen nach der Recycelbarkeit und dem lokalen Bezug der Baustoffe wichtig, denn auch Finanzierer schauen inzwischen nicht mehr nur auf die Basics.
Neben dem grünen Strom wird auch das Thema grüner Wasserstoff relevanter für die Energie- und Mobilitätswende. Inzwischen existieren gut funktionierende Prototypen von kleineren Wasserstoff-Produktionsstätten, die ohne Probleme auch auf Logistikarealen aufgestellt werden könnten. Der überschüssige Strom könnte dann direkt für die Herstellung von Wasserstoff verwendet werden – ein weiterer Wertehebel. (tof)