Als Containertransporteur mit insgesamt 800 Fahrzeugen in der Gruppe steht Anders Nielsen & Co. (Ancotrans) in puncto Nachhaltigkeit seit vielen Jahren vor dem gleichen Spagat wie viele in der Logistikbranche. Wie kann man als Transportunternehmen im nach wie vor fossil getriebenen Straßenverkehr weniger CO2 ausstoßen und zugleich wirtschaftlich erfolgreich bleiben? Und das bei rund 360.000 Transporten als Gruppe und 58.000 in Deutschland im Jahr 2023.
„Wir haben 2009 damit angefangen, die CO2-Emissionen pro Transport mit der Rechnung auszudrucken“, erinnert sich Arne Kraeft, Country Manager Deutschland bei Ancotrans in Hamburg. „Dafür haben wir eine Durchschnittsberechnung anhand der gefahrenen Kilometer durchgeführt.“ Zugleich engagierte sich das Unternehmen bei ersten Kompensationsprojekten.
„Als wir damit begonnen haben, uns tiefergehend mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen, war unser Handlungsspielraum noch sehr beschränkt“, berichtet Kraeft. „Telematik einsetzen, die Fahrer im energiesparenden Fahren schulen und den Rollwiderstand der Reifen reduzieren, das waren im Wesentlichen die Möglichkeiten, aber natürlich keine großen Gamechanger.“
2017 war ein Gastdozent eines dänischen Think Tanks eingeladen, der es auf den Punkt brachte: „Es gebe derzeit genau zwei Möglichkeiten in unserem Geschäftsfeld um nachhaltiger zu werden: ‚Entweder ihr kompensiert eure Transportdienstleistungen oder ihr stellt euer Geschäft ein‘, sagte er uns“, erinnert sich der Country Manager. „Also haben wir uns erstmals intensiver mit der Aufforstung beschäftigt.“
Es entstand ein Aufforstungsprojekt in Uganda, in das ab 2019 fünf Prozent des jährlichen Umsatzes und die – allerdings nur von wenigen Unternehmen wie Schenker gezahlten – Aufschläge investiert wurden. Ursprünglich waren 20.000 Bäume unterschiedlicher Arten das erste Etappenziel, inzwischen sind am Berg Kiya Hill im 800 Jahre alten Königreich Buganda, dem größten Staat im ostafrikanischen Land, mit 43.043 bereits mehr als doppelt so viele gepflanzt worden.
Beim Aufforstungsprojekt wird jeder Baum nachkartografiert
Verantwortlich für die Lieferung der Bäume und die Beschäftigung von Einheimischen zur Anpflanzung und Pflege ist die dänische Non-Profit-Organisation Trofaco, ein Zwei-Mann-Unternehmen, bestehend aus Vater und Sohn. Er selbst sei noch nicht vor Ort gewesen, bedauert Kraeft. Erst verhinderte die Coronapandemie und dann ein Ebola-Ausbruch einen Besuch.
Im Blick hat man das Projekt dennoch ganz genau: „Wir haben direkten Zugriff und zudem wird mithilfe eines GPS-Trackingsystems jeder Baum nachkartografiert.“
Vereinbart ist auch, dass das Eigentum an allen Bäumen nach 20 Jahren an die örtliche Gemeinde übertragen werden soll, damit die Einheimischen vom Wald profitieren können. Zudem werden alle gefällten Bäume wieder angepflanzt. Ziel ist jedoch, diese viel länger als zwei Dekaden stehen zu lassen, denn je höher sie wachsen, desto wertvoller werden sie.
In Uganda lief alles rund, dennoch gab es einen Wendepunkt. „Wir haben 2022 und 2023 intensiv über unsere Nachhaltigleitsstrategie gesprochen, als der Markt am Boden lag“, berichtet Kraeft. „In der Zeit haben wir uns auch entschieden, künftig nur noch die von den Kunden bezahlten Aufschläge in das Aufforstungsprojekt zu investieren und stattdessen E-Fahrzeuge anzuschaffen, um unser Ziel, bis 2026 fünf Prozent weniger CO2 als 2023 auszustoßen, zu erreichen.“
Insgesamt verfügt das Unternehmen derzeit über zehn E-Lkws von Volvo, vier in Deutschland und jeweils zwei in Schweden und Dänemark. Bei den Fahrern seien die Trucks aufgrund ihrer Geräuscharmut und lediglich Wind- sowie Abrolgeräuschen, fehlendem Schaukeln beim Schalten und dem hohen Drehmoment sehr beliebt. „Mit einer Reichweite von in der Regel 260 bis 270 Kilometern können wir diese Fahrzeuge aber nur im Nahverkehr einsetzen“, stellt Kraeft heraus.
„Jetzt warten wir auf den E-Actros 600, der eine Reichweite von mehr als 500 Kilometer haben und im ersten Quartal nächsten Jahres ausgeliefert werden soll“, sagt Kraeft. „Im Moment macht es uns das Marktumfeld wieder schwer, aber unser Ziel ist es, abhängig von Lieferterminen, nach und nach auf 20 bis 25 E-Lkws zu kommen.“
Auch der Countrymanager weiß, dass E-Fahrzeuge nur eine wichtige Etappe auf dem Weg zur Klimaneutralität sind, die das Unternehmen bis 2040 erreichen will. „Eigentlich geht es ja um echte Null-Emissionen. Mit grünem Strom ist die Bilanz schon ganz gut, aber natürlich verursacht der Lkw auch noch andere Emissionen.“ Zudem gebe es noch viele Hindernisse, etwa bei der Schaffung der erforderlichen Ladeinfrastruktur.
Herausforderung Ladeinfrastruktur
„Unseren Supercharger konnten wir aufgrund von vielen bürokratischen Anforderungen noch immer nicht anschließen lassen“, bedauert Kraeft. „Erst dauerte es mehrere Monate, bis wir die geforderte Kampfmittelauskunft bekommen haben und dann war es sehr zeitaufwendig, vom Netzbetreiber zu erfahren, ob noch ausreichend Leistung verfügbar ist, weil die Daten nicht digitalisiert sind. Zugleich ist die öffentliche Ladeinfrastruktur für Lkws noch sehr gering, dabei bräuchten wir dringend eine leistungsfähige Ladeinfrastruktur.“
Über den Ausbau der E-Flotte hinaus will sich Ancotrans stärker im intermodalen Verkehr positionieren und Transporte von der Straße auf die Schiene und das Binnenschiff verlagern, indem neues Geschäft entwickelt und bestehendes dahingehend optimiert wird. Aktuell liegt der Anteil bei weniger als fünf Prozent. „Unser Ziel ist, bis Ende 2026 15 Prozent des Umsatzes im intermodalen Verkehr zu erzielen.“ Zur Einordnung: 2023 machte die Gruppe einen Umsatz von 135 Millionen Euro.
Allerdings sei der Handlungsspielraum dort ebenfalls begrenzt. „Innerhalb der eigenen Verkehre machen wir das, aber inzwischen ist der Kostendruck wieder so groß wie vor der Coronapandemie, und 90 Prozent der Kunden sind nicht bereit, mehr zu bezahlen.“ Das gelte auch für die großen Industriekunden und Global Player.
„Um mehr E-Fahrzeuge einzusetzen, müssten neben den Spediteuren und Reedereien eigentlich auch die Endkunden bei den Gesprächen dabei sein, was in der Regel nicht der Fall ist“, berichtet Kraeft. „Ein positives Beispiel ist die Kooperation mit einer großen Reederei, wo wir im Rahmen einer langfristigen Partnerschaft für einen Kunden pro Monat 100 40-Fuß-Container transportieren. Mit Hapag Lloyd wollten wir etwas Ähnliches vereinbaren, das ist aber an den Kosten gescheitert.“