Jahrelang war der Verzicht auf Konfliktmineralien eine freiwillige Maßnahme von Unternehmen.

Bild: Assent

Konfliktmineralien: Absolute Transparenz ist notwendig

05.05.2023

Responsible Sourcing steht aus diversen Gründen weit oben auf der Nachhaltigkeitsagenda zahlreicher Hersteller. Hochbrisant ist dabei besonders das Thema Konfliktressourcen. Wie lässt sich diese Aufgabe angehen?

Konfliktressourcen sind häufig Ursache für systematische Verletzungen von Menschen- oder Völkerrecht. Zwangsarbeit, Kinderarbeit und schlechte Arbeitsbedingungen sind öfter die Regel als die Ausnahme. Ein Grund, weshalb Rohstoffe aus Konfliktregionen so umkämpft sind, ist, dass die Erlöse unter anderem der Finanzierung bewaffneter Gruppen innerhalb der Konfliktregion zugutekommen. Für viele Industrieprodukte und -prozesse sind sie essenziell, deshalb tauchen Konfliktressourcen an entsprechend vielen Stellen auf und sind teils unverzichtbar. Stark betroffen sind diverse Mineralien wie Zinn, Wolfram, Gold, oder auch Kobalt, das beispielsweise für Batterien dringend benötigt wird.

Kobalt ist ein Problemfall für die Automobilindustrie

Etwa drei Viertel des weltweit abgebauten Kobalts stammen aus der Kolwezi-Region in der Demokratischen Republik Kongo. Im November 2022 besuchte eine Gruppe aus Experten der Fair Cobalt Alliance die dortigen Bergwerke. Eine der Teilnehmerinnen war Jamie Wallisch, die als Expertin für ESG und Responsible Sourcing bei dem Beratungsunternehmen Assent das indirekte Screening von Lieferketten unterstützt. Sie berichtet von bewaffneten Gruppierungen, die die Arbeit in manchen Minen überwachen und einen Großteil des erwirtschafteten Geldes entwenden. Oft sei unklar, welche Gruppe bestimmte Minen aktuell unter Kontrolle hält und vom dortigen Abbau profitiert. Dass es unter solchen Bedingungen zu Menschenrechtsverletzungen kommt, ist offensichtlich.

Jahrelang war der Verzicht auf Konfliktmineralien eine freiwillige Maßnahme von Unternehmen. Das Thema rückt jedoch immer mehr in den Fokus staatlicher Akteure. Neben der EU-Verordnung über Konfliktmineralien verpflichtet auch das deutsche Lieferkettengesetz (LkSG) Unternehmen seit Jahresbeginn dazu, auf Menschenrechtsverletzungen innerhalb ihrer Lieferketten zu achten – nicht nur bei Kobalt. Wegen der Umstellung auf E-Mobilität hat es für den Automobilstandort Deutschland von Natur aus hohe Priorität, sich um „sauberes Kobalt“ zu bemühen und Responsible Sourcing anzustreben.

Dass solche Bemühungen zur Besserung führen können, auch davon berichtet Wallisch. Als Beispiel nennt die Expertin von Assent, dass Arbeiter mit Arbeitsschutzkleidung ausgestattet waren. Kleine Schritte hin zu mehr Menschenrechten beim Kobaltabbau, jedoch wichtige.

Regulierungen erfordern transparentere Supply Chains

Die für die nächsten Jahre angedachte EU-Richtlinie zur Zwangsarbeit soll den Verkauf von Produkten aus Zwangsarbeit vollständig verbieten. Allein daher ist es für Unternehmen, die auf dem europäischen Binnenmarkt tätig sind, Pflicht, ihre Lieferketten bis ins Detail auf Konfliktressourcen zu untersuchen. Sie müssen exakt wissen, an welchen Stellen Kinderarbeit, Korruption oder sonstige Verletzungen der Menschenrechte vorliegen. Um das leisten zu können, ist absolute Transparenz notwendig. Für das Ziel sauberer Rohstoffe und Responsible Sourcing ist ein rein passives Screening aber nicht genug. Der Fokus richtet sich zunehmend auf aktives Risikomanagement und Engagement.

Das sogenannte Conflict Minerals Reporting Template (CMRT) soll Herstellern dabei helfen, ihren Kunden Informationen zum Ursprung verwendeter Mineralien sowie zu beteiligten Schmelzhütten und Raffinerien zu liefern. Alle einzelnen Zulieferer zu kontaktieren, um sämtliche Informationen zu erfassen, bedeutet jedoch großen Aufwand. Nachhaltigkeitsplattformen wie Assent könnten diese CMRT-Datenerhebung automatisieren und den Prozess optimieren.

Nachhaltigkeit als Faktor bei der Zuliefererauswahl

Eine solche Grundlage hilft, Nachhaltigkeitspraktiken zu entwickeln und sie in Produktionsprozesse zu implementieren. Wenn Responsible Sourcing das Ziel ist, müssen Hersteller ihre Zulieferer umfassend über die eigenen Nachhaltigkeitsziele und Nachhaltigkeitsrisiken informieren. Der Trend geht dahin, solche Zulieferer auszuwählen, die die Nachhaltigkeitsbemühungen mittragen. Nur gut informierte Zulieferer können Risiken auch selbst identifizieren und proaktiv angehen. Hersteller sollten sie bei der Implementierung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen umfangreich unterstützen, etwa indem sie konkrete korrektive Maßnahmen vorschlagen.

Die Konsequenzen, wenn diese Bemühungen fehlschlagen, nehmen zu. Die Politik sorgt dafür, dass sie über einen reinen Imageschaden hinaus konkrete wirtschaftliche Auswirkungen haben. ESG-Verstöße jeder Art können mittlerweile den Verlust des Marktzugangs bedeuten. Konfliktressourcen sind nur ein Feld, jedoch eines der größten und wichtigsten. Heutige Lieferketten müssen Transparenz und tiefe Einblicke erlauben. Nicht ohne Grund steht das Thema weit oben auf der Agenda der Entscheider. (fw)

Sue Fortunato-Esbach ist Regulatory & Sustainability Expert (Product Sustainability) bei Assent

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