Wer es möchte, sieht einen Erfolg. Die „Nordic Shipowners‘ Association“ etwa hält die vom Umweltausschuss in zähen Verhandlungen errungenen Regulierungsvorschlag „positiv für das Klima und historisch für die Schifffahrt“.
Auch IMO-Generalsekretär Kitack Lim ist von den Beschlüssen begeistert und spart nicht an Pathos. Die Ergebnisse von Freitag seien „eine monumentale Entwicklung für die IMO und öffnen ein neues Kapitel auf dem Weg der maritimen Dekarbonisierung“.
Es mag so sein, dass die Beschlüsse der IMO angesichts des schwerfälligen, auf Konsens bedachten, innerlich durch Grabenkämpfe und Machtspiele zerrissenen Behördenapparats erstaunlich weitgehend sind. Doch die Begeisterung darüber muss man beileibe nicht teilen.
In Anbetracht der sprunghaft voranschreitenden Erwärmung des Weltklimas ist eine Begeisterung über das, was die 175 Delegierten letztlich beschlossen haben, nicht angezeigt. Denn die Formulierungen sind vage, nicht verbindlich und kaum zu kontrollieren.
Kein Grund zum Feiern
Umso bedauerlicher ist es, dass sich die IMO nicht dazu durchringen konnte, sich den Ratschlägen der internationalen Wissenschaft anzuschließen.
Die Initiative „Science Based Targets“ hat für die Schifffahrt ein konkretes Dekarbonisierungs-Szenario anhand von verbindlichen Emissionszielen für 2030 und 2040 erarbeitet. Nichts davon ist in die Beschlüsse eingegangen.
Ebenso wurde darauf verzichtet, global verbindliche Regeln für die Bepreisung von Emissionen anzugehen. Das Ganze wurde stattdessen verschoben, so als wäre Zeit im Überfluss vorhanden, um endlich der Erwärmung der Erdatmosphäre wirksam entgegenzuwirken.
Die ersten elf Tage des Monats Juni waren global die durchschnittlich wärmsten seit Erhebung von Temperaturdaten. Auch die Tage vom 3. bis zum 6. Juli, die in die Zeit des MEPC-Treffens fielen, waren global die heißesten aller Zeiten mit einer durchschnittlichen Temperatur von 17 Grad Celsius. Die Delegierten der IMO scheinen sich von solch alarmierenden Entwicklungen nicht beeindrucken zu lassen.